Wiesbaden GG

#vdpgg19 Wiesbadener GG-Premiere 2019, Tag 2

Heute tagt die Wiesbadener Kasperlgruppe in Bestbesetzung, was bedeutet, dass ich nicht nur auf den Rücken von Sam Hofschuster von Wein-Plus schaue, sondern auch auf den vom Würtz. Und letzterer verlangt nach Riesling, also starten wir auch damit.

Riesling

Pfalz 2018

Schwarzer Herrgott von Philipp Kuhn ist also der erste Wein des Tages, der riecht sehr reif, schmeckt dann aber frisch, ist ziemlich fest und verschlossen und trotzdem ein schöner Start. Kuhns Kirschgarten sowie Mandelpfad und Steinbuckel von Knipser sind allesamt sehr reif, um nicht trinkreif zu sagen, machen viel Vergnügen, sollten aber vielleicht nicht zehn Jahre reifen, dann könnten Sie zu üppig werden. Zwei Mal Saumagen zum Abschluss: Kuhn saftig, Rings würzig. Letzterer ist für mich der beste Wein im Flight, auch wenn (oder vielleicht weil) er noch sehr unruhig wirkt.

Der Weilberg hat 2018 offensichtlich gute Bedingungen geboten, denn die drei Weine daraus haben ordentlich Zug. Karl Schäfer mit schmeichelnder Aloe-Vera-Nase, Pfeffingen riecht nach Botrytis und Rings nach Schießpulver, am Gaumen alle drei mit frischer Säure und klarer Frucht, ein tolles Trio. Daneben drei mal Ungsteiner Herrenberg wobei Rings durch Fitz-Ritter ersetzt wird, der den offensten Wein präsentiert. Pfeffingen mit feiner Phenolik im Abgang und einigem Potential, Karl Schäfer rauchig-würzig und sehr spannend. Schäfers Michelsberg komplettiert dann eine gelungene Kollektion.

Acham-Magin hat Mega-Zug auf seinem Pechstein, das ist ‚Hallo Wach‘. Glücklicherweise mündet das in einem tollen mineralischen Abgang, was dem Wein die nötige Ernsthaftigkeit verleiht. Gefällt mir sehr. Erste Gänsehaut des Tages dann beim Pechstein von Bassermann-Jordan: reife Nase, fester Kern, enorme Tiefe und trotzdem spielerisch in den kreidigen Abgang. Mosbacher kommt da nicht ganz mit, obwohl er – wie eigentlich immer – tollen Stoff abliefert.

Andersrum beim Jesuitengarten, wo Mosbachers Riesling die pure Verführung ist, während Bassermann zwar tolle Frische, aber nicht die gleiche Tiefe bietet. Schließlich drei Mal Ungeheuer und etwas, was in Wiesbaden fast nie vorkommt, Mosbacher hat Kork! Reiche ich später nach (Anmerkung: hat nicht mehr geklappt). Acham-Magin zeigt seinen besten, würzigsten, komplexesten Wein, während Bassermann noch mal die Gänsehaut kitzelt: Das ist der zweite große Wurf.

Beim Kirchenstück liefern beide Weingüter solide ab, wer schmeckbares Holz mag, sieht Bassermann vorne. Mosbachers Freundstück ist extrem gut, wenn man die leichte Süße mag, Bassermanns Interpretation der gleichen Lage wirkt nicht viel trockener. Alles sehr ordentlich, bereitet es die Bühne für Christmanns ersten Auftritt: Reiterpfad Hofstück. Der ist straff, tief und wundervoll mineralisch und hat hier leichtes Spiel: Flight-Primus.

Noch einmal richtig aufdrehen: Bassermann-Jordans Grainhübel ist straff, kalkig und trocken – wunderbar. Langenmorgen und Hohenmorgen sind deutlich cremiger, letzterer glänzt aber mit Laser-Säure. Mosbachers Langenmorgen und Kieselberg sind nichts für Mager-Wein-Fanatiker (copyright Truszkowski) wie den vor mir sitzenden Sam Hofschuster. Haben die üblichen zwei Gramm Zucker mehr und laden sehr offen zum Trinken ein. Christmanns IDIG wirkt danach noch straffer und karger, als er ohnehin ist. Den finde ich aufregend, er wird aber noch etliche Jahre brauchen.

Ähnliches möchte ich über die Meerspinne behaupten, wenngleich sie nicht die gleiche Tiefe erreicht. Müller-Catoirs Im Breumel ist würzig, stoffig und jetzt schon enorm opulent – braucht deutlich weniger Reifezeit als der IDIG. Minges Hölle – Unterer Faulenberg ist dann wunderbarer Riesling ohne Firlefanz mit Pfälzer Bumms – gerne Eimerweise.

Siegrists Sonnenberg ist hell, frisch, kreidig und außergewöhnlich gut, wenngleich zwei Gramm Restzucker weniger die Perfektion bedeutet hätten. Das merkt man, wenn man unmittelbar danach den wahnwitzig schönen Kalmit von Kranz probiert. Auch sein Kirchberg hat diesen tollen Zug, aber nicht die gleiche, atemberaubende Phenolik. Die findet sich dann wieder bei Rebholz Im Sonnenschein, der trotzdem nicht ganz an den Kalmit rankommt. Der Ganzhorn schafft’s dafür, und verschlägt mir die Sprache, daher keine weitere Beschreibung dieses Giganten. Was für ein toller Flight!

Mit meiner Kalmit-Begeisterung bin ich hier übrigens isoliert. Den finden die anderen schwächer als den Kirchberg, sehr gut, oder ‚kann ich nichts mit anfangen’. Einigkeit herrscht beim Ganzhorn und bei der gehobenen Augenbraue für Siegrist. Die Meinung von Dirk Würtz lesen Sie hier.

Drei Mal Kastanienbusch: der einfache von Dr. Wehrheim ist rauchig, offen mit schöner Säure im langen Abgang, der ‚Köppel‘ etwas blumig und frischer. Rebholz mit beeindruckender Struktur, aber verschlossen wie eine Auster. Er deutet an, dass er wohl mal einer der besten dieses Jahrgangs sein wird.

Pfalz 2017

Reiterpfad In der Hohl von von Buhl verzaubert mit einem wilden Stinker in der Nase, braucht aber noch Zeit, um am Gaumen mehr als nur seine Machart zu zeigen. Ich bin optimistisch. Bürklin-Wolfs Pechstein ist saftig, fest und hat seine tolle Säure schon gut integriert – ganz hohes Niveau. Das Ungeheuer aus gleichem Hause hat dazu noch so einen fleischigen Biss, das ist genau mein Beuteschema – ein Hammerwein. Pechstein, Jesuitengarten, Kirchenstück und Freundstück sind bei von Buhl alle durch den gleichen Holzwolf gedreht worden. Ich kann damit nichts anfangen, andere sind begeistert.

Baden 2018

Andreas Laibles PlauelreinAm Bühl‘ kommt wieder einmal mit dieser Schwerelosigkeit, die man aus Baden nie erwarten würde. Regelmäßig eines der am meisten unterschätzten GGs.

Rheinhessen 2018

Was habe ich mich auf das Debüt von Bischel gefreut. Jetzt gibt es also auch beim Binger Scharlachberg die Möglichkeit, drei verschiedene Interpretationen einer Lage zu vergleichen. Kruger-Rumpf ist hell, zitrisch und frisch, Wagner-Stempel wirkt dagegen leicht malzig, viel dunkler, ein bisschen geheimnisvoll, aber vor allem: großartig. Ganz da ran kommt Bischel nicht, aber nach der saftigen Zugänglichkeit kommt tolle Phenolik im sehr langen Abgang und macht eines klar: gelungene Premiere! Auch der Hundertgulden, erst durch den Beitritt der Bischels in die Liste der Großen Lagen aufgenommen, lieferte Bischel Trauben für ein echtes GG.

Auf zum roten Hang: Gunderlochs Rothenberg ist sehr typisch, leicht rauchig und eher üppig, hat aber ausreichend Säure um alles zu strukturieren, sehr gut. Rothenberg ‚Wurzelecht‘ von Kühling-Gillot mit ähnlicher Aromatik aber mehr Phenolik. Pettenthal wie immer ‚heller‘ und eher mein Liebling, aber das ist eine sehr subjektive Sicht, mit der ich regelmäßig Einzelgänger bin. Ob ich hier Gunderloch, Kühling-Gillot oder Schätzel besser finde, will ich in der Kurzprobe nicht festlegen. Es sind drei großartige Weine, die echten Lagencharakter transportieren. Der Zehnmorgen von St. Antony kommt vom Kalkboden im unteren Teil des roten Hangs und schmeckt ganz anders, aber – ohne Schleimerei beim vor mir sitzenden Gutsdirektor – kann es mit den Schieferweinen aufnehmen. Ein beeindruckender Flight.

Der Hipping aus gleichem Hause ist fast cremig, burgundisch, aromatisch aber wild, und ziemlich süß, was die Lage eher überdeckt. Mehr Typizität bei Gunderloch und Kühling-Gillot. Wieder kein Sieger, aber Glückseligkeit. Ölberg von Schätzel und Kühling-Gillot dann zwei schöne GGs, die nach so viel Spektakel nicht ganz zur Geltung kommen.

Battenfeld-Spaniers Frauenberg und Kirchenstück eröffnen die Nachmittags-Session. Beide sind sehr zugänglich und ungewohnt fruchtig, trotzdem gut. Wittmanns Aulerde hat richtig Zug. Groebes Kirchspiel ist der erste eher würzige Wein im Flight und Wittmann präsentiert in seinem Kirchspiel dann das Beste aller Weine aus dieser Gruppe und räumt ab.

Sein Brunnenhäuschen ist zitrusfruchtig mit schöner Säure und feiner Phenolik im Abgang, sehr zugänglich und gut. Kellers Abtserde ist wild, noch von Hefe geprägt, sehr lang und mit viel Potential, wirklich schön. Gutzlers Morstein ist auch noch sehr versteckt, hat aber große Anlagen. Wittmanns Version der Lage strahlt hingegen reintönig und schön. Wilder dann der letzte Wein in diesem schönen Flight: Battenfeld-Spaniers Zellerweg am schwarzen Herrgott legt eine schicht Schießpulver über seine schöne Frucht und das gefällt mir.

Bischels Heerkretz ist so bissig! Feine Phenolik und krasse Säure, wie man sie in 2018 nicht erwarten würde. Ich glaube, wenn 90 Prozent dieses Jahrgangs schon die Grätsche gemacht haben werden, strahlt der immer noch und wirkt frisch. Wagner-Stempels Wein aus gleicher Lage wirkt danach weichgespült. Zum Glück steht hier ein Brotkorb. Und siehe da: auch dieser Wein gehört in die A-Liga mit seiner strahlend-schmirgeligen Stein-Säure-Kombination. Letzter Rheinhesse dann der Höllberg von Wagner-Stempel. Der ist dunkler, wärmer, aber gegen die Heerkretze chancenlos.

Nahe 2018

Hier geschildert sind nur meine heutigen Verkostungseindrücke. Ich habe einige dieser Weine schon ausführlicher für den Gault&Millau verkostet. Meine Eindrücke von diesen Verkostungen bleiben hier unberücksichtigt.

Kruger-Rumpfs Dautenpflänzer ist ziemlich fruchtig und sehr charmant. Dirk Würtz in der Reihe vor mir gerät ins Stocken und überlegt, ob er das jetzt nicht einfach trinken soll. Na, wenn das kein Ritterschlag ist. Im Pitterberg aus gleichem Hause ist bissiger und für mich der bessere Wein. Diels Pittermännchen ist wahnsinnig harmonisch, Joh. Bapt. Schäfers Version ein bisschen weniger würzig, aber nicht schlechter. Sein Goldloch ist einfach ein monsterguter Wein. Ohne Worte. Hier hat Diel dann die etwas einfachere Version am Start, die aber ebenfalls höchsten Ansprüchen genügt. Was für ein toller Flight.

Kruger-Rumpfs Burgberg überzeugt mit tollem Süße-Säure-Spiel. Beim herausragenden Roxheimer Höllenpfad im Mühlenberg ist der Abgang flüssiger Stein. So pur hat man das selten bei Dönnhoff. Sein Krötenpfuhl wirkt danach wie ein echter Schmeichler. Danach drei Mal Dr. Crusius: Mühlberg im Rotenfels fruchtig harmonisch mit toller Säure, Steinberg sehr blumig und mir ein bisschen zu süß, die Bastei mit ihrer typischen Grüntee-Aromatik. Die ist mir häufig zu zart, dieses Jahr aber mit ansprechend Power.

Beim Rotenberg von Gut Hermannsberg hat man ein rundes harmonisches Kraftpaket im Glas. Dönnhoffs Brücke ist noch sehr von Hefe geprägt, darunter kräutrig, würzig und gut. Der Steinberg von Gut Hermannsberg ist dem Rotenberg durchaus ähnlich und Dönnhoffs Hermannshöhle startet durchschnittlich und hat dann einen so langen, komplexen und harmonischen Abgang, dass ich mit offenem Mund da sitze, während ich dies tippe.

Kupfergrube: Schäfer-Fröhlich ist wild, würzig, lässt Großes erwarten. Dr. Crusius strahlt und hat ausreichend Säure, um mit der schönen Frucht ein Tänzchen zu wagen. Dönnhoffs Felsenberg ist weich, aber ausreichend würzig, um nicht als ‚charmant‘ verunglimpft werden zu müssen. Dann drei weitere Felsenberg: Schäfer-Fröhlich mit viel Säure und Phenolik, darüber seine typischen, wilden Hefenoten. Dr. Crusius für seine Verhältnisse geradezu außer Rand und Band, eifert Schäfer-Fröhlich nach, nur ohne die Hefenoten und Gut Hermannsberg mit der konventionellsten Interpretation der Lage, die keinesfalls zu verachten ist.

Emrich Schönlebers-Frühlingsplätzchen hat eine klare, mühelose Frucht, und viel tolle Säure – vom Einfachen das Gute, ach was, das Allerbeste! Schäfer-Fröhlich setzt auf seinen Wein aus der Lage ein bisschen Haus-Stil drauf, bleibt aber auch auf der charmanten Seite. Der Halenberg von Emrich-Schönleber ist Riesling in XXL, so lang, tief und komplex gibt es das selten, aber er ist auch üppig. Hofschuster und ich diskutieren angeregt, ob das in 15 Jahren so üppig wird, dass man es kaum trinken kann, oder ob das dann der beste trockene Riesling der Welt sein wird. Es geht nichts dazwischen 😉

Nahe 2017

Diels Burgberg ist leise, hat viel feine Säure und ausreichend Substanz, ist aber total verschlossen. Gut Hermannsberg hat mehr Druck, aber auch aus gefühlt mehr Restzucker. Der braucht auch noch einiges an Zeit um sich zu sammeln, hat aber Anlagen. Der Hermannsberg hat eine betörend saftige Frucht. Finde ich fantastisch.

Mosel 2018

Knebels Röttgen ist ein ziemliches Brett. Power pur für Menschen, die das mögen. Ich mag das. Heymann-Löwensteins Version ist etwas charmanter, tappt aber nicht in die Zuckerfalle. Braucht Zeit und wird dann gut. Wieder Knebel, diesmal der Uhlen: heller, frischer, zarter – und ganz toll. Löwensteins Kirchberg hat ein bisschen Honig in der Nase und ganz viel schöne Frucht am Gaumen, gepaart mit ansprechender Säure.

Ich schreib hier nur über positive Eindrücke, aber keine Regel ohne Ausnahme: Clemens Buschs Marienburg ist so bitter, da ist das Wort ‚schwierig‘ wohl mal angebracht. Auch bei Dr. Loosen zeigt sich, wie schwierig das Jahr war. Der Würzgarten allerdings ist ein echtes Vergnügen. Unterm Strich bleibt nach den ersten zwei Flights ein Loblied auf Knebel.

S.A. Prüms Wehlener Sonnenuhr ist duftig, leicht und zart. Wohltuend. Schloss Liesers Version hat mehr Bumms und ist charmant mit Tiefgang. Dr. Loosens Himmelreich hat viel Zug und angenehmes Spiel, aber auch nach 24 Weinen bleibt unter dem Strich nur ein Loblied – Sie wissen schon.

Lieser Niederberg Helden von Schloss Lieser mit festem Kern, schöner Säure und viel Potential, nicht vollkommen frei von Bitterstoffen, aber doch sehr gut. Juffer von Fritz Haag ist ganz schön üppig, aber blitzsauber und vielversprechend. Die Juffer-Sonnenuhr aus beiden Häusern ist unglaublich konzentriert. Die müssen vermutlich sehr lange reifen, dann könnten sie groß werden.

Schloss Liesers Goldtröpfchen ist ein richtiges GG, das ist in diesem Kontext erwähnenswert. Denn das Zwischenfazit (vier Flights fehlen noch und werden morgen nachgeholt) der Moselverkostung ist: Knebel, dann lange nichts, dann die Brüder Haag (Schloss Lieser, Fritz Haag) in Normalform und dann wird es schon unterdurchschnittlich.

Hier geht die Berichterstattung weiter…

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