Ich glaube es gibt eigentlich nur zwei Arten von Weinverrückten: Solche, die davon träumen irgendwann mal ein Weingut zu eröffnen und solche, die es schon getan haben. Ich gehöre zu ersteren, bin sogar so ehrlich zuzugeben, wohl für alle Zeiten zu dieser Gruppe zu gehören. Umso ehrfurchtsvoller werde ich, wenn ich Menschen aus der zweiten Gruppe begegne. Am Samstag war es mal wieder so weit. Ich traf Eva Raps und Urban Kaufmann, die als Quereinsteiger das Weingut Hans Lang übernommen haben und einen mit ihnen befreundeten Winzer, um den es hier eigentlich gehen soll.
Ze’ev Dunie macht Wein in Israel, zumindest seit 15 Jahren oder so, davor war er beim Film. Über die Partnerschaftsinitiative Twin Wineries, bei der sich mittlerweile je elf Weingüter aus Deutschland und Israel austauschen und gegenseitig unterstützen, kam er in Kontakt mit dem Weingut Hans Lang. Die Parallelen im Werdegang schweißten die Weingutsbesitzer zusammen und Kaufmann und Raps importieren mittlerweile die Weine von Dunies Seahorse Winery – womit sie die hiesige Weinwelt ganz erheblich bereichern.
Seahorse Winery – hoch gelegen
Seahorse liegt in den Jerusalem Mountains und ist das, was man heutzutage eine Garage Winery nennt. Von einigen Cuvèes produziert Dunie gerade einmal 500 Flaschen, daher ist auch nicht seine ganze Kollektion in Deutschland erhältlich. Drei Weine durfte ich probieren und sie waren allesamt besonders. Da war zum einen die Syrah-dominierte Cuvée ‚Antoine‘, die mich staunen ließ, wie viel ‚cool climate‘ in einen israelischen Wein passt, sowie der mit etwas Petit Syrah und Mourvèdre gepimpte Zinfandel ‚Lennon‘. Letzterer hat mich schon allein dadurch beeindruckt, dass ich ihn mochte – normalerweise halte ich Zinfandel für Kaliforniens Antwort auf den Dornfelder. Doch ‚Lennon‘ ist nicht lätschig, er ist ein Strukturwunder. Da ich aber dem Weißwein mehr als dem Rotwein zugetan bin, spielt ein anderer Wein hier die Hauptrolle. Darf ich vorstellen: ‚James‘.
‚James‘ – elegant wie Bond
Israels Landwirtschaft ist effizient, auch beim Weinbau. Ältere Rebanlagen werden regelmäßig gerodet, ‚Alte Reben‘ seien eher die Ausnahme, berichtete Dunie. Eine Ausnahme macht ein Weinberg im Besitz seines Freundes Baruch Langer, der ausgerechnet mit der in Israel wenig verbreiteten Chenin-Blanc-Traube bestockt ist. 40 Jahre sind die Reben alt im Weinberg, der rund 40 Minuten von Dunies Keller entfernt liegt. Und Ze’ev Dunie keltert daraus einen Wein zum Niederknien. Vier Tage nimmt sich sein Team für die Ernte Zeit, sammelt jeweils nur die ersten zwei, drei Stunden nach Sonnenaufgang Trauben ein – danach wird es zu warm. Im Kühllaster geht es ins Weingut, wo der Most in gebrauchten Barriques (überwiegend Drittbelegung) vergärt und der Wein neun Monate auf der Hefe reift. Das Ergebnis ist mehr Vouvray als neue Welt – dank einzigartig kraftvoller Eleganz aber keine Frankreich-Kopie. Der Wein kratzt an 30 Euro, spielt mithin in der Liga von Huet, dem Maßstab in Sachen Vouvray. Das ist ambitioniert, aber nicht anmaßend. Ich schnappte mir die Flasche und beschäftigte mich das ganze Wochenende mit diesem wunderbaren Chenin.
Seahorse Winery, Chenin Blanc ‚James‘ 2013, Israel. In der Nase ein bisschen Holz, dezent seifig und nicht besonders beeindruckend. Am Gaumen allerdings dann sehr reife Frucht, Apfel, Birne und viel Melone, ordentliche Säure, schönes Spiel mit der süßen Frucht, cremiger Textur vom Barrique-Ausbau, der spürbar aber dezent auch aromatische Spuren hinterlässt. 14,5% Alkohol sind komplett versteckt, der Wein ist kräftig aber von französischer Eleganz, auch wenn er mit mehr als 24 Stunden Luft ein bisschen in die Breite geht. Tolle Balance aus Frucht, Würze und Spiel, das einen sehr langen Abgang prägt. Große Unterhaltung!
Die Weine von Seahorse sind über das Weingut Hans Lang zu beziehen.
Stuart Pigott hat auch schon über Seahorse gebloggt, sein Mitsreiter Frank Ebbinghaus ebenfalls.