Syrah ist das Thema der heutigen Weinrallye und ich will nicht verhehlen, dass meine Teilnahme dem Zufall geschuldet ist. Der Wein war eh gerade dran. Das trifft sich gut.
Der Umgang der Deutschen mit ihren Weinen treibt die Netzgemeinde um, seit Captain Cork ihn in einem Artikel thematisiert hat. Pauschale Aussagen über Völker finde ich problematisch, dazu habe ich zu viele Spanier getroffen, die gar nicht stolz waren, zu viele Engländer ohne Sommersprossen und zu viele Amerikaner mit Normalgewicht. Doch so ein paar herkunftsbedingte Macken sind nicht zu leugnen.
Stelle einem Deutschen ein Glas mit den Worten hin: ,Probier mal, das ist der beste Wein der Welt‘ – er wird den Rest des Abends damit verbringen, europäische Weine aufzulisten, die diesen Titel viel eher verdienen (und deutsche dabei peinlichst vermeiden, aber das ist heute nicht das Thema). Ein Franzose antwortete vermutlich (ohne vorher zu probieren): ,Danke, dass Du mir einen Wein aus meiner Heimat servierst‘ . Nur der Amerikaner (der normalgewichtige) würde antworten: ,Es ist eine Ehre, dass Du für mich den besten Wein der Welt aufmachst‘ – Respekt ist eine der Grundtugenden des kultivierten Teils der US-Bevölkerung. Die andere ist eine mit ,anything goes‘ ebenso vage wie zutreffend beschriebene Haltung. Also dächte mein amerikanischer Freund bei sich: ,Das kann ich auch‘. Tränken wir ein Fläschchen, würde er mir dieses auch mit gebührendem Respekt ins Gesicht sagen. Tränken wir drei, überredete er mich gar, das Projekt gemeinsam mit ihm anzugehen.
So oder ähnlich trug es sich wohl vor vielen Jahren zu, als Robert Mondavi, Ikone des US-Weinbaus, ein paar Pülleken Chateau Mouton Rothschild pichelte – nur dass nicht ich ihm diese servierte, sondern Baron Philippe de Rothschild himself. Das Ergebnis ist legendär. Die beiden taten sich zusammen und kreierten Opus One. Der Kalifornische Bordeaux-Blend gehört heute zu den großen Rotweinen der Welt.
Amerikaner glauben, dass man alles immer noch besser machen oder zumindest große Erfolge wiederholen kann. Also ergab es sich ein paar Jahre später, dass Mondavi das Rhone-Tal bereiste und die besten Syrah-Weine der Welt trank. Leider hatte er scheinbar niemanden, mit dem er drei Pülleken trinken konnte, denn als er zurück nach Kalifornien kam, gründete er zwar ein Weingut namens ,Io‘, welches künftig im Santa Barbara County einen Weltklasse-Syrah hervorbringen sollte, doch er tat dies alleine – und vielleicht deswegen mit nur mäßigem Erfolg. Der ,Io‘ landete alsbald in den Restekisten europäischer Weinhändler und wechselte für 30 Euro statt der erhofften höheren Beträge den Besitzer. Eine dieser Restflaschen hielt vor etlichen Jahren auch Einzug in meinen Keller.
Neulich hatte ich Besuch von einem Weinfreund mit Rotweinvorliebe und da bot sich die Gelegenheit, den ,Io‘ seiner Bestimmung zuzuführen. Ich servierte ihn blind und mein Gegenüber tippte zunächst auf einen gereiften Italiener. Mit dreißig Minuten Luft stellte sich dann echtes Südfrankreich-Feeling ein und wir waren überrascht. Ob der Vorgeschichte hatten wir höchstens Mittelmaß erwartet. Das Erlebnis war aber aller Ehren wert und für die tatsächlich bezahlten 30 Euro sogar ausgezeichnet.
Io (Robert Mondavi), Io Red Wine, 1999, Santa Barbara County, Kalifornien. Der Wein besteht zu 80% aus Syrah, 11% aus Grenache und 9% aus Mourvedre. In der Nase unmittelbar nach dem Öffnen kalifornische Fruchtbombe, dann gereifter Italiener und schließlich Rhonetal-Kuhstall mit Kirsche, Pflaume, Eukalyptus und Zedernholz. Am Gaumen hübsch fruchtig mit Kirsche und Brombeere, dazu Lakritz und Holz. Das Tannin ist sehr fein, der Wein sehr voll und der Alkohol (14,5%) macht ordentlich Dampf ohne zu übertreiben. Der Abgang ist ausserordentlich lang und yummie (um die kalifornische Variante von lecker ins Spiel zu bringen). Schnäppchen!