Es ist Weinrallye und das Thema lautet Wein und Speisen – das erlaubt es mir zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, denn erstens schulde ich Juliane vom Blog ‚EinfachWein‘ noch eine Replik zum Liebster Award, für deren Verspätung ich mich wenigstens mit der Teilnahme an der von Ihr ausgerichteten Weinrallye entschuldigen möchte und zweitens habe ich da noch einen Wein aufzuarbeiten.
Die Deutsche Weinentdeckungsgesellschaft hat kurz vor Weihnachten den neuen ‚Fund‘ präsentiert. Der mittlerweile siebte Streich von Carsten Sebastian Henn entstand in Kooperation mit dem Weingut Stein aus Bullay. Bei der WEG geht es um die Produktion von Weinen der Kategorie ‚Man müsste mal…‘ also Sachen, die spannend erscheinen, die aber keiner ausprobiert, weil es zu tief in der Nische steckt/zu erklärungsbedürftig wäre um wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Die Mitglieder der WEG stellen sozusagen eine kleine Abnahmegarantie, die dazu führt, dass Weinjournalist Henn (u.a. Vinum, Gault Millau) die Projekte angehen kann. Die bisherigen Weine waren alle Gegenstand von Geschichten in diesem Blog, eine Liste finden Sie unten.
Red Light – licht und leicht
Der neue Wein heißt ‚Red Light‘ und er widmet sich der Frage, was wohl passiert, wenn man einen Spätburgunder im Stil eines Riesling Kabinetts produziert, eines trockenen allerdings. Dieses Vorhaben an der Mosel zu realisieren erscheint zwingend logisch. So entstand ein Spätburgunder mit 11 % Alkohol. Damit dies gelingen konnte, mussten Henn und Stein den Lesetermin so früh wählen, dass die Trauben auch 11 Promill Säure mitbrachten. Im weiteren Verlauf reduzierte sich die Säure zwar unter anderem durch malolaktische Gärung, steht aber auch im fertigen Wein noch stramm da. Trotz klassischer Machart und Kaltmazeration ist der Red Light ein auch farblich leichter Wein. Durch Verzicht auf Pressdruck und Holzfässer in Drittbelegung hielten die Macher den Gerbstoffgehalt im Zaum.
Wie üblich habe ich kurz nach dem Eintreffen meines Paketes einen ersten Wein aufgerissen und über mehrere Tage verkostet. Lange habe ich mit mir gerungen, wie mein Fazit denn nun ausfällt. Die Kurzfassung war dabei nie das Problem, die stand nach dem ersten Schluck fest: großartig.
Deutsche Weinentdeckungsgesellschaft (und Weingut Stein), Red Light, Spätburgunder Kabinett trocken, 2014, Mosel. In der Nase ein typischer leichter Spätburgunder mit (gekochten) Beeren, vor allem Erdbeere. Am Gaumen ganz viel Saft, stramme Säure, die aber nichts Scharfes hat. Süße Frucht, sehr in Richtung gekochte Erdbeere. Dass der Wein nichts Marmeladiges hat, sondern tatsächlich an guten Weißwein erinnerndes Spiel zeigt, liegt an der deutlichen Säure und dem niedrigen Alkohol. Holz ist quasi nicht präsent, die leichte Fülle vom Aufenthalt im Fass ist allerdings erahnbar und rundet den Wein perfekt ab. Das kann man (muss man) in großen Schlucken trinken.
Dann ist doch alles gut, sollte man denken. Wo ist das Problem? Mein Problem mit dem Wein ist der mangelnde Erkenntnisgewinn. Ich habe vor bald drei Jahren hier mal einen Artikel unter dem Titel ‚Der dümmste Spruch der Weinwelt‘ veröffentlicht, in dem es um die Aussage ‚Ich trinke keinen Rotwein, durch den ich durchgucken kann‘ ging. Es war mein Loblied auf den leichten einfachen Spätburgunder, der kein neues Holz, wenig Alkohol und eine stramme Säure hat. Letztlich hat der Red Light noch weniger Alkohol und ein bisschen mehr Säure, einen zusätzlichen Effekt bringt das aber nicht. So sehr ich verstehe, dass die Projektweine über 20 Euro kosten, hat die WEG dieses Jahr einen Tropfen produziert, den es so (oder sehr sehr ähnlich) an der Mosel an vielen Ecken für 8 Euro zu kaufen gibt, zumindest aus eher kühlen Jahrgängen. Ärgern kann mich das nicht, dafür ist mir das Projekt zu sehr ans Herz gewachsen. Es zu verschweigen hielte ich aber für unseriös.
Alle mal ‚cheese‘
Immer diese Kohle, können wir bitte endlich übers Wein und Essen reden? Müssen wir sogar, denn ohne begleitende Speise ist der Red Light verschwendet. Also: ich trinke diese Weine leicht gekühlt zum BBQ, auch zum Burger finde ich das großartig. Beim Red Light habe ich noch ein anderes Einsatzgebiet ausprobiert und für gut befunden: Raclette. Ich trank ihn zu der deutschen Variante, also mit allerlei Gedöns vom Tischgrill dazu, denke aber, dass er die pure schweizer Spielart auch hervorragend begleitet hätte. Ich tue mich immer schwer mit der Weinbegleitung zum Raclette, vor allem weil mich Gutedel/Chasselas langweilt, viel Alkohol aber wirklich nicht passt. Riesling finde ich schwierig, also nehme ich meist einen Weißburgunder, wissend, dass das nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Da ich nur ungefähr einmal im Jahr Raclette esse, habe ich jetzt für zwei weitere Jahre einen passenden Begleiter.
Die Homepage der Deutschen Weinentdeckungsgesellschaft.
Und die bisherigen Weine im Schnutentunker:
Weingut Huber (und Deutsche Wein-Entdeckungs-Gesellschaft,) ‚Liebesheirat‘
K. P. Keller (und Deutsche Wein-Entdeckungs-Gesellschaft), Riesling QbA ‚Neumond‘, 2009
K. P. Keller (und Deutsche Wein-Entdeckungs-Gesellschaft), Riesling QbA ‚Neumond‘, 2009
K. P. Keller (und Deutsche Wein-Entdeckungs-Gesellschaft), Riesling QbA ‚Neumond‘, 2009
Weingut Knipser (und Deutsche Wein-Entdeckungs-Gesellschaft,) ‚Der rote Baron‘
Weingut Knipser (und Deutsche Wein-Entdeckungs-Gesellschaft,) ‚Der rote Baron‘
P.S. Wie üblich nahm ich die Ankunft des neuen zum Anlass, einen älteren auf den Reifezustand zu testen, hier ein kurzer Wasserstandsmeldung für Mitentdecker:
K. P. Keller (und Deutsche Wein-Entdeckungs-Gesellschaft), Riesling QbA ‚Neumond‘, 2009. Insgesamt schon klassisch mollig, mit viel Aloe Vera, Aprikose aus der Richtung Dörrobst, dann aber so eine kleine phenolische Kratzigkeit, die das ganze sehr gut puffert, denn die Säure lässt ihn ein bisschen im Stich. Braucht immer noch Luft, angenehm trocken, dadurch nicht zu anstrengend, die 13% Alk sind okay. Eigentlich phänomenal, aber ich würde jetzt keine aufreißen, sondern noch zwei Jahre warten.