Gewinner BerlinGutsrieslingCup

Berlin Gutsriesling Cup 2015/16

Gestern fand der Berlin Gutsriesling Cup 2016 statt, also der für die Weine des Jahrgang 2015. Meine erste Juryteilnahme für den Jahrgang 2013 war purer Masochismus, die 2014er besser, aber immer noch harte Arbeit. Prima, dachte ich mir, dieses Jahr wird dann ja wohl trotz der großen Zahl von 45 zu testenden Weinen ein Honigschlecken, aber das Leben ist kein Ponyhof. 

Ich will es nicht künstlich spannend machen: gewonnen hat das Weingut Karl Schaefer, gefolgt von den Weingütern Jülg und Rings. Jülg war auch einer meiner persönlichen Favoriten, Schäfer einer meiner zweitplatzierten und Rings noch wohlgelitten, wenngleich ich mir den eine Spur poppiger gewünscht hätte: Es ging schließlich um Gutswein und der Rings ist da fast ein bisschen zu ernsthaft (was absurderweise dazu führen könnte, dass ich mir den eher kaufen würde als den Sieger, vielleicht kriegen Sie jetzt eine Vorstellung, warum Juryarbeit eben nicht bedeutet, dass man ein paar Weine schlürft und dem den Lorbeer umhängt, den man am leckersten findet). Ich fand also quasi, dass der Jülg genau die Mischung aus Rings und Schäfer war, die den perfekten Gutswein ausmacht, aber das ist meine Einzelmeinung, die nicht fundierter ist als das Juryergebnis, sondern für diejenigen gemeint, die dieses Blog schon länger lesen und meinen persönlichen Geschmack regelmäßig gegen ihren eigenen matchen. Und weil wir gerade dabei sind: Beachtlich finde ich den 10. Platz für Ahmet Yildirims Wein in diesem illustren Feld.

Berlin Gutsriesling Cup 2016 – Schäfer gewinnt

Der Vorsprung von Schäfer war nicht so deutlich wie der des letztjährigen Siegers, aber immer noch statistisch signifikant fast ein ganzer Punkt im 100er-System. Ich habe drei mal 88 als Höchstnote vergeben. Zum Jülg notierte ich mir: aromatisch (für einen Gutsriesling) erstaunlich vielschichtig mit Apfel, Grapefruit, Zitrus und Pistazie, knackige Säure, frisch, auf den Punkt! Zu meinem zweiten persönlichen Favoriten, dem ‚Von Unserm‘ von Ress steht auf meinem Zettel: sehr klar, feine Säure, gefühlt kein Restzucker, nicht zu komplex, aber schöne Balance aus Frucht und Säure mit dezenter Würze und sogar etwas Mineralik, macht richtig Spaß. Mein dritter Liebling war der Riesling von Wageck, der extrem polarisierte, weil die Nase (pardon my French) einfach Scheiße war, was hier nicht nur als Kraftausdruck, sondern auch als Beschreibung gemeint ist. Am Gaumen fand ich den Wein dann saftig, mit wunderbarer Säure, erstaunlicher Komplexität und ausgeprägter Mineralik. Mit einer zivilisierten Nase hätte der gewinnen können, wobei ich bitte, das nicht als Kritik an den Mitjuroren zu verstehen, die dem Wein diesen Stinker nicht haben durchgehen lassen. Die Mehrzahl der deutschen Weintrinker dürften diesen Duft auch für inakzeptabel halten. Die Platzierungen meiner Favoriten zeigen im Zweifel, dass ich gestern nicht besonders gut darin war, meine persönlichen Vorlieben auszublenden.

Favoriten Berlin Gutsriesling CupAber das für mich wichtigste Ergebnis war: Das war harte Arbeit. 45 Weine standen auf dem Prüfstand und etliche waren schwach, manche sogar grausam. 83,75 Punkte habe ich im Schnitt vergeben und war damit nur der drittstrengste von 11 Juroren. Gerade mal ein Juror kam auf einen Punkteschnitt von 85, alle anderen blieben drunter. Unter den 495 Einzelwertungen fanden sich nur zwei mal 90 Punkte, nichts darüber, aber 34 Wertungen in den 70ern (von 10 verschiedenen Juroren). 15 Weine blieben im Ergebnis unter 84 Punkten. Problemkind Nummer 1 ist die Säure. Einige Weine haben viel zu wenig, was vielleicht bei einem insgesamt heißen Jahr zu erwarten wäre. Etliche Weine haben aber auch viel zu viel. Das Wort ‚Batteriesäure‘ als Weinbeschreibung fiel gestern wohl ein Dutzend mal am Tisch. 45 Weine reichen nicht aus, um ein abschließendes Urteil zu bilden, wohl aber um eine gewisse Ernüchterung zu verspüren.

Am Ende saßen wir da und rätselten: entweder der Jahrgang 2015 ist nicht annähernd so gut, wie der Großteil der deutschen Winzerschaft derzeit verbreitet, oder eine erschreckend große Anzahl Spitzenwinzer nimmt das Thema Gutswein mittlerweile auf die leichte Schulter. Beides ist mir eine gruselige Vorstellung, weswegen ich für alternative Erklärungsansätze dankbar bin. Sie wissen ja, wo das Kommentarfeld ist.

Das Jury-Ergebnis im Überblick:

Wein

Punkte

Karl Schaefer

88

Jülg

87

Rings

87

Keller PdP Edition

87

Langwerth von Simmern

86

Laible

86

Adam

86

Johannisberg

86

Huff

86

Y-Sommelier

85

Weegmüller Literriesling

85

Wagner-Stempel

85

Koenen „Wirewalker“

85

Siener

85

Maximin Grünhäuser

85

Emrich Schönleber

85

J. Baptist Schaefer

85

Wageck

85

Schwedhelm

85

Battenfeld-Spanier

85

Bunn „Fleißges Lieschen“

85

Gold

85

Knebel

85

Brand

85

Gabel

85

Wittmann

85

Michel

84

Künstler

84

Schäfer-Fröhlich

84

Diel

84

Kühling-Gillot

83

Fußer

83

Bürklin-Wolf

83

Toni Jost

83

Walter

83

Ress

83

Gunderloch

83

Rebholz

83

K.H. Schneider

82

Zilliken

82

Werther-Windisch

82

von Buhl

81

Knewitz

81

St. Antony Rotschiefer

81

Schätzel

80

Mehr Informationen zu den Ergebnissen gibt es hier.

Falsches Jahr? Hier sind die anderen Berichte
Berlin Gutsriesling Cup 13/14
Berlin Gutsriesling Cup 14/15

4 Gedanken zu „Berlin Gutsriesling Cup 2015/16“

  1. Wer sind „die besten“ und wer sind „die normalen“? Im Gutsrieslingcup dieses Jahres waren die Weine um 0,6 besser als im Gutsrieslingcup des letzten Jahres – bei unveränderten Kriterien für die Selektion der Weine. Das ist deutlich weniger, als ich nach dem Gewese, das um den Jahrgang 2015 gemacht wurde, erwartet hatte. Und ich selbst habe auch diesen Vorsprung auch gar nicht gesehen. Für mich – und wahrscheinlich für viele andere auch – sind die besten 2015er etwa dort, wo auch die besten 2014er waren. Und die besten 2015er sind – wie in jedem Jahr – deutlich besser als der Erwartungswert der „normalen“. Mein Fazit: 2015 ist in meiner Wahrnehmung bei den Gutsrieslingen ein ganz normales Jahr, nicht besser und nicht schlechter und auch mit der normalen Varianz, die wir aus den letzten Jahren kennen.

    1. Also ‚die besten‘ sind die A.J. Adams und Battenfeld-Spaniers, die da teilgenommen haben, ‚die normalen‘ sind die Steinbach-Leyendecker-Erbens, die da nicht teilgenommen haben. Und ich erwarte, dass die Weine von ersteren besser sind als die von den letzteren. Dieser Erwartungswert in Punkten liegt irgendwo deutlich nördlich von 85 Punkten, die für mich – und wahrscheinlich viele andere auch – die Durchschnittsnote von durchschnittlichen Gutsrieslingen sind. Ich lag recht weit darunter, Du noch viel weiter. Ich halte das für enttäuschend, Du findest das ganz normal. Das ist doch völlig okay.

  2. Nach ersten Erfahrungen mit wenigen Gutsrieslingen in den letzten Wochen war ich vom Gesamtergebnis des diesjährigen Gutsrieslingcups wenig überrascht: Zumindest im Gutsweinbereich ist 2015 ein Jahr wie viele andere auch mit einigen wenigen Weinen, die schon ins nächsthöhere Marktsegment hineinragen, einigen sehr gelungenen, vielen ordentlichen und ein paar schwachen Weinen. Die Durchschnittswertung war mit 84,15 um ca. 0,6 höher als im letzten Jahr. Ob das signifikant ist oder ob es daran liegt, dass – auch wegen leicht geänderter Zusammensetzung der Runde – auf anderen Skalen gewertet wurde, ist schwer zu sagen. Wenn es an den Weinen liegt, dann ist die Ursache in der breiteren Spitze zu sehen. In diesem Jahr erreichte ein Drittel der Weine 85 oder mehr Punkte, im Vorjahr waren es weniger als 20%.

    Meine Favoriten waren Laible, Adam und Rings, alle mit schöner Mineralität, nicht zu viel Primärfrucht und fester, aber nicht spitzer Säure.

    Übrigens halte ich Wertungen, die bei Gutsweinen um 84 Punkte streuen, für keineswegs problematisch. Wir sind nicht Falstaff, und bei den meisten von uns sind 85 oder 86 Punkte für einem Gutsriesling ein Signal guter Qualität.

    1. Wie schon auf Facebook geschrieben: Wenn der Durchschnitt der besten aus einem angeblich sehr gutem Jahr nur den Erwartungswert der normalen aus einem regulären Jahr trifft, dann bleibt das Ergebnis hinter den Erwartungen zurück. Ob Du das problematisch findest, hängt ja nur von deinenn eigenen Erwartungen ab. Ich bin da offensichtlich fordernder als Du.

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