Publikumsbeschimpfung Deluxe. Wir müssen noch mal über das Thema Weinkritikkritik reden – eigentlich eher über Weinkritikkritikerkritik. Und über Punkte.
Letzte Folge ist doch einiges liegengeblieben zum Thema Zustand der Weinkritik. Also sammeln wir mal wieder lose Enden auf und reden heute über das Thema: welche Rolle spielt das Publikum. Wir verabschieden uns an dieser Stelle auch gleich von den Hörern, die das (zu) persönlich nehmen…
Allendorf Spätburgunder – ohne Kompromisse
Nachdem Felix letztes Mal improvisierte, hat er sich dieses Mal so gründlich vorbereitet, dass er einfach anfängt zu erzählen und ganz vergisst, Sascha einen Wein einzuschenken – unfassbar! Doch Sascha fordert seinen Wein ein und so kommt er mit nur geringer Verzögerung in den Genuss eines 2014er Assmannshäuser Höllenberg Spätburgunder GG von Allendorf. Das GG verbirgt seine Herkunft nicht und schämt sich auch kein Bisschen seiner strahlenden Frucht. Doch es zeigt auch Klasse mit feinem Tannin und erster Reife. Ein schönes Vergnügen von einem Produzenten, der viel zu selten gelobt wird.
Toskanischer Tafelwein – von wegen
Sascha greift zur Magnum. I Sodi di San Niccolò 1990 von Castellare Di Castellina ist als Tafelwein gefüllt, obwohl auch Chianti Classico auf dem Etikett stehen dürfte. In Würde gereift, leise und unendlich elegant – Felix freut sich. Er wagt sogar die Prognose, dass die Magnum genau das richtige Format für den Rest des Abends sein dürfte. Er hat übrigens recht behalten. Doch es gab kein böses Erwachen am nächsten Morgen. Der Wein war angenehm zurückhaltend im Alkohol. Nobel!
Das Höllenberg GG wird ab dem Jahr 2023 übrigens als Versteigerungs-GG in Kloster Eberbach zum Ausgebot kommen, wo Winzer Ulrich Allendorf als Auktionator wirkt. Mehr über die Deutschen Weinversteigerungen erfahrt ihr in diesem Video von mir.
Viel Spaß bei einer neuen Episode unseres Podcasts.
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Also nach der 77. Folge kann ich (ohne Angst vor der Verantwortung) die 100 Punkte für den Blindflug-Podcast vergeben. Sehr schön! Danke euch für das tolle Entertainment 🙂
Punkte sind schon ein spannendes Thema! Ich finde vor allem gut, wie Du, Felix, immer versuchst, für die verschiedenen Stufen Kriterien aus dem Alltag zu finden. Das mache ich genau so und ich „eiche“ mich so auch immer wieder.
Ich habe dazu neulich auch mal ausführlicher ein paar Sachen zusammengefasst:
https://www.griechische-weine.info/post/wie-gut-sind-griechische-weine
Das 100er-System ist sicher sehr gut für Profis bzw. wenn man viele Weine parallel verkostet. Für den Normalverbraucher ist es in der Anwendung in meinen Augen etwas übertrieben… ich persönlich traue mir nur bei manchen Weinen zu, wirklich über Jahrgänge hindurch so genau zu vergleichen.
Persönlich mag ich das 20er-System, weil es zum britischen Uni-Benotungssystem passt, das ich gut kenne und es da gewisse Parallelen gibt, was dann unterschiedliche Grade des Bestehens und der Auszeichnung gibt.
Umrechnen ist wirklich schwierig – schon weil keines der Systeme für sich linear verläuft, sondern eine gewisse „Psychologie der Zahlen“ ins Spiel kommt, wo manche Ziffern anders wirken, ein breiteres Spektrum abgeben, gewisse Widerstände mit sich bringen, etc.
Was mir nicht gefällt, ist, dass JR, die es ja v.a. bekannt gemacht hat, in meinen Augen eine sehr „unstetige“ Bewertungskurve hat und dazu eben – es wurde oben glaube ich auch schon erwähnt – kontextuell anders bewertet. Ich finde es aus Konsumenten-Perspektive _gar nicht_ schlimm, wenn jeder 1982er Bordeaux über 18 Punkten liegt! Im Gegenteil: Ich will doch wissen, was ich da für mein Geld bekomme. Und wenn dann da ein Wein 100 Euro kostet und nur 89/100 oder 16/20 Punkte bekommt, dann fühle ich mich doch verarscht und lange da niemals zu – obwohl es vielleicht im internationalen Vergleich ein Schnäppchen wäre. Sehe das also gar nicht als Dienst am Konsumenten. Letztlich ist es doch einfach das Eingeständnis, dass in manchen Regionen die Luft oben so dünn wird, dass da das 20er-System dann für den Verkoster/die Verkosterin nicht mehr zufriedenstellend ist – dass man sich eben mit 94-100 Punkten bei 1982er Bordeaux nicht so verrenken müsste. Ich finde, JR sollte dann entweder _sprachlich_ oberhalb der konsequent vergebenen mindestens 18 Punkte differenzieren oder sie muss halt Zwischennoten einbauen und eingestehen, dass für _diesen_ Zweck – d.h. die Kommunikation mit Wein-Nerds, denen solche feinen Unterschiede in der Spitze wirklich wichtig sind – das 20er-System mit Halbschritten einfach nicht taugt. (Und das sage ich jetzt als einer, der für _unseren_ Zweck damit vollauf zufrieden ist.)
…ich antworte mal hier, weil die anderen Kommentare anscheinend zu weit nach unten verschachtelt sind und es da keinen Antworten-Button mehr gibt…
Ich selbst „lebe“ weder im 100er noch 20er oder sonst einem etablierten System, für eigene Zwecke habe ich zwar ein selbstgestricktes Bewertungssystem, das aber nicht den Anspruch hat, jemand anderen irgendwohin leiten zu wollen. Wenn ich was kaufe, sind mir Punkte mittlerweile (fast immer) Wurscht, ich verlasse mich lieber auf verbale Einschätzungen von Leuten, die ich selbst wiederum einigermaßen einschätzen kann, sofern mir meine eigenen Erfahrungen nicht ausreichen.
Es passiert aber oft genug, daß ich bei selbst verkosteten Weinen mit den unterschiedlichen Profi-Punkten konfrontiert werde und stelle dabei mehrheitlich fest, daß meine Endverbraucherbewertung signifikant unter den Profi-Meinungen liegt, wobei ich allerdings einräumen muß, daß meine Interpretation von z.B. 90 oder 17 Punkten aufgrund meiner eigentlichen Nichtnutzung recht subjektiv ist. Aber vielen anderen „Endverbrauchern“, die die Punkte regelmäßiger leben als ich, geht das dennoch ähnlich wie mir, wie ich das immer wieder z.B. im Weinforum mitbekomme.
Insgesamt bleibt übrig, daß ich bewertungsmäßig praktisch immer mindestens eine Stufe unter den Händlerpunkten liege, was aber letztlich aus meiner Sicht auch irgendwie verständlich ist. Bei den Nicht-Händlern unter den Profi-Bewertern bin ich meist näher dran und erlebe auch häufiger Übereinstimmungen, das kommt aber doch sehr auf die einzelne Person an. Und: auch hier wurde von Felix ja erläutert, daß seine Bewertungen in manchen Fällen eher strategisch geleitet sind, insbesondere wenn’s um die Einordnung zwischen 95 und 100 geht; hab ich jedenfalls so verstanden…
Das alles hat dann über die Jahre bei mir dazu geführt, daß ich aus den „Fremdpunkten“ nunmehr (fast) komplett raus bin.
Das hast Du falsch verstanden: ich habe einmal in meinem Leben strategisch gepunktet, weil ich da im Namen vieler sprach und diese Anekdote habe ich erzählt. Da hatte ein Wein von mir 98 statt 100 Punkte bekommen, wohl wissend, dass diese Wertung eh noch einmal von einer Jury in der Blindprobe überprüft wird. Es gibt ganz selten mal gute Gründe aus strategischen Gründen nicht gleich die 100 Punkte abzufeuern, ansonsten halte ich strategisches Bewerten für unsinnig und glaube auch nicht, dass das häufig vorkommt.
Danke für die Klarstellung! Ich hatte es auch nicht als Regelfall verstanden, es blieb aber nicht in der Weise bei mir hängen, daß es sich um einen Einzelfall handelt…
Sehr unterhaltsam und informative Folge, vielen Dank dafür. Ich habe jetzt ein Jahr lang Robert Parker und Jancis Robinson abboniert und witzigerweise dort eher das Gefühl, dass man mit Punkten für Riesling teilweise großzüger ist als für Burgunder. Bei Jancis steht sogar ausdrücklich auf der Homepage, dass ein Wein in seinem Kontext bewertet wird, was ohne dieses Wissen leicht zu Verwirrungen führen kann. Nach dem Motto, was soll ich soviel Geld für einen Pinot aus dem Burgund ausgeben, wenn der aus Neuseeland, oder auch Deutschland die gleiche Punktzahl hat und ein Zehntel kostet.
Aber was heißt ‚in seinem Kontext bewertet‘? Doch hoffentlich nicht manchmal sind 100 Punkte eigentlich nur 90, sondern sowas wie ‚schmeckbarer Zucker führt bei einem als trocken deklarierten Wein zu Punktabzug, bei einem halbtrockenen aber nicht‘ – alles andere fände ich hochproblematisch.
Ich zitiere einfach mal von der homepage:
When reviewing, for example, New Zealand Pinot Noirs, we score the wines in the context of New World Pinot Noir rather than on the same scale as we would mark red burgundies. So with a score of 18.5, a 2003 Quartz Reef Pinot Noir is not equal to a 2003 DRC and never will be!
Den ganzen Text findet man hier:
https://www.jancisrobinson.com/how-we-score
Okay, das ist dann um dem Handel und den Produzenten Marketingfutter zu geben. Kann man machen, aber nicht, wenn man von Konsumenten Abogebühren für den Zugang zu den Noten verlangt. Finde ich ganz schlimm.
Ach krass – na immerhin machen sie das transparent. Danke für die Info. Ich hab es mir zwar immer gedacht, aber dann nie wirklich nachvollzogen.
Gibt es ne Umrechnungstabelle von PN new World zu Burgund? Und welche Skala hat dann deutscher Pinot? Ne eigene oder sind „wir“ schon Burgund jr. ? 😛
@Timo: Nur interessehalber – hat dich das Abo zu Käufen bewegt, die du sonst nicht gemacht hättest? Und hast du davon schon was probiert und konntest die Kritik nachvollziehen?
merci + cheers
Jan
sagen wir so, das hat mich eher davon abgehalten Burgunder zu kaufen😉.
P.S. Nachdem Du das gelesen hast, hast Du Dich da nicht veräppelt gefühlt? 85 Pfund bezahlen und dann Quatschnoten kriegen, die vor allem Handel und Produzenten erlauben mit Monsterscores zu werben und im Kleingedruckten steht dann ‚übrigens, so gut sind die natürlich gar nicht‘. Also ich bin einigermaßen fassungslos.
Habe das Abo inzwischen gekündigt, denn ich möchte ja schon, dass an alle Weine die gleichen Maßstäbe angelegt werden. Wenn ein New Zealand Pinot Noir nicht Weltklasse sein kann (was ich nicht beurteilen kann, denke aber die werden auch hervorragende Weine da unten machen) dann sollte er die entsprechenden Noten halt nicht bekommen. Die Begründung ist ja, dass sie in großen Jahren im Burgund oder Bordelais zu viele hohe Noten geben müssten, aber dann ist es halt so. Oder meine Weltklasse Maßstäbe werden strenger, der Rest wird entsprechend schwächer benotet und der arme Quartz Reef hat dann nur noch 17 Punkte. Natürlich sagen die Bewerter auch, dass die Weineschreibungen wichtiger sind als die Noten. Die klingen bei Burgundern dann oft euphorisch und man fragt sich warum die Note so niedrig ist. Man müsste sie Burgund-Note, Deutscher Riesling-Note und so weiter nennen, aber wo ist dann irgendeine übergreifende Vergleichbarkeit? Ich finde die Seite eigentlich sehr gut, aber ich bezahle nunmal auch für Noten und die helfen mir im Prinzip mit diesen Maßstäben nicht weiter, denn der Sinn ist ja mir bei der Suche zu helfen. Hätte ich den Quartz Reef gekauft, hätte ich keinen hervorragenden Wein gekauft, sondern einen „für Neuseeland Pinot Noir hervorragenden Wein“. 😕
Hallo Felix,
erst mal vielen Dank für euren tollen Podcast, ich höre seit einiger Zeit jede Folge (auch wenn ich noch nicht auf die Idee gekommen bin auch die alten Folgen nachzuhören 😬)!
Ich hätte mal eine ganz konkrete Frage zum Allendorf: ich habe kürzlich den Höllenberg Goethewein GG gekauft. Ich konnte trotz Internetrecherche nicht herausfinden warum es zwei verschiedene Höllenberg GGs von Allendorf gibt und wo der Unterschied liegt. Weißt du das zufällig?
Danke und LG
Ole
Hallo Ole, nein, weiß ich auch nicht, aber ich mach mich mal schlau und melde mich, wenn ich etwas finde.
Cheers
Felix
Super! Vielen Dank!
Moin Felix,
für mich als Neuling war der Teil mit der Entwicklung der Bluechips super spannend. Kleine Frage am Rande, gehört Georg Breuer nicht dazu? Hatte immer das Gefühl, dass es das Aushängeschild des Rheingaus ist und der Schlossberg erreicht ja mittlerweile auch Preise/Nachfrage die nur B-W und Keller erreichen, Versteigerungsweine mal ausgenommen. Würdest du eigentlich sagen, dass man aufgrund der starken Stellung des VDP gar nicht mehr Bluechip sein kann ohne dem VDP anzugehören? Für mich ist das so ein bisschen bei Koehler Ruprecht angeklungen. Vielen Dank für die ganzen Einblicke!
Grüße
Marvin
Ich hatte mich auf den VDP beschränkt, darauf bezog ich mich auch bei K-R: hat nachgelassen, ob es noch ein Blue Chip ist, müssen wir aber nicht diskutieren, weil wir uns auf den VDP beschränken und das Weingut eh ausgetreten ist.
Nein, man muss nicht im VDP sein, um in der Blue Chip Liga zu spielen. Breuer, Molitor und Ziereisen (der natürlich nicht mit Riesling) sind die drei Blue Chips, die mir spontan außerhalb des VDP einfallen.
Hey Felix,
wie immer super Podcast in dem du(ihr) ein wichtiges Thema (Weinbewertung) sehr schön darstellt.
Was mir etwas zu kurz gekommen ist (Du hast es im letzten Drittel kurz angeschnitten, aber ich glaube es kam etwas zu kurz):
Ich denke, man muss sehr stark berücksichtigen wer bewertet und ob dessen persönliche Skala zu der eigenen passt. – Bei manch einem Kritiker haben meist nur die Auslesen 100 Punkte – also gibt es auf der „GG Skala“ de facto gar keine 100 Punkte sondern nur 98.
Bspw. Lobenberg, da hagelt es 100 und 100+ Punkte. Hier muss man natürlich seinen Hintergrund kennen und auch noch schauen, ob er wirklich selbst bewertet hat.
Seine 100 Punkte sind also keine 100 Bodmann oder Pigott Punkte. Anscheinend sind die 97 Punkte bei Meininger auf ner „echten“ 100 Punkte Skala eben die 100 Punkte. Bei Lobenberg sind anscheinend 100+ die „echten“ 100 Punkte usw..
=> Es gibt keine geeichte 100 Punkte Skala. Als Blindkäufer muss man sich wohl eher auf die Verkoster stützen, die einen ähnlichen Geschmack haben. Und dann ist mir das auch persönlich egal, dass viele nicht zu 100 Punkten greifen.
Ich finde den Punkt, dass es zu wenig 100 Punkte gibt, schon valide. Allerdings auch nicht relevant für mein Kaufverhalten. Man muss die Bewertungen halt richtige interpretieren.
Persönlich finde ich es besser, wenn man bspw. aus Wiesbaden einfach die Spitze empfiehlt und beschreibt. (so wie du oder auch Christoph R. das gemacht haben)
Lieber Jan, ich gestehe mal ganz unverblümt, dass ich überhaupt nicht bei Dir bin. 97 Punkte heißt: Ich verstecke mich im Meer der Kollegen, die den Wein toll finden (und es finden sich ja immer Kollegen, wenn es sich um einen Wein der üblichen Verdächtigen dreht) und 100 Punkte heißt: Ich bin bereit, meinen Namen auf ewig mit diesem Wein zu verknüpfen und übernehme Verantwortung. Ich finde nicht, dass wir das nur kurz angeschnitten haben. Eigentlich ist Dein ganzer Kommentar Ausdruck dieser Rezipientenhaltung, die ich als wichtige Vorraussetzung für die ‚Misere‘ der Kritik ansehe und nur halbscherzhaft zur Publikumsbeschimpfung herangezogen habe. Fühl Dich also bitte gleich noch mal beschimpft 😉
100 Punkte für eine TBA kann jeder. Frag mal bei den Winzern, wie viele dieser manchmal nur 100 Halbflaschen in deutsche Privathaushalte verkauft werden. ‚TBAs säuft der Winzer alle selbst‘ hat mir mal einer – nur halbscherzhaft – geantwortet. Und wer 200 Euro dafür ausgibt, wird nie öffentlich kundtun, dass der Wein gar nicht so toll war. Das haben wir auch schon mal in einer Folge diskutiert.
Und noch ein Grund, warum die 97 nicht 100 sind: 100 heißt ‚besser geht es nicht‘ und 97 heißt das nicht, auf keiner Skala der Welt. Und 100 heißt auch: beansprucht einen Platz im Olymp der größten Weine der Welt und 97 klingelt nicht mal an der Tür. Auch das haben wir lange diskutiert. Vielleicht hörst Du die Minuten 10 bis 40 einfach noch mal 😉
cheers
Felix
Danke für die rasche Antwort 🙂 Natürlich fühle ich mich (nicht) beschimpft! Ehrlicherweise habe ich auch lange überlegt, ob ich das so abschicke, da ihr das Thema wirklich gut und richtig beschrieben habt.
Du siehst das absolut richtig und selbstkritisch. Also 100 Punkte = Verantwortung
Da stimme ich zu 100% zu. Und ja ich würde mir auch viel öfter 100 Punkte wünschen. (Bei Lobenberg vllt etwas weniger.)
Warum das wohl niemals eintreten wird, hast du ja ausreichend besprochen.
Den einzigen Punkt, den ich mir klarer ausgedrückt gewünscht hätte, ist dass 100 Punkte bei x nicht 100 Punkte bei y sind. Da jeder Kritiker eine eigene Skala hat. Manch Skala geht bei Riesling GGs halt nur bis 97 (warum auch immer) Man muss die Punkte mit dem Verkoster in Verbindung setzen, und die Bewertung somit interpretieren.
Ein Beispiel lieferst du ja mit Meininger, anscheinend sind da bei 97 Punkte Schicht im Schacht. Find ich ok, solang man dieses Hintergrundwissen hat (haben die wenigstens, hätte ich ohne dich auch nicht gewusst). Da die Wenigsten das Wissen haben, würde ich mir hier auch die 100 wünschen – ich bin also ganz bei dir.
Ein viel krasseres Bsp für die Herausforderung der Punkteinterpretation sind die „Bewertungsplattformen“. Da kann jeder „Dödel“ Weine hochpushen. (Ich meine, dass Thema vivino und co hattet ihr auch schonmal dahingehend angerissen – „Primitivo-Folge“)
Da sind Weine top bewertet, die haben nichts mit „fine wine“ zu tun. Ist ja fair, nur man muss es als Konsument halt erstmal verstehen.
Ich persönlich habe recht lang gebraucht um zu verstehen, dass ich nicht nach Punkten kaufen sollte, sondern nach Empfehlungen von Menschen (Kritiker, Verkoster, Händler) die einen ähnlichen Geschmack haben wie ich.
=> Ohne Kontext zum Kritiker – Willkommen im Punkte-Dschungel
Cheers
Jan
Und ja ihr beschreibt das zwischen min 56-70 von daher möchte ich das mit „zu kurz angerissen“ abschwächen. Und lediglich unterstreichen, dass Kontext (ins besonders wer ist der Kritiker + hat er einen ähnlichen Gusto) für eine Meinungsfindung extrem wichtig ist.
Lass es mich noch mal versuchen: wenn Du schreibst, die 97 von Meininger sind ja eigentlich 100, dann antworte ich Dir: Nein. Da Chardonnay aus dem Burgund von den gleichen Bewertern regelmäßig 100 bekommt, sind die 97 Ausdruck der Meinung (eben jener Verkoster), dass selbst die besten trockenen Rieslinge niemals auch nur in die Nähe der besten Chardonnay kommen (weil 97 weiter von 100 entfernt ist als 77 von 80, wie wir ausführlich im zweiten Teil der Folge besprochen haben). Du blendest mit Deiner Harmonie suchenden Annahme/Umrechnung ein wichtiges Thema aus, das Du den Verkostern eigentlich um die Ohren hauen müsstest – und dafür wirst Du von mir beschimpft 😉
Macht mehr Krawall!
Valider Punkt! – Das Beispiel ist sehr gut.
Und ja das blende ich aus, weil ich für mich abgespeichert habe, dass ein Riesling GG bei fast keinem Verkoster 100 Punkte bekommt. Wenn die gleichen Verkoster dann im Burgund reihenweise 100 Punkte geben, hast du „leider“ Recht. Für das Verkosterteam sind dann wohl deutsche GGs noch nicht auf dem Niveau wie die Burgunder. Es sind nämlich keine „großen Weine“. Und das passt nicht zum Lied, was überall gesungen wird. (Ich bin selbst Riesling-Fan und finde es somit auch sehr schade)
Und ja eigentlich müsste man das anprangern. Ich für meinen Teil, habe das System aber so akzeptiert wie es ist und versuche es für mein Einkaufsverhalten entsprechend zu interpretieren bzw. die Punkterei nicht allzu ernst zu nehmen.
Ehrlicherweise wüsste ich auch gar nicht, wie ich Einfluss auf Kritiken nehmen kann.
…bei Lobenberg & Co. muß man natürlich deren Intention berücksichtigen! Das sind Händler, die was verkaufen wollen, deshalb gehen die so inflationär mit den Punkten um. Sollte doch eigentlich klar sein. Speziell bei HL einfach mal pauschal 5 Punkte abziehen, dann kommt man der Wahrheit schon näher… 😉
Übrigens: wo werde eigentlich ich beschimpft? Hab nix gefunden… 😀
Finde, Lobenberg ist mit seinen Punkten _im Schnitt_ durchaus im normalen Bereich und auch in den Extremen. Sortiere mal das gesamte Sortiment nach 100ern, 99ern, etc. Ich glaube der erste Wein unter 50€ ist ein Merlot mit 96 oder 97 Punkten, der von 40 auf 30€ heruntergesetzt ist. (So war es vor ein paar Wochen, als ich mal geschaut habe.) „Inflationär“ wäre, wenn in einer Preissparte zwischen 20 bis 30 € zahlreiche 100er auftauchen würden, mit denen man dann ein super Geschäft machen würde. Ich finde eher, dass er um die 95-Punkte-Grenze manchmal nach oben abdriftet, wo ich eher leicht darunter wäre. Aber gut, das ist eben auch das Problem der „Stetigkeit,“ das sich bei allen Verkostern an irgendeiner Stelle bemerkbar macht. Kann mit Lobenbergs Punkten auf jeden Fall oft mehr anfangen als mit den krassen Aroma-Assoziationen (zu denen Felix in der letzten Folge ja auch sehr Passendes gesagt hat).
P.s.: Ok, zwei Zugeständnisse würde ich bei Lobenberg schon machen. Erstens ist bei guten Jahrgängen schon öfter mal der Wunsch Vater der Bewertung. Sprich, da wird dann mal schnell ein Jahrhundertjahrgang draus und die Bewertung verschiebt sich durch die Bank zwei Punkte nach oben… Zweitens wird bei Riesling wirklich sehr häufig in die 100er-Kiste gegriffen. Aber da bin ich eher bei dem, was Felix in dieser oder der letzten (?) Folge meinte: Wenn Riesling so toll ist, dann muss es diese Bewertung in der Spitze ja auch mal geben… Finde daher das eigentlich ein ganz angemessenes Korrektiv. Man könnte das natürlich mal etwas weniger Intuitiv untersuchen und einfach hier einen Vergleich erstellen:https://www.gute-weine.de/eine-entdeckung-wert/von-parker-bewertet/. Lobenberg punktet da auf den ersten Blick mal höher und mal tiefer als Parker. Was es zugegebenermaßen wirklich nicht zu geben scheint, sind aber richtige Ausreißer noch unten, also Lobenberg 89 und Parker 95 oder so. Andersrum eher.
Hallo zusammen,
an dieser Stelle verweise ich gern auf einen Artikel zu Lobenbergs Bewertungssystem von einem recht bekannten Autor 😉
https://www.gute-weine.de/magazin/zweierlei-mass/
Aus Konsumentensicht bleiben zwei Optionen: Man ignoriert alle Bewertungen beim Einkaufen, oder man findet im Laufe der Zeit heraus, welcher der Kritiker am nächsten am eigenen Geschmack und Empfinden dran ist. Auch wenn ich immer im Hinterkopf habe, dass Lobenberg seine Produkte gut vermarkten will, muss ich sagen, dass mir seine Einschätzung meist recht gut passt, zumindest bei den deutschen Weinen.
Viele Grüße
Ach guck, da war doch was 😉 Hatte ich schon ganz vergessen… Ja, man muss die Bewertungen nur zu deuten wissen.
Wir haben es als Weintrinkrunde genossen, dass die Aufschlüsselung zum Gut Allendorf genau zu dem passte, was wir vor einem Jahr in Viererrunde erschmeckt haben, nämlich: Jesuitengarten: Hammer, Hasensprung: Hammer, Rest: Unspektakulär. Und die Guten passten am Abend gut zum Frühtau und etwas glanzloserem Galhans von Emrich-Schönleber. Danke für das Backgroundwissen!