Oberrotweiler Henkenberg***, Grauburgunder, Grosse Gewächs, Baden, 2006, Weingut Salwey. In der Nase bietet der Wein am ersten Tag wenig: etwas muffig, laktisch, kaum Frucht. Am zweiten Tag bessert sich das Bild deutlich: Aprikose und Karotte, Rauch und Vanille vom Holz paaren sich aber immer noch mit einer Joghurtnote. Am Gaumen saftig und süß mit cremiger Textur, erinnert ein bisschen an Sahnetrüffel, leichtes Vanille-Aroma im recht langen Abgang. Letzten Endes empfinde ich den Wein nicht als übermäßig komplex und definitiv eher als Essensbegleiter denn als Solisten. Mir war er 88-89 Punkte wert. Ich würde ihn in den nächsten drei Jahren mehrere Stunden vor Genuss dekantieren, halten wird er vermutlich noch ein Jahrzehnt oder mehr.
Sobald es bei den Grossen Gewächsen um eine andere weiße Rebsorte als den Riesling geht, ist die Klassifikation eigentlich ganz übersichtlich. Wenn der Winzer Mitglied im VDP ist, hat er die Möglichkeit, aus den qualifizierten Lagen ein GG zu keltern. Dieses ist dann der Wein der höchsten Qualitätsstufe (mit ganz wenigen Ausnahmen, wenn es edelsüße Weine gibt, die aber bei Silvaner und Burgunder eher selten vorkommen). Wenn ab 2015 bundesweit der Lagenverbrauch gilt, wird es für alle Rebsorten und qualifizierten Lagen ein GG geben, Prädikate sind dann immer süß und mindestens Auslese und die Übersichtlichkeit einigermaßen hergestellt. Auf der Strecke blieben dann aber einige der berühmtesten Weine, etwa die Auslese trocken Goldkapsel aus der Hochheimer Hölle von Künstler – insofern sind Zweifel angebracht, dass das alles genau so kommt, wie geplant…
Da Spätburgunder bei ganz vielen Erzeugern nicht über die Lage, sondern über den Namen verkauft werden (Gold, RR, Reserve, Pinot Noir etc.) möchte ich behaupten, dass die GG-Klassifizierung für Spätburgunder ins Leere läuft (auch wenn sie gültig ist). GG auf dem Etikett heißt in allzu vielen Fällen eben nicht, dass es sich um den besten trockenen Rotwein des Gutes handelt.
Die als große oder erste Gewächse und Lagen klassifizierten Weine Deutschlands gemäß ihren jeweiligen Spezifikationen nach Anbaugebiet − Teil 5: Der Rest der Republik (VDP) und wie es ab 2015 einheitlich sein soll…
Name: Lagenname ohne Prädikat mit Erster Lage Logo und teilweise Zusatzkennzeichnungen (Sterne) oder -bezeichnungen (z.B. ‚Köppel‘).
Rebsorte: Mittelrhein: Riesling
Rheinhessen: Riesling, Spätburgunder
Franken, Saale-Unstrut: Riesling, Silvaner, Weißer Burgunder, Spätburgunder
Pfalz, Sachsen: Riesling, Weißer Burgunder, Spätburgunder
Württemberg: Riesling, Spätburgunder, Lemberger
Ahr: Spätburgunder, Frühburgunder, Riesling
Baden: Riesling, Weißer Burgunder, Grauer Burgunder, Spätburgunder
Träger: VDP
Mindestpreis: 15€
Kriterien: besondere Lage gemäß VDP-Klassifizierung; Ertragsbegrenzung auf 50 hl/ha; sensorische Prüfung durch eine Kommission, Mindestmostgewichte regional unterschiedlich aber immer mindestens auf Spätleseniveau; Gesetzlich trocken
Vertrieb: Vermarktung als Qualitätswein ab dem 1. September des Folgejahres; VDP-Kapsel und besonderes Etikett, auf dem Weingut und Wein genannt werden, die gesetzlichen Angaben auf gesondertem Etikett;
Lagenverbrauch: ab 2015 bundesweit. Gleitende Übergänge, so gilt ab diesem Jahr zum Beispiel der Lagenverbrauch in der Pfalz
Im letzten Teil geht es um ‚Abweichler‘…
Hier geht zu Teil 1, dem Rheingau
Hier geht zu Teil 2, der Nahe (mit Erklärung des ‚Lagenverbrauchs‘)
Hier geht zu Teil 3, der Mosel nach Bernkasteler-Ring-Definition
2 Gedanken zu „Grosses Gelage (5)“