Es gibt eine Frage, von der ich mittlerweile glaube, dass sie mich mein ganzes Weintrinkerleben begleiten wird, ohne dass ich einer Antwort unbedingt näher komme: Was ist typisch deutsch und was typisch burgundisch in einem Spätburgunder/Pinot Noir?
Nach einer recht guten Annäherung an das Thema in den vergangenen Jahren warf mich dieser Winter weit zurück. Denn in den letzten Monaten hatte ich diverse deutsche Gewächse in meinem Glas die gar nicht versuchten, ihre Herkunft zu leugnen. Und während nach meinem Dafürhalten in den Jahrgängen 2001 bis 2003 so mancher Versuch eines Deutschen Winzers, einen burgundischen Burgunder zu machen, in einem Desaster endete, sind die stilistisch eher unaufgeregten Vertreter der Jahre 2004 und 2005 unglaublich charmant.
Was meinem Gaumen erscheint, als sei es weder überreif noch halb grün gelesen, nicht extrahiert bis zum gehtnichtmehr, mäßig verholzt und nur in Ausnahmen chaptalisiert, präsentiert reihenweise Aromen, die ich bisher eher im Burgund verortete – teilweise mit ‚typisch deutschen‘ Komponenten, die eher bereichern als behindern. Gleichzeitig hat mein Versuch, mehr burgundische und internationale Pinots ins Glas zu kriegen, mir etliche Begegnungen mit Tropfen beschert, die ich blind in heimatlichen Gefilden verortet hätte. Um zum Schluss zu kommen, sei die jüngste Vergangenheit so zusammengefasst: Ich bin so klug als wie zuvor – aber um etliche Genussmomente reicher.
Und der hier war der Hammer:
Philipp Kuhn, Laumersheimer Kirschgarten, Spätburgunder Grosses Gewächs, 2005, Pfalz. In der Nase Fleisch, rohes Fleisch von unglaublicher Intensität, dazu etwas Kräuter wie Thymian und Rosmarin, Kirsche und Holz. Am Gaumen unglaublich kompakt und rund. Der Wein ist dicht, voluminös und druckvoll, ohne breit zu sein, dafür sorgen eine spürbare Säure und Mineralik. Die Fruchtaromen (Kirsche) sind dezent, die Kombination aus Tannin und Holzaromen stimmig. Der Abgang ist sehr lang und mineralisch. Das ist ganz große Kunst, die sich jetzt schon erstaunlich zugänglich zeigt.
Hallo Schnutentunker!
Sehr interessantes Thema, das Du da ansprichst.
Bei den meisten Weinexperten ist der Begriff „typisch deutsch“ ja negativ behaftet, was ich nicht so recht verstehe. Da wird ständig von Terroir gesprochen und dann wird oftmals kritisiert, dass ein Spätburgunder aus Baden oder der Pfalz anders schmeckt, als ein Pinot Noir aus dem Burgund.
Um mich als weininteressierter Laie dem Thema ein wenig zu nähern, habe ich mir voriges Jahr von einem renommierten Weinhändler (kierdorfwein) ein Sortiment von 12 Flaschen Pinot Noir aus dem Burgund zusammenstellen lassen. Die Preisrange lag zwischen 15,– und 36,– Euro und ich war bis auf die teuerste Flasche (Domaine Ponsot Chambolle-Musigny Cigales 2002, herrlich!) eher enttäuscht von der Qualität der Weine.
Da habe ich, zumindest für meinen persönlichen (deutschen?) Geschmack, von Knipser, Johner etc. schon einiges Besseres im Glas gehabt.
Aber vielleicht spielen die Burgunder ja ihre Klasse erst im hohen Preissegment aus. Da klinke ich mich allerdings dann aus…
Grüße Ralph
P.S.: Den Kirschgarten 2007 von Philipp Kuhn habe ich auch noch im Keller. Bin schon gespannt.