Als ich vor kurzem schrieb, dass es mir einerlei sei, wie ein Winzer seinen Wein vergärt, ob spontan oder mit selektierten Hefen, ging es allein um meine Präferenzen. Ich bin nicht der Meinung, dass es keinen Unterschied macht. Meine geschmacklichen Vorlieben tendieren nur nicht in eine Richtung. Beide Weinstile sind in meinem Keller gleichberechtigt vertreten und machen mir Freude. Ein akademisches Vergnügen weiterlesen
Autor: Felix Bodmann
K(l)eine Geschichten zu Großen Gewächsen (3)
Manchmal gibt es gar nicht so viel zu erzählen zu den Weinen, die ich trinke. Hier sind drei, die ich aber keinesfalls unterschlagen möchte
Im Jahr 2006 befanden sich die VDP-Regionalverbände noch in der Findungsphase, was die Kennzeichnung der Großen Gewächse anging. Die 2005er wurden teils mit, teils ohne Prädikatsangaben vermarktet und auch die Verwendung der Bezeichnung GG war nicht einheitlich geregelt. Bei Knipsers kam es zu völliger Verwirrung denn der folgende Wein hat keinerlei Hinwies auf den Status des GG auf Vorder- oder Rückenetikett. Lediglich die GG Flasche mit der ‚Trauben-1’identifiziert ihn als solches. Den Kollegen von NEPV begegnete derselbe Wein allerdings auch schon in einer normalen Flasche ohne das GG Signet.
Knipser, ‚Steinbuckel‘ Großes Gewächs, Laumersheimer Mandelberg, Riesling Spätlese trocken, 2005, Pfalz. In der etwas verhaltenen Nase Aprikose, Mirabelle, Quitte und Apfel sowie die Würze von 5 Jahren Flaschenreife und etwas Aloe Vera. Am Gaumen zeigt sich reife Frucht (Apfel und Aprikose) und etwas Malz. Der Riesling ist ziemlich trocken, die Säure fein, und zusammen mit einer kalkigen Mineralik entwickelt sich schönes Spiel. Nur 12% Alkohol machen den Steinbuckel angenehm leicht. Vielleicht etwas zu leicht, denn trotz eines sehr mineralischen langen Abgangs fehlt dem Wein nach meinem Dafürhalten der letzte Kick.
Selbst im guten Jahrgang 2005 wachsen die GGs vom Riesling nicht allenthalben in den Himmel. Noch eine Spur kürzer gewachsen ist der folgende, wenngleich er – wie auch der Knipser – preislich im unteren Drittel der GG liegt und damit im Preis-Genuss-Verhältnis noch zu befriedigen vermag.
St. Antony, Nierstein Orbel, Riesling GG, 2005, Rheinhessen. Die Nase wirkt dünn, wie Weinschorle, Grapefruit, Limone und etwas Muskat. Am Gaumen vollreife Aprikose, Karamell und Malz aber der Wein ist etwas lasch, obwohl sich 13,5% Alkohol leicht brandig bemerkbar machen, fehlt es ein wenig an Druck. Der Abgang ist relativ lang und mineralisch.
Besser gemacht hat es Christmann, dem ein standesgemäßes, leicht barockes, Pfälzer Riesling GG gelungen ist:
Christmann, IDIG, Riesling GG, 2005, Pfalz. In der Nase wirkt der Wein weich und warm mit Boskop, Aprikose und Pistazie. Am Gaumen ist der IDIG voll, ziemlich mollig und nicht sehr trocken. Mit seinem Aroma von vollreifer Aprikose wirkt er ein bisschen mastig, kriegt aber aufgrund der sehr griffigen Mineralik und feinen Säure noch die Kurve. Auch der Alkohol ist vernünftig eingebunden. Der Abgang ist sehr lang und etwas breit aber ich mag sie ja, die Wonneproppen – und dieser hier ist besonders gut.
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Der beste Weißburgunder der Welt
Ich plagiiere! Die Überschrift dieses Artikels stand so auch vor einigen Jahren in der Zeitschrift Weinwelt und ich fand sie ziemlich doof. Die besten Weine der Welt zu suchen, ist ein aussichtsloses Unterfangen, sie zu küren Anmaßung. Doch ich kam ins Grübeln: Dem Weißburgunder wird nur in Deutschland ein so großer Stellenwert eingeräumt, dass er als GG zugelassen ist, in eigenen Wettbewerben prämiert wird und preislich an die trockenen Spitzen unserer Hauptrebsorte, des Rieslings, heranreicht. Dort wo er als Pinot Blanc oder Bianco wächst, steht er meist im Schatten des Chardonnay und wird bestenfalls als anspruchsvoller Tischwein gekeltert. Der beste Weißburgunder der Welt weiterlesen
Nachgetankt: Neumond
Unter den mittlerweile recht zahlreichen Kommentaren zu meinem Bericht über den neuesten Entdeckerwein befindet sich auch einer mit der Frage, wie es denn derzeit um den letztjährigen Tropfen der Deutschen Weinentdeckungsgesellschaft bestellt ist. Den nahm ich zum Anlass, den ohnehin bereitstehenden Riesling ‚Neumond‘ einer erneuten Prüfung zu unterziehen. Mein Fazit: Er entwickelt sich ähnlich wie andere gehaltvolle Rieslinge aus dem Jahrgang. Man kann ihn jetzt trinken, sollte ihn aber nicht zu lang belüften. Meine Empfehlung für alle, die jetzt einen Neumond aufziehen wollen, lautet nach drei Tagen der Beobachtung: gut kühlen, Korken raus und frisch eingeschenkt. Ein erstes Glas zum schwelgen, ein zweites Glas zum diskutieren – mehrere Mittrinker sind von Vorteil. Seinen Höhepunkt hat der Riesling aber noch lange nicht erreicht.
K. P. Keller (und Deutsche Wein-Entdeckungs-Gesellschaft), Riesling QbA ‚Neumond‘, 2009 (kein Jahrgang auf dem Etikett), Rheinhessen. In der Nase ist der Wein schwelgerisch und opulent, mit klassischen Rieslingaromen wie Aprikose und Aloe Vera, er zeigt aber auch eine feine Kräuterwürze mit Minze und Rosmarin. Am Gaumen ist der Neumond ebenfalls wuchtig mit Aprikose und Grapefruit, ordentlicher Säure aber auch einer gehörigen Portion Süße, dazu ist er ausgesprochen mineralisch und kommt mit einigen animierenden Gerbstoffen daher. Das ergibt einen reuelosen Genuss. Nach ungefähr 45 Minuten ändert sich das Bild: der Wein wird etwas kompakter, die Nase ist nicht mehr so üppig, am Gaumen wird er fester, mit weniger Frucht und dominanter Mineralik. Er schmeckt jetzt deutlich trockener – ein Wein zum Sinnieren. So bleibt er auch am zweiten Tag. Der Abgang ist zu jedem Zeitpunkt außerordentlich lang.
Der Neumond ist ein hervorragender Wein auf dem Niveau eines gelungenen ‚Grossen Gewächses‘ aus dem tollen Jahr 2009. Ich denke er wird sich auch analog diesen Entwickeln.
Prickelnde Weltreise
Ich bin manchmal etwas bemüht nonkonformistisch und tue Dinge bloß deswegen nicht, weil alle anderen es gerade tun. Das ist ziemlich albern, denn die rennen ja ins Kino (kaufen ein Buch, eine CD) weil das Dargebotene besonders gut ist. Meist bringe ich mich also lediglich selbst um ein Vergnügen. Mit zehn Jahren Verspätung stelle ich dann fest, dass ‚Nevermind‘ epochal ist und unbedingt in meine CD-Sammlung gehört, dass ‚Das Parfüm‘ wirklich lesenswert und Titanic tatsächlich großes Unterhaltungskino ist. Beim Wein habe ich auch solche Anwandlungen. Aber ich arbeite an mir. Dieser Tage bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es an der Zeit ist, sich mal wieder der Mehrheit zu ergeben. Ich gebe mit Demut zu: Das Sekthaus Raumland ist tatsächlich eine Klasse für sich und unbestritten Deutschlands Sekterzeuger Nummer 1.
Raumland, Cuvée Katharina, Brut, degorgiert 01/2010, Rheinhessen. In der Nase Birne, Melone und Hefe. Am Gaumen cremig mit mittelfeiner Perlage, angenehmen Spiel von Süße und Säure, viel Frucht: Birne, Melone, Pfirsich, Anananas – der Wein ist wunderbar fruchtig, leicht süßlich und klingt mineralisch aus. Der Alkohol von 12,5% ist unauffällig. Hervorragender Sekt.
Bei Champagner ist die Sache etwas leichter. Ich habe kaum Ahnung davon, verlasse mich also gerne auf andere. Zum Glück habe ich ein paar Freaks im Bekanntenkreis, die mich mit Geheimtipps versorgen. Mit denen habe ich vor Jahren nach einer Probe einiger seltener und in Deutschland nicht erhältlicher Weine in einer Hauruck-Aktion eine ganze Euro-Palette Barnaut-Blubber nach Deutschland importiert – wenn das nicht nonkonformistisch ist. So langsam gehen meine Vorräte zur Neige und es ist an der Zeit, eine Verkostungsnotiz anzufertigen.
Barnaut, Grand Cru á Bouzy, Millésime brut, 1999, Champagne. In der Nase nur wenig Brioche, stattdessen ein herrlicher, durchdringender Bratapfelgeruch. Da denkt man sofort an Weihnachten. Trotz des relativen Alters ist die Nase noch frisch. Am Gaumen setzt sich dieses Spiel fort, der Champagner schmeckt auch zu einem erheblichen Teil nach Bratapfel, dazu eine resche Säure, sehr feine Perlage und deutliche Mineralik. Der Abgang ist sehr lang. Ein großartiger Champagner, der zwar süffig aber auch straff, mineralisch und nicht zu cremig ist.
Apropos süffig: das ist ein Begriff, der von vielen zu Recht als sinnfrei und für eine Weinbeschreibung ungeeignet erachtet wird. Ich habe früher schon mal ausgeführt, dass solche Attribute meiner Meinung nach mehr über den Gemütszustand des Verkosters als über das Objekt der Begutachtung aussagen. Die Ausnahme stellt für mich Sekt/Champagner dar. Der sollte süffig sein, denn meist trinke ich ihn in größerer Runde mit Menschen, die nicht alle weinverrückt sind. Die wenigen Prickler, die nicht süffig waren – Dosage Zero Tropfen aus Frankreich, Sekte vom achtjährigen Hefelager und dergleichen – fand ich interessant aber nicht massenkompatibel. Das probiere ich gerne mal, bevorraten muss ich mich damit nicht. Zu diesen Einmal-Erfahrungen gehörte auch d’Arenbergs roter Sekt vom Syrah, meine bisher einzige Erfahrung mit Sekt aus Down Under. Diese Woche kam eine zweite dazu. Ob des niedrigen Alkohols und der exotischen Herkunft, musste der Nonkonformist in mir gleich ein paar Flaschen bunkern.
Banrock Station, Sparkling Chardonnay Pinot Noir Reserve, o.J., Southeastern Australia. In der Nase Birne, Pfirsich, Himbeere und nur wenig Hefe. Am Gaumen ist der Sekt cremig mit eher mauer Perlage (der einzige Makel), relativ trocken und mit milder Säure. Schöne Frucht von Pfirsich und Erdbeere machen den Wein leicht und süffig. Erstaunliche 12% Alkohol wiedersprechen dem Klischee, aus Australien kämen nur Alkoholbomben. Ein süffiger Crowd Pleaser wie man in seinem Heimatland wohl sagen würde. Genau das richtige für ein Glas Begrüßungssekt bei höheren Temperaturen.