Geburtstagswunsch

Wenn mich mein Email-Anbieter nicht zum Jahrestag der Anmeldung meines Schnutentunker-Kontos mit Treueangeboten bombardieren würde, verschwitzte ich den Geburtstag meines Blogs wohl einfach. Es ist schon wieder ein Jahr vergangen, Zeit für ein weiteres Zwischenfazit. Eigentlich hat sich nichts geändert, seit meiner letzten Rückschau. Zumindest nicht, was dieses Blog betrifft.

Einen Unterschied zum Vorjahr stelle ich allerdings fest: Es wird allmählich einsam um mich herum; Blogs, die sich allein dem Erlebnis des privaten Weingenusses widmen, werden seltener. Meine Vorbilder, egal ob Michaels Weinwelt, der Weinschreiber, Schreiberswein, Weincasting, Augsburger Weinblog oder Vinissimus sind entweder ganz verstummt oder haben sich auf eine homöopathische Erscheinungsfrequenz verdünnt. Die zwischendurch an den Start gegangenen Weinfreak und Clemens Weinblog haben wohl die Segel gestrichen, bei ‚Nur ein paar Verkostungen‘ hat sich die Zahl der Autoren und Beiträge halbiert. Die Drunken Mondays halten durch, ebenso ‚Originalverkorkt‘ aber sie scheinen die Ausnahme. Der Besuch von genussblogs.net ähnelt immer mehr der Durchsicht meines Spamfilters: Contentfarmen und dpa-Ticker übertönen die wenigen Beiträge, die mich wirklich interessieren, wobei sich diese Feststellung auf die privaten Weinblogs bezieht. Bloggende Winzer und Journalisten haben ungebrochen Konjunktur, wenn mich meine Wahrnehmung nicht täuscht.

Die Szene wächst, organisiert und trifft sich, während die Zahl der Blogs zu schrumpfen scheint. Das ist kein Widerspruch, denn das Leben tobt bei Facebook, Twitter, posterous – Echtzeitmedien für Menschen mit ausreichend Freizeit während der Arbeit. Ich glaube, da verpasse ich einiges, aber das bringt der Beruf so mit sich.

Ich hoffe, das ist nur ein Zwischentief und zum dritten Jahrestag kann ich einen Artikel über viele neue Weinblogs schreiben. Die Anmeldung bei WordPress ist wirklich ganz einfach. Das würde ich dann zum Anlass nehmen, mal ein richtig edles Gewächs auf das Jubiläum zu köpfen. Derweil gibt es dieses Jahr wieder einen überdurchschnittlich guten Moselriesling ins Glas.

Fritz Haag, Brauneberger Juffer, Riesling trocken, 2009, Mosel. In der Nase sehr resch, Zitrone (was sich mit etwas Luft abmildert), Banane, Aloe Vera. Am Gaumen viel üppiger als in der Nase: trotz reichlich Säure ist der Wein cremig, voll und druckvoll mit Aromen von Grapefruit und Apfel, kräftiger Mineralik, malzigen Noten und gut eingebundenem Alkohol (12,5%). Das ist ‚ein Maul voll Wein‘, recht trocken daherkommend und in einem extrem mineralischen langen Abgang endend.

Über sowas lohnt es sich zu bloggen – wirklich.

3 Gedanken zu „Geburtstagswunsch“

  1. Ihre fachkundigen, unprätentiösen Artikel sind mit das Beste, was es
    in der deutschen Weinbloggerszene gibt, finde ich zumindest.

    Gruß ralph

    P.S.: Was bedeutet „resch“? So was wie rassig oder frisch?

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