Wem die Überschrift wie erste dadaistische Gehversuche erscheinen, dem sei versichert, dass am Ende dieses Artikels alles Sinn ergeben wird. Tatsächlich habe ich beschlossen, demnächst verstärkt auf komplexe Überschriften zu setzen, denn ich bin jetzt ein Genussblog! Wer mich dort registriert hat, kann ich nur vermuten: es gibt vielleicht einen automatischen Abgleich mit Blogoscoop. Dort habe ich mich selbst registriert.
Die Genussblogseite saugt sich jederzeit die Überschriften neuer Artikel aller registrierter Blogs und aggregiert sie zu einer aktuellen Übersicht. Will ich von dort möglichst viele Leser abziehen (ich weiß nicht, ob ich es schon erwähnte, ich freue mich durchaus über Leser), dann muss ich entweder spektakulär oder kryptisch titeln – so zumindest meine Theorie!
Wohlan, worum geht es eigentlich? Es geht um einen Wein, der in seiner Jugend ganz bestimmt ein wilder war und heute alt aber immer noch knackig ist: 1983er Kanzemer Altenberg Riesling Spätlese; Weingut Kanzemer Berg (Maximilian v. Othegraven), Mosel-Saar-Ruwer. Heute heißt das Anbaugebiet schlicht Mosel und das Weingut schlicht von Othegraven. Von dort stammt der Wein auch. Das Gut hat immer wieder gereifte Raritäten im Angebot und mit 8€ kostet der Oldie nicht die Welt – kann man mal machen. Die Farbe dieses vermutlich perfekt gelagerten Tropfens ist eine Überraschung: ein minimal güldener Anflug hätte mich glauben lassen, wir reden über 2004.
Alter Riesling und Tomaten
Aber das Etikett sagt etwas anderes. Es sagt leider nichts über den Alkoholgehalt, denn die Angabe desselben auf dem Weinetikett wurde erst später Pflicht. Da zwei Gläser nicht wirkungslos blieben, tippe ich auf mehr als die heute bei fruchtsüßen Spätlesen üblichen 8 bis 9 Prozent.
Aber jetzt mal Zahlen beiseite. Macht sowas noch Spaß? Ein 26 Jahre alter Riesling der nicht in der Beerenauslese-Kategorie spielt? Ein klares jein ist meine Antwort. Der Wein ist ein echter Säurebrocken. Der Magen winselt nach einem halben Glas um Gnade. Zwar ist es faszinierend für mich zu sehen, wie so ein Wein recht stabil altert (in der Nase mäßig Firne, viel Petroleum aber auch noch fruchtige Noten) und die Säure dabei integriert, aber sie verschwindet eben nicht. Sie wird etwas mürbe im Geschmack, geradezu aufrauhend am Gaumen (adstringierend ist vielleicht der Fachbegriff, klingt für mich aber zu sehr nach Rotwein). Was hingegen verschwindet ist die Süße. Der Wein schmeckt komplett trocken. Abgang ist lang aber etwas austrocknend. Ein mäßiges Vergnügen.
Und was hat es jetzt mit den Tomaten auf sich? Ganz einfach. So einen Wein muss man einfach mal zu einer Tomatensuppe trinken oder zu einem von feiner Tomatensauce dominierten Gericht (keine Bollo oder Arrabiata!). Gelernt habe ich das mal bei einem kommentierten Degustationsmenü. Deswegen habe ich mir den von Othegraven auch zu einem Stück Lachs mit gebratenen Zucchiniwürfeln und süßsaurer Tomaten-Dill-Sauce aufgemacht. Und dann funkt es zwischen Wein und Speise gewaltig.
Salomonisch könnte man sagen, der Wein macht Lust auf mehr – mehr Tomaten.
Danke schön 😉
Nein, wir machen bei Genussblogs.net keine automatischen Abgleiche mit irgendeiner Seite. Da ich aber selber u.A. Weinblogger bin und somit hin und wieder über Weinblogs stolpere habe ich mir erlaubt deinen Blog ungefragt in den Index aufzunehmen damit die anderen Weinblogger vor dir erfahren.