Domaine Dupré-Goujon

Beaujolais für Bodmann

Beaujolais und ich, das ist keine Liebesbeziehung. Ich mag Weine aus der Rebsorte Gamay eigentlich nur, wenn sie wie Pinot schmecken. Eigentlich, denn jetzt sind mir welche begegnet, die mich eigenständig überzeugten. Die Sache hat allerdings einen Haken …

Ich habe es schon öfter geschrieben: Mich erinnert vor allem die Aromatik, aber auch die Textur von Weinen aus der Rebsorte Gamay an eine Mischung aus Yogurette-Schokolade und Katjes Yoghurt-Gums – zwei Süßigkeiten, denen ich ohne Probleme widerstehen kann. Das kriegen andere Weine zwar auch hin, dort ist es nur meist abhängig vom Verlauf des biologischen Säureabbaus, mithin eine Folge der Anwesenheit von Diacetyl. Ich denke (von Wissen kann keine Rede sein), dass es sich beim laktischen Ton im Gamay (und im Dornfelder, Kadarka und wenigen weiteren Rebsorten) um etwas anderes handelt. Unabhängig davon begegnen mir immer wieder Gamays, die dieses Problem nicht bei mir auslösen. Die erinnern mich oft an Pinot. Wenn ich also sage: Ich mag keinen Gamay, dann ist das die Kurzform von: Ich mag Gamay nur, wenn er nicht wie Gamay schmeckt.

Guillaume Goujon
Der Winzer und der Bodmann

Nun war ich (semi-privat in Begleitung der werten Gemahlin) zum Abendessen bei Christian von Suff eingeladen. Der begrüßte am Vorabend der Berliner RAW-Weinmessse einen Neuzugang im Portfolio der Weinhandlung: Guillaume Goujon von der Domaine Dupré-Goujon brachte seine Weine mit, Christians Frau kochte auf höchstem Niveau und die eingeladene Mischung aus Suff-Mitarbeitern und beruflichen Bekanntschaften fühlte sich in erster Linie wohl. Wie auch beim Bötchen fahren und anderen Veranstaltungen von Suff geht es immer erst mal um eine schöne Zeit. Wenn dann Berichterstattung oder Geschäft daraus entsteht, ist das ein willkommener Nebeneffekt. Ich berichte hier weniger aus Dankbarkeit für die freundliche Einladung als vielmehr, weil mir ein paar langjährige Freunde und Leser einfallen (Hallo Ole!), die nach Lektüre sagen werden: Bodmann und Beaujolais, dass ich das noch erleben darf! Ich spare mir also die Entstehungsgeschichte der Domain, die im ungezwungenen Rahmen auch gar nicht formell vorgestellt wurde. Die Webseite von Suff weiß da mehr als ich. Reden wir lieber über Speis und Trank.

Weiß und Rot – gleichermaßen besonders

La Démarrante 2023, Beaujolais AOC. Ein ‚Démarrante‘ ist der Wein, zu dem man überredet wird, wenn man eigentlich aufbrechen will, erklärte Guillaume. Ein hiesiger Winzer schriebe also wohl ‚Einer geht noch …‘ aufs Etikett (was meines Wissens bisher keiner gemacht hat, was ich aber einen schönen Schoppentitel nennen würde, exportorientierte Erzeuger wichen auf ‚One for the road‘ aus). Das ist Saft mit Alkohol (denke ich, sagen tut es der Winzer) und zwar extrem leckerer Saft. Rotfruchtig, kaum Tannin, höchstens Spuren von Milchcreme. Zur Nuss-Maronen-Paté passt der leichte (12 Prozent Alkohol) Wein ganz wunderbar.

La 6.3.1. 2021, Cote de Brouilly. Der komplizierte Name spielt an auf die Zusammensetzung dieser Lagencuvée im Verhältnis 60/30/10. Ich füge ein Bild der Rückenetiketten hier ein, die sind bei Gillaume recht informativ. 20 Prozent Holz und 80 Beton, nach zwölf Monaten Assemblage der Partien und Ausbau der Cuvée für weitere 12 Monate im Beton. Leicht animalische, ganz erwachsene Rotweinnase mit etwas Himbeere, leicht erdig, ähnlich am Gaumen, insgesamt eine schöne Mischung aus Frohsinn und Anspruch und ein sehr guter Begleiter eines Tatars von Roter Beete mit Topinambur und Meerrettich. Mit 13,5 % Alkohol hat er auch die nötige Kraft für das würzig-erdige Gericht.

Rückenetiketten Beaujolais

Zum Wolfsbarsch mit Lauch und Safran musste Weißwein her, was Guillaume nicht vor Probleme stellt, gehört sein Beaujolais Villages blanc doch zu den Stars des Gebiets. Les Clos des Muriers 2022 glänzt mit zurückhaltendem Holzeinsatz: 30 Prozent liegen ein Jahr in Fässern in 2. bis 5. Belegung, der Rest im Beton. Spontangärung, unfiltriert, 20 Milligramm zugesetzter Schwefel, sonst nichts. Ein Naturwein (so steht es auf dem Etikett), der aber keines der gängigen Klischees bedient. 20.000 Flaschen gibt es davon, aufgrund der weltweit starken Nachfrage beträgt die Suff-Allokation nur 400 davon. Sehr süße Chardonnaynase, am Gaumen leicht ölige Textur und viel süße Frucht. Die Wärme des Jahrgangs schlägt voll durch, wird aber zum Abgang hin von schönem Gerbstoff aufgefrischt. 13 Prozent Alkohol bringen die Wucht zum Brummen, was hier zum Essen wunderbar passt. Möchte ich mal aus kühlerem Jahr trinken, denn mit etwas mehr Eleganz kann ich mir gut vorstellen, warum der Wein so hoch geachtet ist.

Zu einer Berliner Interpretation von Birnen, Bohnen und Speck mit Lammkarree wechselten wir zurück zu Rot. Der Brulhie 2021 Cote de Brouilly war dann der eine Wein des Abends, der meine Klischees bediente, auch wenn mit Luft eine Straffung einsetzte, knackige Kirsche auftauchte und die schöne Säure zur Geltung kam, waren die Assoziationen von Erdbeeren und Joghurt nicht ganz zu vertreiben. Ein objektiv hochwertiger Wein, aber nicht so richtig mein Ding. Wie zur Entschädigung kam zum Abschluss dann der Wein, den ich immer gesucht habe: ein Beaujolais, der nicht wie Pinot schmeckt, mich aber trotzdem begeistert. Der ganz wunderbare Le Pavé 2021, Cote de Brouilly war ein sehr animalischer, dichter und würziger Wein mit kräftiger Frucht und feinem Tanningerüst. Der dritte Beaujolais des Abends nach meinem Geschmack, ohne jede Ähnlichkeit mit Pinot. Der einzige Haken an der Sache ist, dass ich selbst mit ganz viel Zeit zum Nachdenken in der Blindverkostung vermutlich nicht den Tipp ‚Vielleicht ist das Gamay?‘ abgeben würde. Man kann nicht alles haben.

2 Gedanken zu „Beaujolais für Bodmann“

  1. Ich habe diese Argumentation, dass man kein Gamay braucht der wie Pinot schmeckt, nie verstanden. Das würde 1. bedeuten dass man den Pinot bzw. den Gamay zweifellos in einer Blindprobe erkennt und 2. dass man eine Flasche Wein nicht ohne die Rebsorte als Kontext trinken soll. Es ist doch anders: Wenn Wein gut ist, ist er gut. Egal ob da jetzt Gamay oder Pinot drin ist. Und wenn jemand denkt es ist Pinot und nicht Gamay, dann ist das sein Problem 🙂

    1. Hundert Prozent bei Dir. Halte das auch für eine alberne These. Habe die aber auch noch nie gehört. Oder hast Du mich so verstanden? Dann habe ich mich vielleicht umständlich ausgedrückt. Ich finde, man darf von einer Rebsorte sagen, dass man sie nicht mag, wenn man ihren ‚Signature-Geschmack‘ nicht mag. Wenn einem dann andere Geschmacksbilder von der Rebsorte begegnen, die man mag, muss man sich nicht unbedingt revidieren. Wer was braucht, entscheidet hoffentlich sowieso jeder für sich selbst. Sollte ich das je für Dich entscheiden, dann erschieß mich.

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