Geschwätziger Wein

Ich habe Wein getrunken, mit netten Menschen an einem schönen Ort. Nein, kein Bloggerprivileg, einfach ein Treffen unter Freunden in der Cordobar. Über die wird derzeit viel geschrieben, deswegen hier nur: nichts davon ist übertrieben. Mein Freund Michael war in der Stadt. Der ist Weinagent. Keine Spionage, er sorgt dafür, dass seine Klienten – internationale Weingüter – in Deutschland bei guten Händlern und in der besseren Gastronomie vertreten sind. Geschwätziger Wein weiterlesen

Wein vom trüben Wasser

Einen Tag nach dem Treffen mit den Geschwistern aus Franken bot sich mir ein absolutes Kontrastprogramm. Moët Hennessy Deutschland hatte mich eingeladen, im Rahmen eines Dinners im Berliner Restaurant ,The Grand‘ die aktuellen Weine der Cloudy Bay Winery zu trinken (Spucknäpfe waren keine da, was bei dem edlen Essen auch unangebracht gewesen wäre). Wein vom trüben Wasser weiterlesen

Der kälteste Weinberg Afrikas

Südafrika ist ein Weinland, dem ich mich seit Jahren widmen wollte, allein mir fehlte die Zeit. Ich war einmal dort und habe auch zwei Weingüter besucht, aber intensive Beschäftigung sieht anders aus. Nun hatte ich die Gelegenheit zwei ganze Tage Weine vom Kap zu probieren und ihre Macher zu interviewen. Ich war zu einer Fachmesse der Weinbauverbände von Südafrika, Chile und Argentinien in London eingeladen. Mein Fokus lag auf der Verkostung südafrikanischer Weine, da mir das vor der Reise vom südafrikanischen Verband zugesandte Material eine gute Vorbereitung ermöglichte – und eine solide Vorbereitung auch anhand des Südafrika-Weinführers ,Platter‘ erschien mir dringend erforderlich.

Die Bezeichnung der Weine Südafrikas ist erstaunlich uniform: viele Weingüter machen einen Sauvignon Blanc (=Stahltank), einen Sauvignon Blanc Reserve (=mit ein bisschen Holz), einen Chardonnay ,unoaked‘ (=Stahltank), ,Barrel Fermented‘ (Mischung aus altem und neuen Holz), ,Reserve‘ (=mehr Holz) und oben drüber einen ,Single Vineyard‘ (=richtig viel Holz). Ulkigerweise wird der Single Vineyard zwingend aus einer einzelnen Lage gelesen, der Name der Lage aber oft nicht erwähnt. Analog zum Chardonnay erscheint auch der Chenin Blanc in bis zu vier Variationen. Manche Weingüter machen dann noch eine weiße Cuvée aus den drei Rebsorten, die häufig einfach den Weingutsnamen mit dem Zusatz ,White‘ trägt. Dazu heißt jeder dritte Winzer Finlayson oder die Weingüter tragen Adjektive wie kleine oder groote im Namen. Erstmals konnte ich mir vorstellen, wie sich ein Ausländer beim Versuch die Mosel zu durchdringen vorkommen muss: Tausend Spätlesen aus irgendwelchen Sonnenuhren und die Winzer heißen entweder Thanisch (Witwe, Erben, Ludwig etc.) oder Prüm (J.J., Studert-, Christoffel-, S.A. etc.).

Chris Alheit: Ein Jungwinzer mit Vollenweider als Vorbild
Chris Alheit: Ein Jungwinzer mit Vollenweider als Vorbild

Dies war meine erste Weinmesse im Ausland und ich war gespannt, was mich erwarten würde. Beeindruckend war, dass die meisten Weingüter 10.000 Kilometer fern der Heimat durch ihre Gutsverwalter oder Kellermeister persönlich repräsentiert wurden (oft auch im Doppelpack). Da die Verkostung für Fachpublikum und nicht überlaufen war, konnte ich mich in Ruhe mit Menschen wie Ken Forrester vom gleichnamigen Weingut unterhalten, der mir einiges über Südafrika und seine Weinstile erzählen mochte. Spannend auch ein Gespräch mit Chris Alheit, einem jungen Winzer, der in seinem vor zwei Jahren gegründeten Weingut Erkenntnisse umsetzt, die er in seinem Jahr bei Daniel Vollenweider an der Mosel gesammelt hat. Es war überhaupt erfrischend zu erleben, wie etliche Winzer anfingen von der Mosel und ihren Rieslingen zu schwärmen, sobald sie hörten, dass ihr gegenüber aus Deutschland kam.

Eine Erkenntnis gewann ich schon nach wenigen Gesprächen: Winzerlatein ist auch für Südafrikaner keine Fremdsprache. Der meist gehörte Satz der Show war: ,unsere Weinberge sind besonders kühl‘ gefolgt von Erläuterungen, dass dies wahlweise der Frische, der Mineralik oder dem Säuregerüst zugute käme. Die Bemerkung kam so gebetsmühlenartig und wurde dermaßen betont, dass vor meinem geistigen Auge Legionen farbiger Erntehelfer in Rentierpullovern durch Stellenboschs Weingärten zogen. Dabei war ich selber schon einmal im Spätsommer vor Ort und konnte beobachten, wie die gnadenlose Sonne so manche Traube noch am Stock zu Marmelade verkocht.

Die Verkostung Dutzender Weine in kurzer Zeit ist eine Herausforderung, der ich mich mit gemischten Gefühlen stelle. Insbesondere die Weine aus der Sauvignon Blanc Traube im klassischen Neue-Welt-Stil mit aus dem Glas springenden Fruchtaromen, gepaart mit grün-grasiger-Frische schmecken für mich nach dem vierten Wein alle gleich. Auch der Chardonnay ,unoaked‘ bietet mir wenig Differenzierungsmöglichkeiten. Beim Holz haben die Südafrikaner keine Berührungsängste. Mein Bibergebiss kam bei den ,Reserves‘ vom Chardonnays und auch bei etlichen Chenin Blancs voll auf seine Kosten. Nicht selten ist das für zarter besaitete Gaumen aber deutlich zu viel Barrique.

The FMC: Spitzen-Chenin mit internationaler Fangemeinde
The FMC: Spitzen-Chenin mit internationaler Fangemeinde

Die spannendsten Weißweine der Show waren für mich allesamt Chenin Blancs. Diese Traube ist eine heimliche Liebe von mir, seit ich einmal einen gereiften Vouvray in Bestform erleben durfte. Chenin kann ganz trocken sein oder auch feinherb, mit gar keinem bis viel Holz, jung oder zehn Jahre gereift und – das kann er besser als der Riesling – er kann auch Holz und Restsüße miteinander kombinieren und dabei altern. Ein zehn Jahre alter halbtrockener Riesling mit 50% neuem Holz ist für mich eine Drohung, das Gleiche vom Chenin ist eine Offenbarung. Leider sind die Südafrikaner feige, was Restzucker angeht, die Weine sind fast alle sehr trocken. Einzig der bereits erwähnte Ken Forrester schenkte mir einen Wein mit 15 Gramm Restzucker und viel neuem Holz ein: Sein Premiumwein ,FMC‘ ist große Winzerkunst für einen, wie er mit breitem Grinsen zu Protokoll gibt, kleinen Käuferkreis. ,Wer ihn nicht versteht, der soll ihn nicht kaufen‘ lautet sein Credo.

Der trockene Chenin Blanc von Botanica ist für mich ein weiterer Ausnahmewein. 50% des Mostes sind im Stahltank ausgebaut und auf Klarheit und Frucht (ganz viel Limone) getrimmt, während die andere Hälfte in alten und neuen Fässern vergärt. Die Mischung ist nachher ein Best-of beider Weinstile, die so miteinander harmonieren, dass ich versucht war, die Probeflasche zu klauen.

Mit südafrikanischen Rotweinen tue ich mich schwerer. Pinotage erinnert mich zu sehr an Dornfelder, außer er kommt als so unglaublich guter Wein daher wie der Greywacke von Chamonix – die einen Teil der Trauben nach dem Ripasso-Verfahren ausbauen, weswegen der Wein auch nicht mehr sortentypisch schmeckt. Die mächtigen Höher-Schneller-Weiter-Bordeaux-Cuvées, die vor Kraft kaum laufen können, sind nichts für mich. Unglaublich elegant und im Alkohol vergleichsweise zurückhaltend sind hier die Weine von Vergelegen, auch Mullineux oder Tokara sah ich eher auf der eleganten Seite. Meine geliebten Spätburgunder gelingen in Teilen Südafrikas auch sehr gut, zum Beispiel im ,eiskalten‘ Elgin Tal, aus dem ich mit dem Rockview Ridge von Shannon Vineyards einen Vertreter mit nur 13% Alkohol und nobler Eleganz fand.

Vergelegen: Rot oder weiß, Eleganz auf breiter Front
Vergelegen: Rot oder weiß, Eleganz auf breiter Front

Experimentalweine, die Europa derzeit so beschäftigen, sind des Südafrikaners Sache nicht. Ein einziger ungeschwefelter Zurück-zu-den-Wurzeln-Wein schwappte mir ins Glas. ,Nudity‘ heißt der Syrah vielsagend und stammt von der Winery of Good Hope (aus deren Radford Dale Serie). Er vereint bei nur 13% Alkohol eine gewisse Wildheit mit viel Frucht und Eleganz. Die 1900 produzierten Flaschen reichen aber gerade einmal für den Inlandsbedarf und ein paar internationale Weinshows.

Das tolle an Südafrikas Weinszene ist, dass sie nur 500 Winzer zählt (auf einer Rebfläche von ähnlichem Ausmaß wie die Deutsche). Der Rest macht Fassweine. Da könnte man sich mit vertretbarem Aufwand zum Experten fortbilden, wenn die guten Winzer denn einen deutschen Importeur hätten. Doch leider ist genau dies das Problem: Die Hälfte der hier erwähnten Weine sind in Deutschland nicht erhältlich. What a shame!

Und hier geht es zum Bericht des mitgereisten Direttore Breitenfeld

Sommerweine vom Möbelhändler

Der Online-Möbelmarkt gilt gemeinhin als letzte Spielwiese, in der sich noch ein Milliardengeschäft etablieren lässt und so versuchen sich gleich mehrere Startups aus dem In- und Ausland daran das ,Amazon für Möbel‘ aufzubauen. Der Händler Westwing, der den Möbelmarkt mit einem brands4frands-ähnlichem Geschäftsmodell aufzurollen versucht, setzt zu eben jenem Zweck auf ein buntes Sortiment, das einen hippen Lifestyle suggerieren soll und neben Möbeln auch Gläser, Designer-Tischwäsche, Pfeffermühlen und gelegentlich sogar Wein umfasst.

Nun traue ich mir eine Menge Dinge zu, jedoch garantiert nicht, dass ich mir Wein auf der Lifestyle-Schiene andrehen lassen würde. Wenn doch nur nicht mein Schnäppchenreflex wäre… Denn zum Grundprinzip bei den meisten Aktions-Shoopingseiten gehört, dass alle Waren unter Normalpreis verkauft werden. Neulich gab es gleich drei Weine von Weingütern, deren Erzeugnisse ich seit langem mal (wieder) probieren wollte. Und weil eine wichtige Voraussetzung für Wachstum die Generierung von ausreichend Kundenadressen ist, werfen Anbieter wie Westwing mit Neukundengutscheinen um sich. So gab es die ursprünglich um einen Euro pro Flasche rabattierten Weine mit weiteren 15 Euro Neukundenrabatt sowie 8% Cashback über qipu (Der guten Ordnung halber: mit diesem Unternehmen bin ich wirtschaftlich verbunden) zu einem Gesamtpreis inklusive Porto der rund 35% unter Weingutspreis lag – und ich erlag der Versuchung.

Matrjoschka verpackt WeinEs gehört sich eigentlich nicht, jemanden, der mich so günstig mit Wein versorgt, dafür auch noch zu schelten, doch was ich einige Wochen später daheim vorfand, nachdem mein Möbeldealer seine Weine geliefert hatte, war eine Sünde. Offensichtlich hatte entweder der Logistiker oder die Winzer die Weine jeweils in Dreierpakete vorsortiert, für diese aber aus irgendeinem Grunde 6er-Versandkartons verwendet. Der Möbelhändler sah sich dann nicht nur außer Stande, diese Weine aus- und umzupacken, beispielsweise in einen 12er-Karton, er hatte auch noch jeden einzelnen Dreierpack in einen großen Möbelversandkarton gesteckt. Am Ende kamen Kartons mit einem Gesamtvolumen von fast einem Kubikmeter bei mir an um 9 Flaschen Wein zu überstellen. Nun denn: ich wollte eh nicht dauerhaft meine Weinbezugsquelle wechseln.

Und das war drin:

WillemsWillems, Weißburgunder, 2011, Mosel. Es ist lange her, dass ich Weine dieses Gutes getrunken habe und sie waren alle sehr gut. Deswegen war ich ganz gespannt auf die erste Begegnung seit vielleicht 5 Jahren. Ich mach es kurz: ordentlich aber nicht inspirierend. Weißburgunder kann leicht etwas ,ordinär‘ sein (ein Ausdruck meines Vaters, den ich mangels besserer Idee übernommen habe). Die Birnenfrucht ist dann eher Dosenbirne und klingt etwas pappig aus, die Nase ist (Achtung, wieder keine Weinsprache) käsig. Damit meine ich keinen Weinfehler, sondern einfach einen Mangel an Spannung und satter Frucht. Dieser Weißburgunder erschien mir so. Durchaus trinkbar aber für einen Snob wie mich nicht reizvoll genug um ihn lange zu studieren. Der Rest wurde verkocht, die übrigen zwei Flaschen sind den Schorletrinkern in meinem Freundeskreis reserviert. Geschmacksache.

Krebs, Hofmann, WillemsWillems
Mit schicken Etiketten fit für den Designermöbelshop

Krebs, Sauvignon Blanc, 2011, Pfalz. Ein Weingut, von dem ich viel gelesen aber noch nichts getrunken hatte – willkommene Gelegenheit dieses zu ändern. Der Sauvignon Blanc ist richtig gut, fast zu gut für mich. Diese ganz puristischen Interpretationen, die richtig schön kratzen, sind mir manchmal sehr angenehm, oft hab ich es aber eher mit den leicht weichgespülten, typisch deutschen Vertretern der Rebsorte. In der Nase Stachelbeere, Gras, Kräuter und Zitrus – extrem grasig. Am Gaumen ist der Weißwein schlank, mit kräftiger Säure, ziemlich trocken und mit reichlich Gerbstoff – er kratzt, was für einen Sauvignon Blanc ja ein gewisses Adelsprädikat ist. Dazu Zitrus, Kerbel, Estragon, etwas Mineralik – eine herbe Schönheit, die mir fast etwas zu herb ist, aber das ist Tagesform. An manchen Tagen habe ich den absoluten Mainstream-Geschmack (dann wäre der Krebs ein bisschen zu viel des Guten für mich) und an anderen suche ich eher das Besondere (dann sollte es ein Wein wie dieser Sauvignon Blanc sein).

Hofmann, Grüner Silvaner, 2011, Rheinhessen. Auch eine Begegnung nach längerer Pause; von Hofmann kenne ich nur den sehr guten Hundertgulden aus 2007. Der Silvaner  hat ob seiner Eigenart, mit Frucht zu geizen, das Potential sperrig zu sein. Dieser hier ist zwar in der Nase eher langweilig, am Gaumen aber ganz und gar nicht sperrig: cremig, milde Säure, grüner Apfel, Pflaume aber auch einfach Weintraube – viel Frucht und harmonische Fülle kleiden den Mund aus. Der Alkohol ist moderat (12,5%, wie bei den anderen beiden Weinen auch), der Abgang lang und fruchtig. Das ist ein sehr schöner Sommerwein für jeden Typ Weintrinker.

Lieblingskinder

Als ich im letzten Jahr aus beruflichen Gründen nach Südeuropa zog, musste ich einige liebe Gewohnheiten aufgeben, unter anderem die, den ersten Sommerabend jeden Jahres mit einem frischen Wein des aktuellen Jahrgangs zu verbringen, bevorzugt einem Sauvignon Blanc vom Weingut Knipser. Immerhin konnte ich auf Weine älterer Jahrgänge zurückgreifen, denn ich hatte einen Teil meines Kellers mitgenommen. Nun bin ich wieder in Deutschland beheimatet, leider jedoch abermals fern meines Weinkellers. Nur mit einem einzelnen Lagerschrank ausgerüstet, musste ich im Frühjahr eine Auswahl treffen, welche Weine mich auf den nächsten Umzug begleiten.

Zu sagen es sei gewesen, als verlange man von einem Vater zu entscheiden, welche seiner Kinder er lieber habe, mag zwar übertrieben sein, aber nur ein ganz bisschen (weil kein halbwegs monogamer Mann auf diese Anzahl Kinder kommt). Jetzt gilt das Prinzip, dass für jede Flasche Wein, die ich kaufen kann, erst eine aus dem Schrank getrunken sein muss. Das schont den Geldbeutel und sorgt dafür, dass getrunken wird, was allmählich dem Verfall entgegen reift. Sehr praktisch und zielführend – aber es macht nur halb so viel Spass.

Um im Bild zu bleiben: die Verbindung mit Mutter Knipser war definitv besonders fruchtbar. Ich habe etliches im Keller gefunden, was seinen Weg in den Schrank fand und auch allerlei älteres. Da ich zum Sommeranfang gerne Sauvignon und Burgundersorten entkorke, bevor im Verlauf des Jahres der Rieslinganteil immer höher wird, waren die vergangenen Wochen regelrechte Knipser-Festspiele.

Knipser, Sauvignon Blanc, 2007, Pfalz. In der Nase ganz unaufdringlich, es dominiert Cassis, dazu kommen ein paar Kräuter. Auch am Gaumen ist das ein unaufdringlicher, schmeichlerischer Wein mit cremigem Mundgefühl – ein crowd pleaser ohne Ecken und Kanten. Am dritten Tag zeigt er sich stark verändert, deutlich knackiger. In der Nase Stachelbeere, Kräuter aber auch Aprikose – könnte blind als Riesling durchgehen. Am Gaumen immer noch Cassis und eine eher milde Säure aber auch Zitrus, dazu wirkt der Wein furztrocken und auch etwas kratzig, wie man es von Sauvignon Blanc erwarten darf. Das wirkt insgesamt straff, der Abgang ist recht lang und schön. Wunderbarer Wein, der keinerlei Altersschwäche zeigt.

Knipser, Sauvignon Blanc, 2009, Pfalz. Verkehrte Welt aber der 2009er ist deutlich säurebetonter als der 2007er. Über den gefühlten Stilwechsel habe ich mich schon ausgelassen, deshalb nur so viel: ich finde den 2007er besser, womit ich mich mal wieder als Mainstream-Weintrinker oute. Die Nase ist klasse: Apfel, Grapefruit, Stachelbeere, Zitronenmelisse, Salbei und ein leichter Stinker von angeschlagenem Feuerstein. Am Gaumen aber ist der Wein von zu heftiger Säure geprägt: sehr schlank, Stachelbeere, Orange, ein bisschen kratzig. Dazu kommt ein Ton, den ich mal als Gemüsebrühe bezeichnen möchte. Der Abgang ist mittellang. Zweifellos ein guter Wein aber für mich nur zweiter Sieger.

Knipser, Grauburgunder Spätlese, 2007, Pfalz. In der Nase Aloe Verea, sehr blumig, süßlich und ein wenig nussig. Am Gaumen ist der Graunburgunder ein Schmeichler: ein bißchen süß, cremig, voll und weich mit sehr milder Säure und Apfel, Birne und Quitte. Auch am Gaumen kommt ein bisschen Haselnuss ins Spiel und ein wenig Holz. 13,5 % Alkohol spielen sich im sehr langen Abgang etwas in den Vordergrund. Am dritten Tag legt der Wein an Komplexität zu, wirkt dann rauchig und tief. Anfänglich fand ich ihn lecker aber simpel, mit reichlich Luft wird er zunehmend spannend.

Auslese Drei Stern 2002Knipser, Chardonnay trocken ***, 2002, Pfalz. Die Nase ist nicht mehr schön, etwas welk, sehr viel Sauerkraut, kaum noch Frucht, vielleicht ein bisschen Mandarine, etwas kräutrig und käsig. Am Gaumen ist der Wein aber noch recht intakt: Mandarine, Birne, Haselnuss, frische Säure, etwas Mineralik, viel Volumen und ein kräftiger Kuss vom Holz. Der Abgang ist lang und fein, der Alkohol von 13 % sehr ordentlich integriert. Am zweiten Tag macht der Chardonnay dann schlapp. Dies ist meine dritte oder vierte Flasche in den letzten vier Jahren und ich habe den interessanten Reifeverlauf eines manchmal großen Weines schmeckend begleiten dürfen. Dass die letzte Flasche den Höhepunkt knapp überschritten hat, kann ich verschmerzen.