Sechs Jahre ist es her, dass ich anfing, mir einen eigenen Weinkeller einzurichten. Und es wird Zeit einzugestehen, dass ich genügend Unsinn bei der Anlage gemacht habe, dass man durch bloßes Vermeiden meiner Fehler einen prima Keller hinbekommen sollte. Heute geht es um ein Problem, von dem ich vermute, dass ihm ein spezifisch männliches Verhaltensmuster zugrunde liegt.
Als ich meinen Keller in Besitz nahm, war er, wie in Teil 1 beschrieben, weitestgehend leer. Zur fachgerechten Lagerung von Flaschen bedurfte es noch geeigneter Vorrichtungen. Unter Zuhilfenahme von Weinlagersteinen baute ich mir Regale an alle Wände und einen tischähnlichen Block in die Mitte des Gewölbes. Da ich ein eher unwilliger Heimwerker bin, erledigte ich das in einem Aufwasch. Das Ergebnis war zweckdienlich und verbreitete den Charmes des enthusiastischen Amateurs – sowie zunächst gähnende Leere.
Leider ließ mich das nicht kalt. Ich kam mir vor wie ein Hochstapler, wenn ich das Wort Weinkeller in den Mund nahm. Wie einer, der zwei VW Käfer in einen leeren Flugzeughangar stellt und stolz von seiner ‚Oldtimersammlung‘ schwadroniert. Abhilfe musste her in Form von möglichst vielen Flaschen Wein, die die Bude mit Leben füllen. Da ich aber nicht über großes Wissen verfügte, ging die Einkaufsliste eher in die Tiefe als in die Breite. Was irgendwie kaufenswert erschien, schaffte ich im Dutzend an. Das ist per se nicht verdammenswert. Zigtausende deutsche Studienräte halten jedes Jahr auf dem Rückweg aus dem Italienurlaub beim Winzer ihres Vertrauens an der Mosel und machen den Kofferraum ihrer C-Klasse mit einhundert Flaschen ihres Lieblingsrivaners voll (plus 18 Flaschen Riesling Spätlese trocken für die besonderen Momente im Leben), auf das das Weinthema bis zum nächsten Jahr erledigt ist. Mein Zugang zum Wein lebt aber eher von der Vielfalt und auch das Bloggen über Wein setzt voraus, dass ich eher viele unterschiedliche Weine ins Glas bekomme.
Nicht einen der im Dutzend angeschafften Weine habe ich tatsächlich zwölf Mal ins Glas bekommen. In einem regelrechten Kaufrausch hatte ich binnen drei Jahren den Keller voll und wie schon bei den Italienern habe ich einen Teil der Flaschen verschenkt oder seltener auch getauscht. Den folgenden Wein habe ich allerdings bis auf zwei Flaschen für mich behalten, weil er so gut ist und weil ich ihm zutraue, in Würde zu reifen. Hier ein Zwischenstand:
Bassermann-Jordan, ‚Auf der Mauer‘ Riesling trocken, 2007, Pfalz. In der Nase ist der Wein sehr viel reifer als bei meinem letzten Bericht, mollig, mit Aprikose, Rhabarber und Malz. Ich glaube nicht wirklich an riechbare Mineralik aber der Bassermann-Jordan riecht für mich auch leicht kreidig/staubig. Am Gaumen zeigt er eine schöne Struktur: mitteldick, nicht zu mollig aber leicht ölig, straffe Säure, relativ trocken, druckvoll, Aprikose, Birne, Bratapfel, Kemm‘sche Kuchen, feine Mineralik, die vor allem den Abgang bestimmt, der sehr lang ist. Trotzdem er zunächst sehr reif wirkt, baut er mit Luft nicht ab, sondern wird besser. Er hat am zweiten Tag für mich die Qualität eines starken GG erreicht. Der hält noch ein paar Jahre und ich werde weiter berichten.
Mein Fazit und Regel Nummer zwei: Es geht nicht darum wie viel, sonder was im Keller liegt. Je länger man durchhält, bis der Keller voll ist, desto mehr Vielfalt bringt man darin unter. Große Kunst ist es, den Keller dauerhaft halbleer zu halten, statt ihn mit Massen von Flaschen zu bestücken. Letzeres kann jeder Depp mit Dispo.
Ein Gedanke zu „Wie legt man einen Weinkeller an? (2)“