Das Internationale Riesling Symposium ist eine zweitägige Fachkonferenz, die im Wechsel mit der australischen ‚Riesling Down Under‘ und dem Riesling Rendezvous in Washington State stattfindet. Ich war auf Einladung des ausrichtenden VDP Rheingau dieses Jahr dabei. Hier ein paar Eindrücke.
Wie das Internationale Riesling Symposium allgemein vonstatten geht und meine persönliche Einschätzung finden sich im Video. In Schriftform gibt es hier nur Verkostungseindrücke.
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Die erste Verkostung stand unter dem Motto ‚Preeminent Riesling from the Old and New Worlds and their paradigmat function in global Riesling cultivation‘ und war zusammengestellt von Stuart Pigott, der auch die Moderation übernahm. Ich testete blind, was leicht möglich war, da Stuart immer erst ganz am Ende aufdeckte, was im Glas war – da war meine Kurznotiz schon fertig.
Gut Hermannsberg setzt Maßstäbe
Den Anfang machte ein erkennbar deutscher, trockener Riesling mit kantiger Säure, verhaltener, leicht hefiger Nase, sehr festem Mundgefühl mit Ansätzen von Frucht und feinster Mineralik/Phenolik. Ein schlafender Riese, der die Latte enorm hoch legte (und im Endeffekt von keinem Wein mehr übertroffen werden sollte). Was für ein Monument! Es war das 2015 Rothenberg GG von Gut Hermannsberg. Wer sich davon nicht wenigstens eine Flasche in den Keller legt, läuft Gefahr in 3 bis 5 Jahren etwas zu verpassen. Der zweite Wein in diesem Vierer-Flight war völlig anders: cremig, fast burgundisch, viel weiter entwickelt, etwas malzig und vergleichsweise Säurearm. ‚Das funktioniert für mich hervorragend als Wein, nicht so hervorragend als Riesling‘ notierte ich mir und tippte auf warme Gefilde. Es ist der Steiner Hund 2015 vom Lesehof Stagård. Saftig satt am Gaumen, mit viel reifer Frucht, großer Tiefe aber mir etwas zu schmeichelnd präsentiert sich Künstlers 15er Hölle GG. Der letzte Wein im Flight zeigt einen fantastischen Mix aus Würze, Wucht und Frucht, mit so viel Saft, dass er nicht fett wirkt. Das könnte ich jetzt eimerweise trinken, was ein zweifelhaftes Lob für ein eigentlich auf Reife ausgelegten Wein ist, und das soll der 2015 Stein Hagemann GG vom Bürgerspital vermutlich sein. Wer den im Keller hat, sollte unbedingt mal einen aufmachen: großes Kino.
Der zweite Flight beginnt mit einem jener Rieslinge, die man mal getrunken haben muss: Grosset Polish Hill 2016. Blind verkostet weist die archetypische Riesling-Nase den Weg nach Deutschland, der eher kabinettige Gaumen gibt Rätsel auf, also konzentriere ich mich auf die Qualität: sehr guter Wein, woher auch immer. Der zweite Wein könnte auch ein sehr gelungener Ortswein eines erstrangigen VDP-Weinguts sein, was bedeutet, dass er saugut ist, aber nicht jenen Teil meines Hirns anspricht, der sich erst ab einer gewissen Komplexität herablässt mitzuverkosten. The Merle Riesling 2016 von Pikes Wines ist der zweite gute Riesling in diesem Flight und der zweite Aussie ohne Noten von verbranntem Gummi. Mitchell Wines Watervale 2016 hätte ich ohne Kontext nicht als Riesling erkannt und das Aroma von Haribo Apfelringen gefiele mir höchstens drei Schlucke lang, aber das ist reine Geschmacksache. Jim Barry’s The Florita 2016 ist erkennbar ambitioniert, verschlossen, mit kräftigem Hefeböckser in der Nase. Vielleicht wird das mal groß?
Diels Versprechen
‚Jetzt geht es an ein paar gereifte Rieslinge‘ denke ich, als ich die Nase in Glas 9 halte. Doch der Isolation Ridge von Frankland Estate stammt aus dem Jahr 2015. Am Gaumen feine Frucht, schlank, mit Zug, aber im Mittelteil klafft ein aromatisches Loch – ordentlich. Dann erschnüffel ich eine Mischung aus Cognac und Klebstoff, die in Deutschland garantiert keine A.P.-Nummer erhielte. Am Gaumen finde ich den Brooks Vineyard 2015 von Brooks ebenfalls schwierig. Einige im Teilnehmerfeld sind begeistert – Oregons Antwort auf Peter Jakob Kühn. Beim 2015 Eroica Riesling von Chateau Ste. Michelle legt der deutliche Restzucker eine klare Fährte. Muss man mal getrunken haben, habe ich schon öfter getrunken – gut, aber kein herausragender Jahrgang. Schloss Johannisbergs 2013er Silberlack hatte ich schon am Vorabend im Glas gehabt und kenne ich insgesamt ganz gut. Wie alle 2013er präsentiert er sich viel sanfter als vor zwei Jahren. Diels Burgberg GG 2013 ist im Moment aromatisch etwas simpel, zeigt aber so beeindruckende Struktur; der wird mal ein richtig guter, wenn noch mehr Reifenoten dazukommen. Bei Remy Gressers 2013 Kastellberg Grand Cru erwischen wir einen so schwachen (schleichenden Kork-)Wein, dass wir um eine Konterflasche bitten, die sich tatsächlich fruchtiger präsentiert. In der Kurzprobe ist der Gaumen aber ein bisschen verwirrt und ich müsste mehr davon im Glas haben, um abschließend zu urteilen.
Exoten können Punkten
Der nächste Wein riecht ganz schräg: Käse, Holz und Aprikose!?! Am Gaumen feine Frucht, fest, ordentliche Säure. Ist das Holz? Und dann ist der Abgang so kurz. Den würde ich gerne mal über zwei Tage probieren: Fossil Vineyards von Galen Glen aus Pennsylvanie. Der nächste Wein ist endlich wieder einer zum vorbehaltlosen trinken. Blumige Nase, ordentlich Zug, mittlerer Körper, feine Aromatik, das ist sehr gut, wenn die Säure ‚echt‘ ist, merken meine Nebenleute an. Das kann ich in der Kurzprobe nicht beurteilen und stimme im Zweifel für den Skriptorium 2015 von Mari Vineyards aus Michigan: Highlight. Red Newt Cellars’ The Knoll, der Red Oak von Lamoreaux Landing und Hosmer Winery’s Semi Dry (alle 2015) sind die Weine, auf die ich mich am meisten gefreut habe, denn es sind meine ersten seriösen Begegnungen mit den Finger Lakes aus upstate New York. Die ersten beiden wirken wie etwas biedere Deutsche Rieslinge aus der Zucker-ist-Schminke-Schublade, sehr ordentlich aber eher lecker als großartig. Der dritte hat Kork und ist im Verkostungsendspurt nicht zu ersetzen. Der 2015 Cave Spring Vineyard vom gleichnamigen Produzenten profitiert vielleicht von der Schwäche der Nebenleute: ordentliche Struktur, schöne Länge, macht mich glücklich. Bei den letzten beiden süßen, enttäuscht mich der an sich solide 2016 Cordon Cut von Mount Horrocks, denn seine deutliche Botrytis ist mir ein bisschen zu bitter. Das hat die ‚F‘-Auslese von Framingham viel besser im Griff: richtig guter Stoff!
Hier gibt es die Notizen von der im Video angesprochenen Probe Terroir versus Machart