In etwas mehr als einer Woche ist es wieder Zeit für das Vinocamp. Zum dritten Mal treffen sich Menschen, die sich für Wein privat oder beruflich begeistern und die diese Begeisterung miteinander über die ,sozialen Medien‘ wie Blogs, Twitter, Facebook und so altmodische Einrichtungen wie Weinforen teilen. Zum zweiten Mal werde ich teilnehmen und da noch einige wenige Plätze frei sind, will ich die Werbetrommel rühren.
Was ein Barcamp ist, habe ich schon in der Rückschau zum letzten Camp beschrieben. Ob es noch eine zeitgemäße Organisationsform ist, ziehen die ersten in Zweifel, für einen dritten Durchgang wird es allemal gut sein. Die Themen, die es am 29. und 30.6. in der Fachhochschule Geisenheim auf die Agenda schaffen, werden so bunt wie die Teilnehmerschar. Wo Blogger auf Winzer treffen und sich Händler, PR-Manager und Verbandsfunktionäre dazu gesellen, besteht die Gefahr, dass alle auf einmal und fröhlich aneinander vorbei reden. Das Barcamp mit seinen ,Sessions‘ genannten Untergruppen stellt ein gutes Werkzeug zur Strukturierung zur Verfügung.
Viel wichtiger als die Ergebnisse einzelner Sessions ist meiner Meinung nach die Botschaft, die vom Camp insgesamt ausgeht. Die sozialen Medien sind für Wein ähnlich revolutionär wie für das Theater die ersten Inszenierungen, die Spiel und Handlung in den Zuschauerraum verlagerten, Logen mit einbezogen, dem Publikum den Eindruck vermittelten: ,Ich bin ein Teil der Aufführung‘. Dass bei diesem Paradigmenwechsel mal was schief geht, Amateure vorlaut werden oder die Einladung zur Teilhabe mit der Beförderung auf den Regiestuhl verwechseln, kritisieren nur die Protagonisten der alten Schule, die gerne auch heute noch als Hamlet in historischem Kostüm auf der Bühne stehen, mit dem Schädel in der Hand ,Wein oder nicht Wein‘ murmeln und dem Publikum die Tradition in den dunklen Saal schleudern wollen, um am Ende Ovationen entgegenzunehmen und Interaktion zu verweigern. Es sind erstaunlich viele ältere Winzer unter diesen Verweigerern, während die Medienschaffenden immer zahlreicher die neuen Umstände umarmen.
Neben der Vermengung von Profis und Laien, Produzenten und Konsumenten, Händlern und Kunden gefällt mir die Tatsache, dass man beim Vinocamp auch Menschen trifft, die Wein nur am Rande zum Thema haben: Foodblogger, Whiskeyfans und andere Genussmenschen. Von denen kann man einiges Lernen. Das hebt die Lebensqualität. Beispiel gefällig?
Bis vor kurzem war Pfeffer für mich etwas getrocknetes, das aus der Tüte kommt: Schwarz, bunt und seltener weiß – in Ausnahmen auch mal feucht und grün. Dass man aus Pfeffer eine Wissenschaft machen kann, war mir unbekannt. Und hätte es jemand erwähnt: linkes Ohr rein, rechtes Ohr raus. Dann traf ich auf dem Vinocamp Ehepaar Uhlenbusch, die Feinkosthändler. Und weil so ein netter Kontakt entstand, besuchten uns die Uhlenbuschs, als sie beruflich zur Grünen Woche mussten, im Gepäck ein Fresskorb und darin in Meersalz fermentierter ostasiatischer Pfeffer der Luxusklasse.
Eine Gebrauchsanweisung gab‘s mündlich dazu: Mit dem Messer fein hacken und nach dem Braten/Grillen über Fisch oder Fleisch geben. Ich habe es ausprobiert. Es ist unglaublich. Ich grille gern und viel und ich mariniere, beize, smoke, was das Zeug hält. Doch seit dem Besuch der Uhlenbuschs kommt immer auch ein ungewürztes Stückchen Fleisch auf den Grill. Das wird nur nach dem Garen gesalzen und mit frisch gehacktem, in Meersalz fermentierten Pfeffer bestreut. Geschmacksexplosion! Ich trinke dazu dann Spätburgunder. Diesen hier zum Beispiel.
R.&C. Schneider, Spätburgunder ,R‘, 2005, Baden. In der Nase Blut und Holz, nur wenig Frucht, etwas Lakritz. Am Gaumen sehnig, schlank, mit kräftiger Säure, reichlich Holz, feinem Tannin und schöner Mineralik, wieder nur wenig Frucht (Himbeere) rohem Fleisch und ziemlich viel Tiefgang. Der Abgang ist lang und harmonisch. Das ist ein feiner Wein, den man vermutlich ,burgundisch‘ nennen darf. Unter den vielen Schneider-Rotweinen, die ich schon trinken durfte, ist er nur durchschnitt, als Grill- und Pfefferbegleiter aber ein großes Vergnügen.
Das Vinocamp ist Bildungsurlaub mit interessanten Mitstreitern – immer auch für eine Anekdote gut. Es sind noch einige wenige Plätze frei: http://vinocamp-deutschland.net/