Luftaufklärung

Die Idee hinter der Deutschen Wein-Entdeckungs-Gesellschaft ist ungewöhnlich und machte mich sofort neugierig: Ein kompetenter Verkoster stachelt ebenso kompetente Winzer dazu an, einen Wein zu machen, wie es ihn noch nicht gegeben hat. Genauer will ich es gar nicht ausführen, denn die Webseite des Projektes beschreibt das ganze Vorhaben viel ansteckender als ich das könnte. Der erste Projektwein ist fertig und ausgeliefert und es ist die erhoffte Überraschung: unter dem Label der Entdeckungsgesellschaft warfen die renommierten Knipser-Brüder ein paar Prinzipien über Bord und kreierten einen Wein, der aus drei verschiedenen Jahren stammt (das tut ‚man‘ ja normalerweise nicht) und ausschließlich deutsche Rotweinsorten vermählt – darunter der nicht gerade hochgeschätzte Dornfelder. Auch hier möchte ich nicht als Spielverderber auftreten und die lesenswerte Geschichte des Weines in allen Details nacherzählen – die ganze Story bleibt vorerst Mit-Entdeckern vorbehalten. Vom Wein gibt es aber schon mal ein paar Eindrücke. Denn ein erstes Exemplar des ‚Roten Barons‘ flog diese Woche zur Erkundung in mein Glas.

Weingut Knipser & Deutsche Wein-Entdeckungs-Gesellschaft, ‚Der rote Baron‘ Rotweincuvée trocken (aus 2006, 2007 und 2008). In der Nase mittelkräftig mit Kirsche, Pflaume, Lavendel und einer kräftigen Portion Holz. Am Gaumen besticht der Wein mit einer kräftigen aber feinen Säure bei mittlerem Körper und einer schönen Frucht (Blaubeere und Pflaume). Holz und Tannin prägen den Abgang ohne ihn über Gebühr zu dominieren. Das ist schon sehr vielversprechend. Und gemessen am Anspruch? Eine hochwertige Cuvée mit Dornfelder, die von diesem nicht dominiert und ‚nach unten gezogen‘ wird, soll es sein. Das ist der ‚rote Baron‘ definitiv.

Der Jungfernflug der Entdecker ist ein voller Erfolg.

Füllwein (5)

Mein (Wein-)Leben besteht nicht nur aus Großen Gewächsen sondern auch aus Alltagsweinen. Einige davon sind erwähnenswert, über andere decke ich den Mantel des Schweigens. Hier ein paar Kurznotizen zu Weinen, die ich jüngst getrunken und auf die eine oder andere Weise für erwähnenswert befunden habe. Füllwein (5) weiterlesen

Schief und Schiefer

Schiefer Riesling 2007, Birkweiler Kastanienbusch, Weingut Siener, Birkweiler, Pfalz. Der Wein wächst auf einer schieferhaltigen Parzelle (auch wenn es sich vermutlich um Rotschiefer und nicht um Devon- oder Blauschiefer handelt) der berühmten Birkweiler Lage. Wer jetzt allerdings einen Wein mit Moselhafter Filigranität erwartet, wird enttäuscht. Für mich ist das, was sich dort im Glas zeigt, ein Erkenntnisgewinn: wird der Boden im Gesamtkomplex ‚Terroir‘ deutlich überschätzt und das Klima macht doch 90% eines Weintyps aus? Schief und Schiefer weiterlesen

Bassermann-Jordan, Deidesheim Hohenmorgen 2006

Weingut Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan, Deidesheimer Hohenmorgen, Riesling trocken, Großes Gewächs, 2006. Den Wein wollte ich mir eigentlich zum Wochenausklang gönnen. Habe ihn dann aber nach einer Stunde wieder weggestellt und beschlossen, ihm weitere Chancen zu geben. Die Verkostungsnotiz daher als Etappenrennen.

Freitag: Eine Stunde belüftet präsentiert sich der Wein in der Nase zurückhaltend mit etwas Pfirsich, Erdbeere und einer Spur Marzipan. Riecht angenehm auch wenn eine minimale Spur Firne den Jahrgang ankündigt. Am Gaumen sehr straff und kompakt: wenig Frucht, Karamell, leichte Hitzenote wie man sie manchmal in Überseerieslingen findet. Schmeckt trocken und bindet den Alkohol (13%) gut ein. Im Abgang schlägt dann allerdings ein gnadenloser Bitterton zu und macht alles kaputt. Fängt an wie 90 Punkte und endet bei gut 80. Jetzt erst mal wegstellen und später noch mal probieren.

Samstag: Viel besser!!! In der Nase ist der Hohenmorgen immer noch recht leise, jetzt aber etwas blumig-süßlich und immer wieder ein Hauch Marzipan. Am Gaumen wieder straff, kompakt jetzt aber auch enorm druckvoll, saftig und etwas sauberer. Trotzdem hat er etwas Würziges und kann den Jahrgang nicht verleugnen. Im langen Abgang jetzt nur noch mineralisch ohne bitter zu sein, dafür meldet sich der Alkohol zu Wort. Punktemäßig kratzt er an den 90.

Sonntag: Gleiches Bild wie Samstag, ein toller Wein. Allerdings messe ich ihn halb unterbewusst mit seinem 2007er Pendant, den ich vor drei Wochen trinken durfte. Und da das Bessere bekanntlich der Feind des Guten ist, mag ich den 2006er nicht über die 90 Punkte hieven. Der jüngere Bruder präsentiert sich klar, frisch und so vibrierend, da ist der 2006er einfach ein grummeliger Vertreter der eher herben Art.

Fazit: Ein Wein mit viel Power und Mineralik aus der Kategorie Dickschiff mit langem Nachhall, der aber nicht mit Typizität punktet, sondern eher mit Macht und Fülle. Zu trinken jetzt (mit ein paar Stunden Luft) oder doch lieber in ein paar Jahren. Ein straffer Paraderiesling wird er aber nie werden. 89 bis 90 Punkte.