Noch einmal Vinocamp 2014: die Wine Online Awards. Die Preise für den besten Text und das beste Foto, die oder das der Urheber in frei zugänglichen sozialen (also mit offener Kommentarfunktion und ‚Sharing‘-Möglichkeit versehenen) Medien veröffentlicht hat, erlebten ihre zweite Auflage. Neu hinzugekommen ist dieses Jahr der Preis für das beste ‚Projekt‘ mit gemeinnützigem Charakter.
Ich saß in der Jury für die Vorauswahl. Wir hatten aus den Texten und Bildern zu wählen, die jedermann über die Website des Awards vorschlagen konnte. Tonnen von Einreichungen hatten wir nicht aber es waren doch so viele, dass wir eine echte Wahl hatten. Die von uns favorisierten standen zur Abstimmung unter den Teilnehmern des Vinocamps, der kompetentesten Jury, die man sich für so einen Preis wünschen kann. Ich kürze es ab: von Fotografie verstehe ich nicht viel, deswegen will ich zum Siegerfoto des Weingutes Franzen nur sagen: Es ist bildschön und es berührt mich (genau wie die Weine). Im Artikelkopf ist es zu sehen. Herzlichen Glückwunsch an Angelina und Kilian Franzen (und Dank für die Erlaubnis, das Bild hier zu verwenden).
Beim Thema Text ging es quasi um meine Nachfolge, hatte ich doch die Ehre, die Erstauflage des Awards zu gewinnen. Und mir war schon vor der Abstimmung klar, ich kann mich glücklich schätzen, dass alle nominierten Texte erst dieses Jahr erschienen, ich hätte letztes Jahr nicht gegen sie antreten mögen. Vollkommen unterschiedliche Herangehensweisen zeigten die Autoren: Torsten Goffin mit einem sehr emotionalen Zugang zu einem unvergesslichen Abend, wie ihn vielleicht nur Wein ermöglicht; Chez Matze mit einem unglaublichen Entdeckergeist im für uns entlegensten Winkel der Welt auf der Suche nach der Wahrheit im japanischen Wein; Axel Biesler mit einem poetischen Exkurs zur Frage des Terroirs; Schorsch Huesgen als Gastautor im Blog von Harald Steffens mit einer listigen Persiflage nicht nur für Germanisten sowie Christoph Raffelt mit einem akribischen Zustandsbericht der Champagne von höchstem Nutzwert. Alle hätten es verdient, nur einer konnte Gewinnen: Christoph ist der Sieger.
Und dann war da die neue Kategorie. Projekte mit Fokus auf das Gemeinwohl haben per se einen Preis verdient. Der mit 1500 Euro dotierte Award wird in Zukunft noch oft genug an eine mildtätige Organisation gehen und deswegen traue ich mich zu sagen: Ich bin froh, dass die Erstausgabe nicht an eine solche ging, sondern an eine die für etwas sehr weinspezifisches steht. Gewonnen hat Karlheinz Gierling mit seinem Projekt Weinlagen.info. ‚Charlie’ Gierling hat sich mit einigen Programmierern, die übrigens gar keine Weinfreaks sind, hingesetzt und ein Werkzeug gebaut, mit dem etliche Freiwillige die exakten Grenzen internationaler Weinlagen in Google Maps einzeichnen. Das Projekt stellt zusätzlich eine Schnittstelle bereit mit der jeder, der will, diese Lagen in seine eigenen Anwendungen einbauen kann. Hier finden Sie ein solches Einsatzbeispiel bei riesling.de.
Weinlagen.info ist ein Projekt, das nur einen Nutzen bietet: es macht Wein in einer weiteren, sehr abstrakten Dimension erlebbar. Niemand verkauft eine Flasche mehr oder seinen Wein zwei Euro teurer, weil es Weinlagen.info gibt und trotzdem ist die Zahl der Unterstützer auch in Winzerkreisen Legion. Denn die Wein-Community verbindet das Gefühl, dass Wein etwas besonderes ist, mehr als nur das Produkt eines landwirtschaftlichen Prozesses, veredelt mit Marketing-Gedöns zum Zwecke der höchste, schnellste, weiteste zu sein. Wenn man am Umgangston der Freaks verzweifeln und dem Balzen um Deutungshoheit den Mittelfinger zeigen möchte, dann erfährt man durch Weinlagen.info die andere, wohltuende Seite des Weines. Die Standing Ovations bei der Preisvergabe verdeutlichen, dass das jeder begriffen hat. Danke den Organisatoren, dass sie eine Plattform schaffen, die solchen Ideen Würdigung zuteil kommen lässt, Danke den Sponsoren für das Preisgeld, das den Projekten weiterhilft und Danke Charlie für Weinlagen.info.