Vor einiger Zeit startete Bernhard Fiedler auf seinem Blog eine für mich sehr lehrreiche Artikelserie zum Thema: Zunahme der Alkoholgradation in Wein und deren mögliche Ursachen. In einem Satz zusammengefasst, las sich das für mich so: Der Mehralkohol aufgrund wärmerer Witterung ist ein zu vernachlässigendes Phänomen und der weitaus größere Anteil des zusätzlichen Sprits steckt im Wein, weil der Winzer das so will.
Zur Begründung gab es nicht nur bei Bernhard zu lesen, dass Alkohol als natürlicher Geschmacksverstärker Weinen Fülle und Druck verleiht und man damit Kritikerlieblinge erzeugen kann. Der Weinjournalist Sigi Hiss schrieb kurze Zeit später ein klassisches mea culpa in seinem Blog (so habe ich das zumindest verstanden) und rief dazu auf, dass alle Spieler in der Weinwirtschaft daran etwas ändern sollten.
Ich fühlte mich bei alledem an einige Weine erinnert, die ich hier beschrieben habe, etwa Winters Leckerberg – Weine, die satt machen. Ich kenne in meinem Bekanntenkreis nur Menschen, die mit solchen Weinen Probleme haben. Dass man mit einem 14%-Riesling zum Star avanciert, ist die Ausnahme. Leitz und der Johannishof aus dem Rheingau produzieren gerne mal solche Kracher, kriegen viele Punkte in der Zeitschrift Vinum aber kommen in meinem Keller (und dem meiner engeren Weinfreunde) in homöopathischen Mengen vor, gerade weil sie so anstrengend viel Alk enthalten. Der nette Herr Busch kommt mir mittlerweile auch nur noch mit Einzelflaschen ins Gewölbe. Riesling scheint von diesem Alkohol-Trend weitgehend verschont und ich persönlich stehe solchen Weinen eher ablehnend gegenüber.
Riesling mit viel Alkohol
Tja, und gerade, als ich mir mein Weinweltbild so schön zurechtgelegt hatte, fiel alles wieder um. Denn es kam ein Riesling ins Glas, der sich wunderschön gereift präsentierte und bei dem ich erst an der Wirkung im Kopf nach einem genossenen Glas und nicht an seinem Auftreten am Gaumen merkte, dass er mit satten 14% daherkommt.
Wittmann, Westhofen Aulerde, Riesling ‚Grosses Gewächs‘, 2005. In der Nase vollfruchtig nach Pfirsich aber nicht überreif. Gereifte Kräuterwürze und Blütenduft bilden einen schönen Gegensatz. Am Gaumen leicht kalkig, sehr mineralisch aber auch mit süßer Frucht (Pfirsich). Erstaunlicherweise ist der Wein weder brandig noch bitter; der Alkohol ist so gut integriert, dass man an einen Druckfehler auf dem Etikett glauben möchte. Sehr eleganter, langer Abgang. Ganz großer Wow-Wein – auch am zweiten Abend noch. 94 Punkte.
Oder so ähnlich, hicks…
sie haben das vollkommen richtig verstanden. 🙂