Liebes Team vom Weingut Georg Müller Stiftung, Sie haben mir vor einigen Monaten freundlicherweise eine kleine Auswahl Ihrer Weine geschickt. Sie hätten sich vor einigen Jahren personell neu aufgestellt und wären jetzt an einem Punkt angelangt, wo Sie erste Früchte ernten und Weine zeigen könnten, die Ihren stilistischen Vorstellungen nahe kämen. Ob ich Lust hätte, diese zu verkosten und Ihnen ein Feedback zu geben, wo sie meiner Meinung nach stehen.
Das war sehr freundlich von Ihnen und schmeichelt mir ein bisschen. Andererseits bin ich der Meinung, dass Blogger, die glauben, gestandenen Winzern und Kellermeistern erklären zu müssen, ‚wo sie stehen‘, sofort standrechtlich zu erschießen sind (vierteilen wäre noch besser, aber dafür findet man heutzutage keine Helfer mehr).
Ich bin generell skeptisch gegenüber unverlangt zugesandten Musterflaschen, allerdings hatten Sie Ihr 2015er Nussbrunnen GG beigelegt und ein Blick in meine Notizen aus Wiesbaden ergab: ich hatte den Wein bei der Premiere 2016 als ‚gutes GG‘ eingeschätzt. Also war für mich klar, dass ich diese Weine irgendwie zum Einsatz bringen würde. Glücklicherweise habe ich eine regelmäßige Gelegenheit, den Proof Pudding Friday. Und da stellte ich Ihre Weine vor einiger Zeit blind zur Verkostung an, jedenfalls die trockenen Rieslinge.
Der 2013er Schützenhaus Erste Lage kam dabei besonders gut weg, weil er blind verkostet alle Gaumen erfrischte (es hatte vorher ein paar spannende, aber auch fordernde Naturweine von Mark Weinreich gegeben) und nach dem Aufdecken einfach allen das Gefühl gab, dass 2013 sich wirklich zu einem der spannendsten Jahrgänge der letzten 15 Jahre entwickelt: die Säure nicht mehr Peitsche, die Mineralik/Phenolik mittlerweile griffig, die Frucht jetzt süß und satt – der Wein wurde zügig genossen, inklusive Ahs und Ohs. Der 2015er gleicher Herkunft war etwas einfacher, aber das lag ausschließlich am Jahrgang, auch der wurde dankbar getrunken. Am Nussbrunnen GG 2015 schieden sich die Geister und das war gut so (weil er nicht ausgetrunken wurde). Kraft, Gerbstoff, Würze – da ist viel Potential und das braucht Luft. Am nächsten Tag (als die Gäste weg waren) tendierte er zu Größe.
Beim Internationalen Riesling Symposium hatten Sie dann noch Ihr 2013er GG angestellt. Meine Herren, das war ein schöner Wein. Ich hätte das dem Kellermeister gerne persönlich gesagt, allerdings war der nach der Probe wie vom Erdboden verschluckt. Und da traue ich mich dann tatsächlich etwas anzumerken, weil ich bei diesem PR- und Marketingkrams eine gewisse berufliche Erfahrung mitbringe. Sie sollten lauter werden. Wer so guten Wein macht, sollte ihn (und sich) offensiv ins Rampenlicht schieben.
Leider kann ich in meinem Blog nicht über Ihre Weine schreiben. Ich habe schon vor langer Zeit beschlossen, dass die bloße Tatsache, dass ich Wein trinke und diesen gut finde, nicht den Nachrichtenwert hat, der einen Blogartikel rechtfertigt. Es muss noch irgendwas anekdotisches dabei sein, sonst ist das keine Story für den Schnutentunker. Vielleicht kann ich ja Ihr Weingut besuchen, wenn ich das nächste mal im Rheingau bin und dann schnacken und verkosten wir und dann findet sich irgendwas. So ganz unter uns würde ich jetzt mal sagen, Sie sind auf einem wirklich tollen Weg. Das schreibe ich aber nur Ihnen und nicht öffentlich (Sie wissen schon: Erschießung).
Es gibt nur ein Problem: Ich habe Ihr Anschreiben an einem Ort aufbewahrt, wo ich es garantiert wieder finde, damit ich Ihnen mein Feedback zeitnah nach der Verkostung übersenden kann. Ich habe ein paar Stapel in meinem Büro mit Dokumenten, die ich garantiert wieder finde. Ich bin mir auch sicher, dass ich es ganz bald wieder finde. Bis dahin bewahre ich diesen Text an einem Ort auf, wo ich ihn garantiert wieder finde. (Note to self: Ehefrau fragen, ob Sie diesen vermaledeiten Brief vom Weingut Georg Müller Stiftung gesehen hat, letzten Absatz streichen, Passage über die schönen Rotweine anfügen, Grußfloskel, Drucken, unterschreiben, absenden etc. pp)