Schokoladenlastkraftwagenfahrerlehrling

Meinen Trauzeugen und mich verbindet nicht nur eine Freundschaft, die schon sieben Achtel meines Lebens andauert, wir teilen auch eine Zuneigung zur Deutschen Sprache. Schon als Kinder haben wir gelegentlich geblödelt, und einer dieser Nachmittage drehte sich um die längste Berufsbezeichnung. Er gewann, wobei die Regeln erkennbar nicht besonders rigide waren.

Seit diesem Tage vollzieht sich in meinem Kopf immer das gleiche, wenn ich unglaublich lange Wörter oder Wortverknüpfungen lese: es macht Klick und ich sage leise vor mich hin: Schokoladenlastkraftwagenfahrerlehrling. Zuletzt geschah das, als ich den folgenden Wein in die Hand und meinem Keller entnahm. Denn ich bin mir nicht sicher, ob ich jemals in meinem Leben eine längere Herkunftsbezeichnung gesehen habe. Gibt es überhaupt solche? Wer eine längere kennt, hinterlasse sie bitte als Kommentar.

Domaine Bila Haut (M.Chapoutier), Occultum Lapidem, 2003, AC Cotes Du Roussilon Village Latour de France, Südfrankreich. In der recht zurückhaltenden Nase Bleistiftspäne, Lavendel und Cassis – wenig zu riechen von den typischen, schwereren Aromen Südfrankreichs. Am Gaumen ist die Cuvée aus Carignan, Grenache und Syrah erstaunlich weich, gemessen daran, dass sie früher ein ziemlicher Tanninbrocken war. Süße Frucht: Blau- und Johannisbeere sowie Pflaume; etwas Holz, reifes, weiches Tannin und eine leichte Mineralik. Der Alkohol von 14% ist mollig aber akzeptabel. Der Abgang ist ausgesprochen lang, der Wein unglaublich angenehm, die letzte Flasche die beste. Hat jeden einzelnen seiner hunderttausend Parkerpunkte verdient und ist ein weiterer Beweis, dass man da unten tolle Schnäppchen machen kann.

Rantrinken (3)

Es ist paradox. Drei Viertel der von mir getrunkenen Weine sind Weißweine, darunter deutlich mehr als die Hälfte Rieslinge. Dabei bin ich ein Snob, Literrieslinge besitze ich nicht, die Zahl der Gutsweine in meinem Keller kann man an einer Hand abzählen, selbst wenn man durch einen Unfall Finger verloren hätte.

Beim Rotwein hingegen, dem verbleibenden Viertel, sind mehr als die Hälfte Spätburgunder und darunter eine erhebliche Zahl einfacher Qualitäten. Ich wiederhole mich, will aber noch einmal die Vorzüge eines leicht geholzten Spätburgunders mit mittlerer Dichte als Begleiter zu Gegrilltem betonen.

Doch auch ohne Speisen entwickle ich bei einigen dieser Weine einen gefährlichen Trinkfluss. Wenn je ein Folterknecht vor mir stünde und offenbarte, er habe eine schlechte und eine gute Nachricht, und die schlechte wäre, ich müsste mich zu Tode trinken, die gute, ich dürfte mir aussuchen womit – ich wählte wohl einen Wein wie diesen hier.

Günther Steinmetz, Mülheimer Sonnenlay, Spätburgunder Spätlese trocken, 2007, Mosel. In der Nase ist der Wein grün, Kerbel, Brennnessel, Gras aber auch ein wenig Himbeere. Am Gaumen ist der Wein frisch und saftig, wiederum mit Himbeere aber auch mit Stachelbeere. Aus einem schwarzen Glas genossen, würde ich ihn vielleicht für einen fülligen Sauvignon Blanc halten (man sollte seine Grenzen kennen). Die Struktur ist von dezentem Holz und ein wenig Mineralik geprägt, der Abgang ist sehr lang. Vermutlich nicht jedermanns Sache aber mir besonders lieb.