Das Weingut Wageck Pfaffmann verwendet Etiketten mit hohem Wiedererkennungswert. Das mag ein Grund sein, warum ich mich des Eindrucks nicht erwehren kann, das Weingut erlebe gerade einen Aufschwung. Ständig begegnen mir Fotos von Wageck-Flaschen in meinen diversen Feeds und Timelines. Ein anderer Grund mag sein, dass unter diesen Fotos meist euphorische Kommentare stehen. Als mein Freund Sascha mir vor kurzem eine Flasche Wageck-Wein schenkte, waren meine Erwartungen entsprechend hoch.
Ein Problem gab es allerdings, es handelte sich um einen Sauvignon Blanc. Und wie ich erst vor wenigen Wochen hier zu Protokoll gab, ist meine Liebe zu Sauvignon Blanc erkaltet. Eine Zieregg-Tement-Vertikale vor zwei Jahren konnte mich zwar restlos begeistern, im normalsterblichen Bereich waren die Highlights jüngst aber rar gesät. Das liegt zum einen an meinen, stetem Wandel unterliegenden, persönlichen Vorlieben, zum anderen daran, dass (vor allem deutscher) Sauvignon Blanc in meiner Wahrnehmung flächendeckend in die Schmuse-Falle getappt ist. Der einzige deutsche Sauvignon, der mich in den letzten zwei Jahren richtig aufrütteln konnte, stammte von Oliver Zeter. Warum ich nie über den gebloggt habe, weiß ich selber nicht. Ich trinke ihn ziemlich regelmäßig, denn seine gekonnt ruppige Art kann mich begeistern.
Wageck Sauvignon Blanc – Zeter zwo
Als ich Wagecks Sauvignon Blanc öffnete und probierte, sprang mich sofort die Vermutung an, dass Zeters ‚Fumé‘ das Vorbild von Wagecks ‚Fumé Réserve‘ ist. Beide teilen einen Stil, der vor allem eines ist: mit Sicherheit nicht jedermanns Sache. Die Weine zeigen straffe Säure, grüne Noten, Gerbstoffe, Holz und oder langes Hefelager – und keinerlei Zucker als Schminke – fordernd, eigen, wiedererkennbar und richtig gut, vor allem als Essensbegleiter.
Im Fußball würde man das eine ‚Drecksau‘ nennen, als höchste Stufe der Bewunderung: Ein eigentlich brillanter Künstler, der dann wenn alle einzuschlafen und unterzugehen drohen, einfach mal am Mittelkreis einen Gegner umtritt, sich seine gelbe Karte abholt, die Kollegen anbrüllt und so ‚ein Zeichen setzt’. Man muss indes die Ästhetik der Grätsche erkennen können, um diesem Wein die verdiente Ehre zu erweisen. Meine Frau riefe derweil nach feinherbem von Othegraven.
Wageck (Pfaffmann), Sauvignon Blanc, ‚Fumé Réserve‘ (Goldberg, BASF exklusiv), 2014, Pfalz. Nach dem Öffnen in der Nase: Blumenkohl, Heu, Gemüsebrühe und keinerlei Frucht, das nennt man ‚dahin gehen, wo es wehtut‘ – was sich aber mit 16 Stunden Luft etwas relativiert, dann kommt Frucht dazu. Am Gaumen am ersten Tag vor allem Struktur, Struktur und Struktur: viel Saft, etwas Gerbstoff, wenig Frucht; neues Holz oder Hefelager, das ist gar nicht so leicht zu unterscheiden, spielt aber nur eine Rolle, wenn man sich als Verkoster profilieren will, die Wirkung auf das Mundgefühl ist in jedem Fall wundervoll. An Tag 2 entsteht in der Nase eine erste Idee von Frucht, sehr gelb, in Richtung Nashi-Birne, am Gaumen sehr grüner Apfel, Stachelbeere, Gerbstoffe werden runder, immer noch sehr trocken und ein Strukturwunder, wenngleich etwas versöhnlicher. Geht eigentlich nicht ohne Essen, weil extrem speicheltreibend. Sehr langer Abgang, den wer will ‚mineralisch‘ nennt. Großartig.
P.S. Während ich dies schreibe, kommt mein Freund Patrick mit Zeters Viognier vorbei. Ich unterbreche die Arbeit und wir trinken die Flasche. Leer. Viel zu schnell. Das ist auch so ein Stilbilder. Trinken und Schwelgen. Keine Notizen. Müssen Sie mir einfach so glauben.