Seit einiger Zeit reift in mir ein gewisses Unbehagen. Ich entwickle ein Problem mit der Mineralik in Wein. Für die Webweinschule recherchierte ich dieser Tage noch einmal zum Thema und mein Unbehagen nahm konkretere Formen an. Dann schrieb Markus Budai einen Artikel über Mineralik bei Captain Cork, der eine Diskussion bei Facebook auslöste. Das war der endgültige Anlass, mich tiefer in Literatur und Internet zu stürzen um eigene Erkenntnisse zu erlangen. Lang ist die Ausführung geworden und trocken im Vergleich zu sonstigen Geschichtchen im Schnutentunker. Also präsentiere ich sie hier in zwei Teilen und warne schon vorher: komplizierter Stoff. Mineralik (1): Stein im Wein? weiterlesen
Kategorie: sonstige Weißweine
Alles, was nicht Riesling oder Sauvignon Blanc aber weiß ist
Weinentdeckungsgesellschaft: Liebesheirat
Der neue Entdeckerwein ist da. Carsten Henn veröffentlicht einmal im Jahr einen Wein, der neue Erkenntnisse bringen soll. Diese Nochniedagewesenen sind immer ein besonderes Vergnügen. Wer mehr zum Projekt wissen will, der findet hier eine Erklärung, in der Weinliste finden sich unter W (wie Weinentdeckungsgesellschaft) alle bisherigen Entdeckerweine.
Dieses Jahr geht es um den Müller-Thurgau und den Versuch, den besten je produzierten auf die Flasche zu bringen. Wenn man Erbsen zählt, kann man bemängeln, dass es diese Idee schon gab. Der Weinkritiker Stuart Pigott hat bereits einen Müller-Thurgau (auch Rivaner genannt) mit der Sorgfalt eines Großen Gewächses ausgebaut. Den gab es nicht zu kaufen und ich habe ihn nie getrunken. Die ihn getrunken haben und mir davon berichten mochten, haben alle die Worte ‚Monster‘ und ‚Frankenstein‘ in den Mund genommen, wenn sie von Pigotts Rivaner sprachen. Das Experiment ist wohl nicht so erfolgreich gewesen.
Jetzt also die Entdeckungsgesellschaft in Kollaboration mit dem Weingut Huber: Viel Mühe haben sie sich gegeben aber den Rivaner Rivaner sein lassen – also keine extrem späte Ernte und Überreife. 40 Jahre alte Reben, im Ertrag reduziert und durch Traubenteilung noch ein paar Grad Öchsle mehr raus gekitzelt aber nicht in Rieslingdimensionen gepeitscht. Im September gelesen und in drei Partien ausgebaut. Ein neues Barrique war mit im Spiel, dazu ein gebrauchtes und ein Stahltank. Im Holz wurde der Müller-Thurgau wie ein dicker Chardonnay behandelt, mit Hefe aufrühren und allem, was dazu gehört. Im Stahltank durfte der Rivaner er selber sein, mit Säure und Kohlensäure. Huber und Henn haben auf Zucker verzichtet, sowohl beim Most wie auch beim Wein: nicht angereichert und durchgegoren auf vier Gramm Restzucker. Dann wurde vermählt und ein bisschen gedopt, mit einem Schuss Chardonnay und Muskateller.
Der Wein besitzt die Textur eines großen Weines aber nicht seine aromatische Tiefe. Landauf landab wird in den nächsten Wochen der Ruf erschallen: ‚Das ist Müller-Thurgau? So viel kann man aus dieser Rebsorte rausholen?‘ Doch ich vermute, keiner wird sagen: was für ein Schnäppchen. Oder anders gesagt: für einen Müller-Thurgau ist das ein Hammer, für einen 24-Euro-Wein nicht unbedingt. Dazu fehlt die Vielschichtigkeit. Da stößt das Experiment an seine Grenzen. Die Bäume wachsen nicht in den Himmel für den Müller-Thurgau. Wie weit sie wachsen können, das wollte ich schon immer wissen und jetzt durfte ich es entdecken. Dafür ist die Weinentdeckungsgesellschaft da. Mission accomplished.
Weingut Huber & Deutsche Wein-Entdeckungs-Gesellschaft, ‚Liebesheirat’, Müller-Thurgau, 2012, Baden. Farbe ist für mich kein Qualitätskriterium, trotzdem finde ich die Farbe des Weines erwähnenswert, er ist fast farblos. Die Nase ist sehr angenehm: die duftige Blumigkeit des Müller-Thurgau ist da, die Muskatnote eher nicht, da ist das Holz vor, das aber auch nur dezent durchscheint., Frucht ist da aber nicht leicht zu benennen, Apfel, Birne, sucht Euch was aus, Kräuter tauchen auch noch auf. Am Gaumen unmittelbar nach dem Öffnen ein echter Rivaner, Leichtwein, süffig, schlotzig. Mit zwei Stunden Luft wird es sehr viel spannender, da kommt eine starke, süße Frucht durch, dazu Nuss, etwas Holz, Nougat. Schöne Textur und Mineralik/Phenolik, plus Gärkohlensäure, plus Frische, plus etwas Gerbstoff – das ergibt enorm viel Volumen im Mund, das weder von Alkohol, noch von Zucker stammt. Das ist hochspannend und gleichzeitig einfach zu trinken. Was auffällt ist der extrem lange Abgang.
Und weil in den letzten Jahren in den Kommentaren zu den WEG-Artikeln immer Fragen kamen, hier die Gebrauchsanweisung: Wer jetzt einen aufmachen will, sollte ihm zwei Stunden Luft gönnen, einfach ein kleines Glas nach dem Öffnen einschenken und probieren, den Rest für zwei Stunden zurück in den Kühlschrank. Ich habe die angebrochene Flasche mit auf Reisen genommen. Dabei wurde die gesamte Kohlensäure aus dem Wein geschüttelt. Das hat ihm gar nicht gut getan. Also verzichten Sie auf die Karaffe. Der Wein benötigt keine weitere Flaschenreife, sondern präsentiert sich jetzt so, wie er vermutlich gedacht ist. Wer nur eine Flasche hat, sollte sie nicht ewig liegen lassen.
Wein vom trüben Wasser
Einen Tag nach dem Treffen mit den Geschwistern aus Franken bot sich mir ein absolutes Kontrastprogramm. Moët Hennessy Deutschland hatte mich eingeladen, im Rahmen eines Dinners im Berliner Restaurant ,The Grand‘ die aktuellen Weine der Cloudy Bay Winery zu trinken (Spucknäpfe waren keine da, was bei dem edlen Essen auch unangebracht gewesen wäre). Wein vom trüben Wasser weiterlesen
Barfuß in Berlin
Wie vor kurzem schon berichtet, hat sich meine Begeisterung für Weingutsbesuche merklich abgekühlt. Die Geschichten, die man hört, sind immer die gleichen und orientieren sich eher daran, was der Kunde hören will als an der tatsächlichen Entstehung des Weines der jeweiligen Produzenten – Ausnahmen bestätigen die Regel. Glücklicherweise lebe ich in Berlin und da gibt es reichlich Veranstaltungen, bei denen man in einem Rahmen auf Winzer trifft, der zu mehr Offenheit und echtem Informationsgehalt einlädt. Gleich zwei durfte ich letzte Woche besuchen. Als jeweils einziger geladener Amateur profitierte ich dabei von der Atmosphäre, die die ebenfalls geladenen Sommeliers und Weinhändler im Handumdrehen erzeugen, sobald sie unter sich sind. Das Gefühl mich bei einer Veranstaltung eingeschlichen zu haben, bei der ich eigentlich nix zu suchen habe, kann ich mittlerweile ganz gut unterdrücken.
Den Anfang machte eine kleine Soiree beim Berliner Weinenthusiasten Martin Zwick, bei der die Geschwister Melanie Stumpf-Kröger und Matthias Stumpf vom Weingut Bickel-Stumpf gleich 18 Weine aus verschiedenen Jahrgängen und Qualitätsstufen präsentierten – bis auf den Pinot-Sekt zum Start und den Fränkischen Gemischten Satz zum Abschluss samt und sonders aus der Silvaner-Traube gekeltert. Die kleine Runde von sieben Personen erlaubte intensive Gespräche und konzentriertes Kosten. Da durfte ich einiges lernen, etwa dass mir Silvaner vom Buntsandtsein deutlich besser gefällt als vom Muschelkalk. Die Unterschiede zwischen den Standorten waren über mehrere Jahrgänge so deutlich schmeckbar, dass ich glauben will, der Silvaner kann seine Herkunft ebenso gut abbilden wie der Riesling (dem man gemeinhin nachsagt, er könne das besser als irgendeine andere Rebe). Und eine Erkenntnis, an der ich schon lange nage, wird allmählich zur Gewissheit: Alles, was nicht Riesling oder Sauvignon Blanc ist, darf für mich gerne in ein Eichenfass gefüllt werden – nicht unbedingt ein kleines französisches aber irgendein leicht aromatisierendes bitte.
Die knackigen Guts- und Ortssilvaner der Geschwister finde ich zwar mehr (Muschelkalk) oder weniger (Buntsandtsein) begeisternd, die Lagenweine aus dem Kapellenberg (VDP Erste Lage) und Mönchshof (VDP Grosse Lage, also GG) mit ihren teils intensiven Eichenholzaromen sind für mich aber Weißweine zum Niederknien, insbesondere das 2012er GG. Die geringe Größe der Runde ermutigte mich wieder zum Reste-Schnorren, weswegen ich letzteren in der angebrochenen Flasche mit nach Hause nehmen durfte. Interessanterweise haben die Geschwister Stumpf mit ihrem Stil regelmäßig Probleme bei den sensorischen Prüfungen für das GG. Ich behaupte ja, wir Deutschen werden als Volk immer lockerer und liebenswürdiger, unsere Unart, jede Form von Eigenwilligkeit erst nach mehreren Jahren zu akzeptieren, sollten wir aber dringend noch ablegen.
Bleibt die Frage nach den Insiderinformationen: Manches, was besprochen wurde, verbuchte ich sofort in der Kategorie ,What happens in Vegas, stays in Vegas‘. Denn ein bisschen verstehe ich die Winzer, die in der Öffentlichkeit nur Geschichten vom perfekten Wein erzählen: die wahren Berichte von kleinen und großen Reparaturmaßnahmen verselbständigen sich im Zeitalter von Facebook zu leicht und mutieren zum veritablen Chemie-Unglück. Dass die Stumpfs vielfach auf Reinzuchthefen zurückgreifen, 2010 entsäuert haben oder bei nur 1000 produzierten GG-Flaschen den Ausstattungsrichtlinien des VDP nicht zu akzeptablen Kosten nachkommen können, sind sicher zitierfähige Anekdoten. Und dann gibt es da noch eine trinkbare: der Silvaner, der spontan vergoren aber leider nicht durchgehalten hat. Bei 12 Gramm Restzucker blieb er stehen. Also füllten ihn die Geschwister separat, nannten ihn ,Barfuß‘ und schickten Dirk Würtz eine Probeflasche. Der bekämpfte damit seinen Politfrust und machte eine schöne Geschichte für sein Blog draus. Die Stumpfs freuten sich über die positive Resonanz und ich über die Headline (ich schnorre nicht nur angebrochene Flaschen, sondern gelegentlich auch Überschriften). Der Barfuß festigte eine andere sich entwickelnde Erkenntnis bei mir: Halbtrocken und Holz geht auch – wenn ein Könner und/oder der Zufall am Werk ist.
Doch über allem schwebt der Mönchshof. Das ist große Kunst – ganz ohne Zufall.
Bickel-Stumpf, Mönchshof GG, Silvaner, 2012, Franken. In der Nase Eichenholz, Rauch, Quitte, Kräuter und Stroh. Am Gaumen zeigt der Wein Aromen von Nashi-Birne, ist würzig, kommt mit relativ viel Holz daher ohne buttrig zu sein. Der schönen Säure hat der Fass-Aufenthalt nicht geschadet. So erzeugt der Silvaner ein sehr volles aber nicht breites Mundgefühl mit Druck und Wucht aber trotzdem saftig. Etwas Gerbstoff, feine Mineralik, spürbarer aber passender Alkohol (13,5 %): das ist schon jetzt perfekte Balance, wenn man Holz mag und wenn nicht, deutet sich an, dass die Barrique-Noten nicht auf ewig die erste Geige spielen werden.
Der kälteste Weinberg Afrikas
Südafrika ist ein Weinland, dem ich mich seit Jahren widmen wollte, allein mir fehlte die Zeit. Ich war einmal dort und habe auch zwei Weingüter besucht, aber intensive Beschäftigung sieht anders aus. Nun hatte ich die Gelegenheit zwei ganze Tage Weine vom Kap zu probieren und ihre Macher zu interviewen. Ich war zu einer Fachmesse der Weinbauverbände von Südafrika, Chile und Argentinien in London eingeladen. Mein Fokus lag auf der Verkostung südafrikanischer Weine, da mir das vor der Reise vom südafrikanischen Verband zugesandte Material eine gute Vorbereitung ermöglichte – und eine solide Vorbereitung auch anhand des Südafrika-Weinführers ,Platter‘ erschien mir dringend erforderlich.
Die Bezeichnung der Weine Südafrikas ist erstaunlich uniform: viele Weingüter machen einen Sauvignon Blanc (=Stahltank), einen Sauvignon Blanc Reserve (=mit ein bisschen Holz), einen Chardonnay ,unoaked‘ (=Stahltank), ,Barrel Fermented‘ (Mischung aus altem und neuen Holz), ,Reserve‘ (=mehr Holz) und oben drüber einen ,Single Vineyard‘ (=richtig viel Holz). Ulkigerweise wird der Single Vineyard zwingend aus einer einzelnen Lage gelesen, der Name der Lage aber oft nicht erwähnt. Analog zum Chardonnay erscheint auch der Chenin Blanc in bis zu vier Variationen. Manche Weingüter machen dann noch eine weiße Cuvée aus den drei Rebsorten, die häufig einfach den Weingutsnamen mit dem Zusatz ,White‘ trägt. Dazu heißt jeder dritte Winzer Finlayson oder die Weingüter tragen Adjektive wie kleine oder groote im Namen. Erstmals konnte ich mir vorstellen, wie sich ein Ausländer beim Versuch die Mosel zu durchdringen vorkommen muss: Tausend Spätlesen aus irgendwelchen Sonnenuhren und die Winzer heißen entweder Thanisch (Witwe, Erben, Ludwig etc.) oder Prüm (J.J., Studert-, Christoffel-, S.A. etc.).
Dies war meine erste Weinmesse im Ausland und ich war gespannt, was mich erwarten würde. Beeindruckend war, dass die meisten Weingüter 10.000 Kilometer fern der Heimat durch ihre Gutsverwalter oder Kellermeister persönlich repräsentiert wurden (oft auch im Doppelpack). Da die Verkostung für Fachpublikum und nicht überlaufen war, konnte ich mich in Ruhe mit Menschen wie Ken Forrester vom gleichnamigen Weingut unterhalten, der mir einiges über Südafrika und seine Weinstile erzählen mochte. Spannend auch ein Gespräch mit Chris Alheit, einem jungen Winzer, der in seinem vor zwei Jahren gegründeten Weingut Erkenntnisse umsetzt, die er in seinem Jahr bei Daniel Vollenweider an der Mosel gesammelt hat. Es war überhaupt erfrischend zu erleben, wie etliche Winzer anfingen von der Mosel und ihren Rieslingen zu schwärmen, sobald sie hörten, dass ihr gegenüber aus Deutschland kam.
Eine Erkenntnis gewann ich schon nach wenigen Gesprächen: Winzerlatein ist auch für Südafrikaner keine Fremdsprache. Der meist gehörte Satz der Show war: ,unsere Weinberge sind besonders kühl‘ gefolgt von Erläuterungen, dass dies wahlweise der Frische, der Mineralik oder dem Säuregerüst zugute käme. Die Bemerkung kam so gebetsmühlenartig und wurde dermaßen betont, dass vor meinem geistigen Auge Legionen farbiger Erntehelfer in Rentierpullovern durch Stellenboschs Weingärten zogen. Dabei war ich selber schon einmal im Spätsommer vor Ort und konnte beobachten, wie die gnadenlose Sonne so manche Traube noch am Stock zu Marmelade verkocht.
Die Verkostung Dutzender Weine in kurzer Zeit ist eine Herausforderung, der ich mich mit gemischten Gefühlen stelle. Insbesondere die Weine aus der Sauvignon Blanc Traube im klassischen Neue-Welt-Stil mit aus dem Glas springenden Fruchtaromen, gepaart mit grün-grasiger-Frische schmecken für mich nach dem vierten Wein alle gleich. Auch der Chardonnay ,unoaked‘ bietet mir wenig Differenzierungsmöglichkeiten. Beim Holz haben die Südafrikaner keine Berührungsängste. Mein Bibergebiss kam bei den ,Reserves‘ vom Chardonnays und auch bei etlichen Chenin Blancs voll auf seine Kosten. Nicht selten ist das für zarter besaitete Gaumen aber deutlich zu viel Barrique.
Die spannendsten Weißweine der Show waren für mich allesamt Chenin Blancs. Diese Traube ist eine heimliche Liebe von mir, seit ich einmal einen gereiften Vouvray in Bestform erleben durfte. Chenin kann ganz trocken sein oder auch feinherb, mit gar keinem bis viel Holz, jung oder zehn Jahre gereift und – das kann er besser als der Riesling – er kann auch Holz und Restsüße miteinander kombinieren und dabei altern. Ein zehn Jahre alter halbtrockener Riesling mit 50% neuem Holz ist für mich eine Drohung, das Gleiche vom Chenin ist eine Offenbarung. Leider sind die Südafrikaner feige, was Restzucker angeht, die Weine sind fast alle sehr trocken. Einzig der bereits erwähnte Ken Forrester schenkte mir einen Wein mit 15 Gramm Restzucker und viel neuem Holz ein: Sein Premiumwein ,FMC‘ ist große Winzerkunst für einen, wie er mit breitem Grinsen zu Protokoll gibt, kleinen Käuferkreis. ,Wer ihn nicht versteht, der soll ihn nicht kaufen‘ lautet sein Credo.
Der trockene Chenin Blanc von Botanica ist für mich ein weiterer Ausnahmewein. 50% des Mostes sind im Stahltank ausgebaut und auf Klarheit und Frucht (ganz viel Limone) getrimmt, während die andere Hälfte in alten und neuen Fässern vergärt. Die Mischung ist nachher ein Best-of beider Weinstile, die so miteinander harmonieren, dass ich versucht war, die Probeflasche zu klauen.
Mit südafrikanischen Rotweinen tue ich mich schwerer. Pinotage erinnert mich zu sehr an Dornfelder, außer er kommt als so unglaublich guter Wein daher wie der Greywacke von Chamonix – die einen Teil der Trauben nach dem Ripasso-Verfahren ausbauen, weswegen der Wein auch nicht mehr sortentypisch schmeckt. Die mächtigen Höher-Schneller-Weiter-Bordeaux-Cuvées, die vor Kraft kaum laufen können, sind nichts für mich. Unglaublich elegant und im Alkohol vergleichsweise zurückhaltend sind hier die Weine von Vergelegen, auch Mullineux oder Tokara sah ich eher auf der eleganten Seite. Meine geliebten Spätburgunder gelingen in Teilen Südafrikas auch sehr gut, zum Beispiel im ,eiskalten‘ Elgin Tal, aus dem ich mit dem Rockview Ridge von Shannon Vineyards einen Vertreter mit nur 13% Alkohol und nobler Eleganz fand.
Experimentalweine, die Europa derzeit so beschäftigen, sind des Südafrikaners Sache nicht. Ein einziger ungeschwefelter Zurück-zu-den-Wurzeln-Wein schwappte mir ins Glas. ,Nudity‘ heißt der Syrah vielsagend und stammt von der Winery of Good Hope (aus deren Radford Dale Serie). Er vereint bei nur 13% Alkohol eine gewisse Wildheit mit viel Frucht und Eleganz. Die 1900 produzierten Flaschen reichen aber gerade einmal für den Inlandsbedarf und ein paar internationale Weinshows.
Das tolle an Südafrikas Weinszene ist, dass sie nur 500 Winzer zählt (auf einer Rebfläche von ähnlichem Ausmaß wie die Deutsche). Der Rest macht Fassweine. Da könnte man sich mit vertretbarem Aufwand zum Experten fortbilden, wenn die guten Winzer denn einen deutschen Importeur hätten. Doch leider ist genau dies das Problem: Die Hälfte der hier erwähnten Weine sind in Deutschland nicht erhältlich. What a shame!
Und hier geht es zum Bericht des mitgereisten Direttore Breitenfeld