Das ‚Erste Gewächs‘ des Rheingau wird immer wieder totgesagt. Und es siecht, kann nicht aus dem Schatten des VDP GGs heraustreten. Die 2015er wären eigentlich ein Schritt in die richtige Richtung, doch es hapert an der Begeisterung – auch bei den Produzenten.
Schnelles Fazit nach der Premiere der Ersten Gewächse des Rheingauer Weinbauverbandes im Weingut Koegler: viel mehr gute Weine als letztes Jahr.
Die Nicht-VDPisten lieben Technik, hier mal ein bewusst eingeleiteter BSA, da mal eine Extraportion Schwefel für die ‚Mineralik‘, dort ein bisserl mehr Kohlensäure bei der Füllung und immer wieder – wirklich IMMER wieder – der durch Stoppen geregelte hohe Restzucker. Es gibt Winzer wie Crass oder Bott, die in der Vergangenheit trockenere Weine gemacht haben, weswegen ich ihnen glaube, dass der Wein von alleine stehen geblieben ist, aber es gibt auch die üblichen Verdächtigen wie Nikolai oder Altenkirch, denen ich den Mut wünschen würde, ihre tollen Trauben endlich mal ohne Gefälligkeitsgedanken zu einem wirklich trockenen, in sich ruhenden Wein zu vergären. Die können das, denn was sie jetzt zeigen kriegt man nur hin, wenn man seinen Beruf beherrscht. Vermutlich produzieren die ihre süßen Schmeichler, weil es ihren Kunden gefällt und wer verkauft, hat recht. Aber ich kann ja mal träumen.
Was mir gefallen hat, war das einige sich trauten, in diesem warmen Jahr einfach mal fette Schnecken zu produzieren. Viel Alk, bisserl Restzucker, aber so viel Tiefe, dass das alles Spaß macht. Die Flasche will ich beim Rothenberg von Schumann-Nägler oder W. J. Schäfers Hölle nicht an den Hals setzen, die Rieslinge haben aber mächtig (!) Charme. Hans Bausch gefühlt deutlich trockener als sonst, erstmals mit einem eher verschlossenen Wein, dem man viel Potential anmerkt. Stefan Molitor boxt zweieinhalb Gewichtsklassen höher als letztes Jahr, wenn man die Süße mag. Und dann sind da die beiden Goldatzel GGs – ups, äh … EGs natürlich 😉 Gefühlt ist die Hälfte dieser tollen Mineralik/Phenolik auch hier auf Schwefel zurückzuführen, aber geschenkt, der Rest reicht immer noch für zwei dicke ‚Wow!‘s. Laquai, George, Teile der Schönborn-Kollektion, Crass und Bott, es gibt viel zu loben – in Richtung Hochheim nimmt die Begeisterung ab (mit Ausnahme des erwähnten Schäfers).
Erstes Gewächs – Die Begeisterung fehlt
Man könnte noch darüber reden, wie man eine solche Präsentation nicht macht. Wie die Winzer nicht hinter den Tischen stehen, sondern die Gänge versperren, weil die Veranstaltung zu einer reinen Kollegenprobe wird, bei der man sich fast als Störenfried fühlt. Wie sage und schreibe fünf Winzer ‚vergessen‘ zu erscheinen oder ihre Weine vorbeizubringen, wie die ausgewiesenen Tischplätze heimlich geräumt und die Lücken mit Blumenschmuck gefüllt werden. Man sollte auch darüber reden, denn während die Weine der diesjährigen Veranstaltung dem ‚Ersten Gewächs‘ neues Leben einhauchen könnten, wirken ihre Schöpfer erstaunlich lustlos. Ich war tags zuvor auf einer Veranstaltung des VDP-Rheingau, die so von Leidenschaft geprägt war, dass ich alles aufgeben, in den Rheingau ziehen und Winzer werden wollte. Die EG-Präsentation wirkte dagegen teilweise wie eine Pflichtveranstaltung für schwer gebeutelte Landwirte.
Das ist Ihnen zu negativ? Gut, dann zum Abschluss noch was Positives: das gastgebende Weingut Koegler hat mit dem 2012er Eltviller Sonnenberg Spätburgunder Erstes Gewächs einen Wein gezeigt, der da gar nicht hingehörte. Der gehört eigentlich nach Wiesbaden, weil er bei den GGs des VDP ganz gut aufgehoben wäre. Ich glaube, da würde er Angst und Schrecken verbreiten. Den Lorcher Bodental-Steinberg, Spätburgunder Erstes Gewächs 2014 von Laquai könnte er gleich mitnehmen. Der wäre zwar nicht ganz so wirkmächtig, machte aber immer noch eine gute Figur. Kaufen!!!