Der beste Weißburgunder der Welt

Ich plagiiere! Die Überschrift dieses Artikels stand so auch vor einigen Jahren in der Zeitschrift Weinwelt und ich fand sie ziemlich doof. Die besten Weine der Welt zu suchen, ist ein aussichtsloses Unterfangen, sie zu küren Anmaßung. Doch ich kam ins Grübeln: Dem Weißburgunder wird nur in Deutschland ein so großer Stellenwert eingeräumt, dass er als GG zugelassen ist, in eigenen Wettbewerben prämiert wird und preislich an die trockenen Spitzen unserer Hauptrebsorte, des Rieslings, heranreicht. Dort wo er als Pinot Blanc oder Bianco wächst, steht er meist im Schatten des Chardonnay und wird bestenfalls als anspruchsvoller Tischwein gekeltert.

Also darf man Deutschlands besten Weißburgunder vielleicht doch zum Weltmeister küren. Und den besten Wein einer Rebsorte in einem Land und einem Jahr kann man wohl finden. Die Weinwelt kürte damals den 2007er Kastanienbusch von Rebholz zum Meister aller Klassen. Ich kaufte mir drei Flaschen, vielleicht aufgrund des Artikels und seiner Überschrift. So schlecht war sie wohl doch nicht.

Das ist nun schon ein paar Jahre her und die Headline wanderte vom Kurzzeitgedächtnis ins Unterbewusstsein. Bis neulich, da trank ich einen Weißburgunder von Kuhn und kam nicht umhin, schon nach dem ersten Schluck festzustellen, dass dies der beste Weißburgunder war, den ich im Leben bisher getrunken habe. Er stieß Molitors Drei-Sterne-Klosterberg aus 2005 vom Thron. Da erinnerte ich mich an den Rebholz und nahm mir vor, erst dann über den Kuhn zu schreiben, wenn auch der Kastanienbusch in meinem Glas war. Das war letzte Woche der Fall.

Weißburgunder von Weltklasse
Weltmeister unter sich: Kuhn und Rebholz

Wenn man immerzu vergleicht und von zwei Weinen den besseren finden will, macht man sich das Leben unnötig schwer – es ist die Vielfalt, die Wein so spannend macht. Die beiden GGs sind herrlich unterschiedlich. Ausgehend von sehr ähnlichen Aromen ist der Kuhn der elegantere Weißburgunder, Rebholz Interpretation der Rebsorte die markantere – wie in einem Film mit Alain Delon und Lino Ventura, da mochte ich mich als Teenager auch nie entscheiden, wen ich besser finde. Das Fazit fällt uneingeschränkt positiv aus. Zwei Weltklasseweine, die sich den Titel teilen.

Philipp Kuhn, Weißburgunder Grosses Gewächs, ‚Kirschgarten GG Pinot Blanc‘, im Holzfass gereift, 2009, Pfalz. In der Nase liegt sie wohl, die Erklärung warum der Weißburgunder international nur als zweitrangige Rebsorte angesehen wird: etwas ordinär, wie mein Vater sagen würde, abgestanden nennt ein Freund von mir das. An Aromen finden sich Liebstöckel, Holz und Nashi-Birne. Am Gaumen ist der Wein der schiere Wahnsinn, stramme Säure gemildert durch eine leichte Joghurt-Note, sehr kräftige Mineralik trifft auf dezente Spuren vom Holz; fruchtig ist der Wein mit Honigmelone und Birne. Der elegante Wein zeigt mittleres Volumen, ist unendlich intensiv und tief aber auch einfach lecker. Der Alkohol (13,5%) ist gut integriert, der Abgang leicht rauchig aber nicht besonders holzig, wahnsinnig lang und dabei immer noch sehr mineralisch. Der Wein ist jung und kann noch lange liegen. Er zeigt aber jetzt schon echte Größe.

Ökonomierat Rebholz, Im Sonnenschein, Weißer Burgunder GG, 2007, Pfalz. In der Nase Mandarine, Birne, laktisch, auch nicht besonders sexy mit etwas mehr Holz als der Kuhn. Am Gaumen kommt der Rebholz daher wie Kuhn auf Koks: mehr Holz, voluminöser, cremiger und wuchtiger, schöne Frucht von Mandarine und Birne, das Holz meldet sich mit Haselnuss, deutlich mehr Alkohol, aber es bleibt im Rahmen. Der Wein ist zwar lauter aber nicht schrill. In der richtigen Stimmung ist es der bessere Wein, zum gedämpften Fisch käme er allerdings daher wie der Elefant im Porzellanladen. Der Spaß endet in einem sehr langen, mineralischen Abgang. Die XL Variante des Kuhn, die anders als jener in jungen Jahren keinen echten Spaß macht (siehe hier).

Ein Haar finde ich in der Suppe: Deutschlands Winzer übertreiben es an einer Stelle für mich mit der Vielfalt: bei der Schreibweise. Weissburgunder, Weisser Burgunder, Weißer Burgunder und Pinot Blanc sind häufig genutzte Begriffe auf Deutschen Etiketten. Warum nennen wir das Kind nicht einfach Weißburgunder?

Update: Es hat sich einige getan an der Weißburgunderfront. Was, erfahren Sie hier.

7 Gedanken zu „Der beste Weißburgunder der Welt“

  1. Die WB-GGe von Kuhn kenne ich nicht, aber schon sein „Kalkstein“-Weißburgunder ist absolut großartig. Ja, Kuhns Weine erlebe ich auch idR fein und elegant.
    Zu Rebholz habe ich nicht den rechten Draht, einen WB von ihm hatte ich aber noch nicht im Glas.

    (Bei Delon vs. Ventura fällt meine Wahl allerdings ganz klar auf Ventura.)

    Beste Grüße
    Guido

  2. Schöner Artikel. Mir fiele da noch der Weißburgunder „Schlangenpfiff“ GG vom Weingut Münzberg ein, den ich mehrmals im Glas hatte, und eine sehr variable Leistung zeigte, zuletzt aber dann überzeugte: http://blindtastingclub.net/pfalz/2006-schlangenpfiff-weiburgunder-gg-weingut-mnzbergpfalz/ .
    Und vor kurzem hatte ich dann noch eine 15 jährige Cuvée Victor, also Weißburgunder und Grauburgunder zusammen, die eine interessante Aromatik hervorbrachte, in etwa als „buttrige Firne“ titulierbar. Interessant, muss ich aber nicht zu regelmässig haben. Gruß

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