Nach dem Cup ist vor dem Cup. Nur fünf Tage nach dem Berlin Gutsriesling Cup saß ich wieder beim Berliner Weinfreund Martin Zwick um gemeinsam mit Weinbloggern, -händlern und -liebhabern über Weine zu urteilen, diesmal beim Berlin Kabinett Cup.
Der fruchtsüße Kabinett ist ein zu selten besungener Wein. Er kehrt das Beste im Riesling hervor: seine Fruchtigkeit und seine Fähigkeit hohe Säure mit vergleichsweise viel Zucker so zu vermählen, dass der Wein auf der Zunge tanzt anstatt zu kleben. Entsprechend groß war meine Vorfreude. Außerdem hatte mich der Gutsriesling-Cup ein wenig ratlos zurückgelassen, was die Einschätzung der Jahrgangsqualität 2014 angeht – weiterer Input war mir hochwillkommen.
Der Berlin Kabinett Cup ist eine Blindverkostung. 38 Weine galt es zu verkosten und der Parcours begann mit einer Überraschung. Zwar erwartete ich einen leichten Reifevorsprung – die Trauben für den Gutsriesling werden schließlich meist als erstes geerntet, die für den Kabinett danach – doch die ersten 14 Weine verblüfften mich: so viel schöne Reife, gezügelte, manchmal sogar etwas zu wenig Säure, keine grünen Noten, in Gedanken marschierte 2014 stramm auf einen Jahrhundertjahrgang zu.
Doch das Blatt wendete sich. Im weiteren Verlauf hatten wir eine erstaunlich hohe Zahl merkwürdiger Weine im Glas, machten insgesamt sieben oder acht Konterflaschen auf (nur eine davon wegen erkennbarem Kork, der Rest aufgrund seltsamer sensorischer Eigenschaften). Doch die meisten Konterflaschen konnten nichts rausreißen: Ein Wein hatte untypische Alterungstöne (UTA), einer ziemlich unsauberes Holz, ein ziemlich misslungener Biologischer Säureabbau (BSA) zerlegte einen anderen und etliche hatten dann doch ein kleines Reifeproblem. Die Quote der Weine, die ich problematisch fand, näherte sich der des Gutsriesling-Cups an.
Berlin Kabinett Cup – das Ergebnis
Die Wertung des Berlin Kabinett Cup ist nicht unbedingt mit der des Berlin Gutsriesling Cups zu vergleichen, da die Jury nicht die gleiche war. Erschwerend kommt bei den Kabinetten dazu, dass manche Juroren (so auch ich) eine Prädikatstypizität verlangen. Mindestens bei drei Weinen habe ich mir notiert, dass ich sie als Wein an sich sehr schön, als fruchtsüßen Kabinett aber viel zu schwer finde. Solcherlei Eindrücke führen bei manchen Juroren zu Punktabzug, bei anderen nicht.
Bei der Auflösung erlebte ich dann ein Aha-Erlebnis. Die ersten Weine im Feld waren die Nicht-Moselaner. Da die Mosel traditionell zwei Drittel der Weine stellt, weil dieser Weintyp vor allem dort zuhause ist, hatten wir die Weine aus dem Rheingau, von der Nahe und aus Rheinhessen als erste bekommen (ganz am Ende des Feldes kamen noch zwei nachnominierte Rheinhessen). Und ein anwesender Moselwinzer konnte uns aufklären. An der Mosel haben 2014 diverse Wetterereignisse dafür gesorgt, dass die Lese in ungefähr einer Woche eingebracht werden musste. Gerade größere Betriebe hatten Schwierigkeiten ihre Lesemannschaft kurzfristig zu verdoppeln. Manchmal mussten die Winzer sich entscheiden, ob sie die Zeit jetzt mit Traubenselektion oder Ernte verbringen wollten und so kam auch manch Lesegut auf die Kelter, das vom optimalen Zustand weit entfernt war. Das schmeckt man häufig.
So hatten wir in den Top-5 der Wertung gleich zwei Weine, die nicht aus dem Gebiet Mosel stammen und die hintersten Plätze machten fast ausnahmslos große Namen aus dem selben Gebiet untereinander aus. Für mich bleibt ein positives Fazit zu ziehen. Ob des guten Eindrucks der Weine aus anderen Gebieten erwarte ich bei den Spitzenweinen etliches zu sehen, was Rasse und Reife vereint. Auch an der Mosel kommen sicher noch großartige Weine – wenngleich die dieses Jahr etwas seltener sein könnten.
Die Wertung im Überblick:
Weiser-Künstler Ellergrub
Grünhäuser Herrenberg
Willi Schaefer Himmelreich
Die ersten drei Weine trennten jeweils nur 0,1 Punkte, was im Kontext einer Jury-Verkostung quasi als Gleichstand anzusehen ist.
Gunderloch Jeam Baptiste
Schäfer-Fröhlich Felseneck
JB Schäfer Pittermännchen
Julian Haart Ohligsberg
A.J. Adam Hofberg
Schloss Lieser Wehlener Sonnenuhr
R.Haart Goldtröpfchen
Schloss Lieser Juffer
von Hövel Hütte Vollmondwein
Diel Pittermännchen
von Hövel Oberemmler Hütte
Julian Haart Goldtröpfchen
Grünhäuser Abtsberg
Zilliken Rausch
Diel Goldloch
von Kesselstatt Domprobst feinherb
Meierer Kesten
Peter Lauer Kupp Fass Nr. 5
Dönnhoff Leistenberg
Zilliken Bockstein
Karthäuserhof Karthäuserhofberg
Dr. Loosen Erdener Treppchen
Robert Weil
St. Urbans-Hof Bockstein
Schätzel Nierstein
Schloss Johannisberg Rotlack
Wagner Stempel Siefersheim
MF Richter Wehlener Sonnenuhr
Willi Schaefer Domprobst
Werther Windisch
Fritz Haag Brauneberger
St. Urbans-Hof Goldtröpfchen
Max Ferd. Richter Elisenberger
von Hövel Scharzhofberger
von Kesselstatt Scharzhofberger
Und hier finden sich Kollege Michael Quentels Eindrücke von der Veranstaltung.