Weihnachten ist bei uns kein Fest der großen Weine. Zwar begehe ich Heiligabend nicht als alkoholfreies Fest – schließlich hat Jesus Wasser in Wein verwandelt und nicht umgekehrt – aber es ist eben eher Stall und Krippe als Nobelherberge. So gab es auch dieses Jahr zu Kartoffelsalat und Würstchen nur einfache Weine. Geschenkte Gäule weiterlesen
Kategorie: sonstige Weißweine
Alles, was nicht Riesling oder Sauvignon Blanc aber weiß ist
Füllwein (9)
Mein (Wein-)Leben besteht nicht nur aus Großen Gewächsen sondern auch aus Alltagsweinen. Einige davon sind erwähnenswert, über andere decke ich den Mantel des Schweigens. Hier ein paar Kurznotizen zu Weinen, die ich jüngst getrunken und auf die eine oder andere Weise für erwähnenswert befunden habe.
Birkweiler Kastanienbusch, Weisser Burgunder Spätlese trocken, 2007, Gies-Düppel, Pfalz. In der Nase reichlich Grapefruit, und eine üppige Kräuternote (Thymian?) aber angenehmerweise keiner der ordinären Töne, die Weissburgunder so häufig in der Nase zeigt. Am Gaumen saftig, fruchtig (ganz viel Grapefruit und Mandarine) aber auch ganz schön fett. 14% Alkohol steckt der Wein höchst respektabel weg, wobei kein Holz im Spiel ist. Nur im Abgang, der ansonsten fruchtig und mineralisch zugleich ist, hat der Sprit das letzte Wort. Wer starken Stoff gewohnt ist, wird den Wein gigantisch finden; wer es eher mit den filigranen Vertretern hält, geht besser in Deckung.
Assmannshauser Höllenberg, Spätburgunder Spätlese trocken, 2005, Hessische Staatsweingüter Kloster Eberbach, Domaine Assmannshausen; Rheingau. In der Nase Kirsche und Erdbeere, ziemlich Deutscher touch aber auch etwas erdiges und Wacholder. Am Gaumen zunächst saftig, sehr milde Säure, dadurch etwas ‚weichgespült‘, warm (bei 14% ansonsten nicht störendem Alkohol) mit einer kantigen Tanninstruktur. Im Abgang Kirschfrucht, schwarzer Tee und leicht trocknendes Tannin. Ich habe den Wein bisher mehrfach getrunken und er war immer eine Bombe. Jetzt zieht sich die Frucht zurück, ohne dass er in der Struktur schon weicher werden würde. Ich hoffe, dass da in ein zwei Jahren wieder mehr Balance und vielleicht spannende Aromen eines gut gereiften Pinots zum Vorschein kommen. Jetzt ist mit diesem Lieblingswein erst mal Pause.
Silvaner Kabinett trocken, 2007, Salwey, Baden. Schöne, für einen so leichten Wein sehr ausdrucksstarke Nase mit weißem Pfeffer, Birne und Quitte. Am Gaumen von schlanker Natur: feine Säure, sehr trockenes Geschmacksbild, mit zurückhaltender Frucht und zarter Mineralik. 10,8% Alkohol bei 0,4 Gramm Restzucker machen den furztrockenen Wein zu einem tollen Essensbegleiter für Weißfisch und ähnlich zarte Lebensmittel. Ein Mittagswein, wenn man denn mittags Wein trinken mag.
Kellerleiche
Sumac Ridge Estate Winery, 2005 Gewürztraminer Private Reserve, VQA Okanagan Valley, BC/Kanada. Dezente Nase, leicht grasig, kaum Frucht, Litschi, Orangenschale und nur eine Spur vom klassischen Rosenduft. Am Gaumen ist der Wein sehr balanciert und entwickelt ein schönes Spiel aus Frucht und Säure – anders als viele Europäische Vettern hat dieser Traminer kein Alkoholproblem (13%), staubtrocken aber mit viel Saft bei mittlerem Volumen, im Abgang kalkig-mineralisch, lang. 86-87 überraschende Punkte Kellerleiche weiterlesen
Füllwein
Mein (Wein-)Leben besteht nicht nur aus Großen Gewächsen sondern auch aus Alltagsweinen. Einige davon sind erwähnenswert, über andere decke ich den Mantel des Schweigens. Hier ein paar Kurznotizen zu Weinen, die mir jüngst begegnet und positiv aufgefallen sind.
Markus Molitor, Zeltinger Sonnenuhr Riesling Kabinett 2007, Mosel. Der Wein darf den Zusatz trocken nicht auf dem Etikett tragen, da er analytisch den gesetzlichen Bestimmungen für ‚trocken‘ nicht entspricht. Also steht auf dem Rückenetikett: „Dieser trocken schmeckende Riesling…“. Der Wein ist sehr zugänglich, verglichen mit vielem, was Molitor sonst im Programm hat. Er kombiniert viel Frucht mit vergleichsweise wenig Mineralik. Gefällt auch Molitor-Skeptikern (glaube ich).
Ludwig Thanisch & Sohn, Weissburgunder QbA 2008, Mosel. Für unter 7€ ist der Wein ein echtes Schnäppchen, der mit seiner opulenten Frucht auch diejenigen Weintrinker zu überzeugen vermag, deren Horizont am Supermarktregal endet – allerdings ohne den Anspruch aufzugeben, ernsthaften Weintrinkern einen Weißburgunder mit überbordender Mineralik zu bescheren. Gelungene Gratwanderung.
Fürst Löwenstein, Bacchus trocken 2008, Tauberfranken. Dieser Wein hat nur 11,5% Alkohol und auf der Terrasse bei 25 Grad im Schatten mit Freunden unverschämt viel Spaß gemacht. Ich werde jetzt nicht alle meine Vorurteile gegen die Rebsorte revidieren aber zumindest nie wieder behaupten, daraus könne man nix vernünftiges keltern. Probieren geht über studieren.
Altersmilde
Zugegeben, die Überschrift könnte als Provokation verstanden werden ob des grantelnden älteren Herren, an den ich heute zufällig geraten bin. Tatsächlich geht es aber gar nicht um Spinner und Blogs sondern um Veränderungen in meinem Wesen und die Headline kam mir in den Sinn, als ich am Sonntag den Wein öffnete, um den es hier geht.
Ich werde älter und damit einhergehend auch weniger konsequent in meinen Abneigungen. Meine Antipathie gegenüber dem FC Bayern gerät genauso ins Wanken wie meine strikte ABC-Trinkerschaft. ABC, was mein Lieblingsanglizismus ist und „Anything But Chardonnay“ heißt, war für mich immer tugendhafter Ausdruck des Riesling-Patriotismus. Weißburgunder – darf mal sein, Chardonnay? – schleich Dich!
Weingeschmack im Wandel
Und nun das: So geschätzte drei bis vier Flaschen Chardonnay pro Jahr sind es mittlerweile, die sich in mein Glas verirren. Die Mischung aus recht kräftigem Säuregerüst, buttrigem Schmelz, feinen Holznoten und satter Mundfülle schmeckt mir zu manchen Speisen halt doch besser als Grau- oder Weissburgunder.
Ich rede von besternten oder mit einem -S- auf dem Weinetikett versehenen, Barrique-ausgebauten Brummern aus deutschen Landen. Die gibt es von immer mehr ernstzunehmenden Winzern und verglichen mit deren Riesling Großgewächsen sind sie sogar recht preisgünstig. Aktuell viel Spass macht mir der Jahrgang 2002, denn auch die einheimischen Chardonnays vertragen ein paar Jahre Flaschenreife. Seit Sonntag in bester Form präsentiert sich Wagner Stempel, 2002 Chardonnay ‚S‘, Rheinhessen, 14% Alk. In der Nase Butter, Haselnuss und Quitte mit riechbar viel Alkohol, der am Gaumen aber nicht störend in Erscheinung tritt. Im Mund nussig, sehr stoffige Textur, cremig aber mit akzentuierter Säure und etwas Muskat. Das Holz ist sehr gut eingebunden aber noch schmeckbar mit einer Toast-Note vertreten. Der Abgang ist ausgesprochen lang. Der Wein kratzt für mich an den 90 Punkten. Eigentlich hätte er sie verdient.
Aber ganz so alt bin ich dann doch noch nicht!