Der erste Teil meines Verkostungsberichtes über die Großen Gewächse der VDP-Winzer beschäftigt sich mit den Weinen aus Silvaner, Weiß- und Grauburgunder, Chardonnay, Pinot Noir und Lemberger.
Kann man seriös 420 Weine in drei Tagen verkosten? Ich glaube nicht. Aber man kann 420 Weine kurz probieren und eine Entscheidung fällen, ob man sie verkosten will und dann vielleicht die Hälfte seriös verkosten. Bei rund 1350 Minuten am Verkostungstisch bleiben im Schnitt pro Verkostung fünf Minuten. Jeder der schon einmal Weine verkostet hat, die er kennt und mag, von denen er vielleicht sogar zehn Jahrgänge in jung und alt getrunken hat, der weiß, dass man manchmal nur zwei Minuten braucht, um den neuen Jahrgang eines solchen Weines einzuordnen – und manchmal nach fünf Minuten kein bisschen weiter ist. Also muss neben der Entscheidung zur Nichtverkostung noch eine weitere Sicherheitsmaßnahme her: das öffentliche Eingeständnis: ich werde diesem Wein heute nicht gerecht werden können, breche die Verkostung ab mit dem Wissen: ich bräuchte mehr Zeit. Das passierte mir satte 30 Mal in diesem Jahr (so häufig wie selten zuvor). Bei einigen war ich bis zu dem Punkt immerhin so weit durch den Wein durchgestiegen, dass ich die Notiz hier – entsprechend gekennzeichnet – veröffentlichen mag.
Vorauswahl per Instinkt
Ungefähr die Hälfte aller in Wiesbaden vorgestellten Weine lockten mich im Probeschluck nicht zur Detailverkostung. Die hakte ich innerlich ab: gutes GG, zurecht hier, aber nicht so besonders, dass ich es besprechen muss. Weine für Stammkunden der Weingüter, Sammler der Region, Fans aus irgendeinem Grund. Lediglich 10 Weine fand ich nach dem ersten Probeschluck so grausam, dass ich dachte: das ist kein GG. Folgende Notizen landeten dabei in meiner Tabelle: Banal süßlich, das hat kein GG Niveau; Finde ich richtiggehend schwach, einfach, limonadig; Das ist sauer und unterkomplex, es fehlt Substanz; Sehr süß und einfach; Das ist einfach nur sauer; Ärgerlich süß; Die Säure schüttelt mich richtig durch. Wo kommt die denn her? (bei einem 2018er); Kokoskarrikatur; Das ist wirklich schwach; Furchtbarer Kokoskringel. Welche Weine das waren? Netter Versuch…
Also bleiben bei den Weinen, die ich vielleicht nur einmal im Jahr im Glas habe (in Wiesbaden) im Schnitt 7 Minuten. Damit kann man enorm viel anfangen, erst recht wenn man das zum insgesamt siebten Mal macht. In dieser Art von Verkostung für diese deutschen Weine – so viel Selbstvertrauen habe ich – habe ich ausreichend Übung.
Kurznotizen als erste Anhaltspunkte
Trotzdem ist die Irrtumswahrscheinlichkeit hoch, sind alle Verkostungsnotizen keine finalen Urteile über die Weine, sondern eine Hilfestellung. Insbesondere wer meinen Geschmack kennt, kann damit etwas anfangen. Wer mir nicht regelmäßig folgt, sollte sich sowieso weitere Meinungen einholen.
Ich benote oder bepunkte die Weine in Wiesbaden nicht, aber ich ordne sie ein. Einfachste Kategorie: gutes GG. Die Weine tauchen hier wie beschrieben nicht auf. Zweite Kategorie: Ein besonderes GG, dass auch sehr kritische Geister in seinen Bann zu ziehen vermag und bei idealem Reifeverlauf einmal ein grandioser Repräsentant seines Weinguts, Gebiets und seiner Rebsorte sein wird. Und dann die Kategorie: Weltklasse. Dabei gehe ich davon aus, dass der Konsument deutschem Wein gegenüber aufgeschlossen ist. Wenn ich ‚Weltklasse‘ rufe, meine ich nicht, wird einen Riesling hassenden Burgundersammler zur Anbetung auf die Knie zwingen, sondern: wenn Sie dieses GG dereinst gereift im Kreise einiger Deutschweinliebhaber öffnen, könnte der eine oder andere mit den Tränen kämpfen, so unfassbar großartig ist das. Innerhalb beider Kategorien mache ich noch interne Abstufungen mit plus und minus, die die Reihenfolge der Verkostungsnotizen bestimmen. Was innerhalb einer Kategorie oben steht gefiel mir am besten, wobei ich zwei oder drei gleichberechtigte Favoriten haben kann, ohne das separat zu erwähnen.
Silvaner
Die Winzer Frankens haben massive Probleme: sie haben kaum Wein zu verkaufen, da der Frost im letzten Jahr fürchterliche Schäden anrichtete. Entsprechend wenig Anstellungen gab es in Wiesbaden. Dafür war die Qualität der Weine herausragend.
Vorgestellte Weine: 17; Weltklasse: 7; Hervorragend: 7
Weltklasse:
Paul Weltner, Rödelseer Hoheleite, 2020. Blumig-helle Nase zum Verlieben, am Gaumen wunderbar leise, etwas Zitrusfrucht und grüner Apfel, ganz viel feinste Phenolik unendliche Länge. Das ist noch pures Potential, aber die Proportionen sind jetzt schon perfekt.
Hans Wirsching, Iphofener Julius-Echter-Berg, 2019. Vollfruchtige Nase. Hat eine wunderbar kühle, saftige Art, wird dann etwas cremig, bevor man im Abgang gegen eine leicht malzige Wand aus fester Mineralik läuft, die in den kommenden Jahren der Entwicklung diesen Wein zu höchsten Höhen tragen dürfte. Die dunkle Seite der Silvaner-Macht.
Juliusspital Würzburg, Würzburger Stein-Berg, 2019. Ziemlich kräutrige Nase, am Gaumen beißend mineralisch, gelbfruchtig, enorm konzentriert, aber nicht fett, spürbarer Alkohol, was aber ganz gut zu dieser hellen, frischen Anmutung passt, kalkig, kreidig, spektakulär.
Rudolf May, Thüngersheimer Rothlauf, 2020. Extremer Heuboden in der Nase, auch etwas gemüsig, aber im angenehmen Bereich; am Gaumen cremig, aber nicht buttrig, leise, Blüten und etwas Grapefruit in der Aromatik, dann wird es kalkig und klingt sehr lang und harmonisch aus. Ein Baby mit extrem viel Potential.
Rainer Sauer, Escherndorfer Am Lumpen 1655, 2020. Zunächst leicht schweißige Nase, was sich aber weitgehend wegschwenkt, dann kommt grüner Apfel, den ich auch am Gaumen wiederfinde, dort gesellt sich etwas Zitrus dazu, frische Säure, blumige Noten, versprüht Zartheit, kommt mit zupackender, kreidiger Phenolik zurück und treibt den Gaumen vor sich her. Was für ein Grip, was für ein Wein!
Zehnthof Luckert, Sulzfeld, Maustal, 2020. Tolle Struktur. Anders als meist leistet sich das Maustal viel Frucht (vor allem Apfel) und dazu würzige Noten, die an blonden Tabak erinnern. Wird dann sehr mineralisch, bevor es im Abgang wieder fruchtig wird. Toller Spagat zwischen Frucht und Phenolik.
Schloss Sommerhausen, Sommerhausener Steinbach Alttenberg 1172, 2019. Tolle Zündplättchennase, die den Auftakt zu einer würzigen Spannung bildet, die von intensiv kräutrigen Noten am Gaumen fortgesetzt wird. Reifer Apfel, nicht zu laut, tolle Säure, sehr unruhig, aber unheimlich aufregend, könnte riesig werden (muss aber nicht).
Hervorragend:
Fürst Löwenstein, Homburger Kallmuth, 2019. Schöne sortentypische Nase mit viel Kräutern auf der eher dunklen Seite, am Gaumen leicht kandierte, wunderbar süße Frucht, dann wird es kräutrig und zum Abgang hin mineralisch. Das war mein erster in Wiesbaden verkosteter Wein dieses Jahr und ein wundervoller Auftakt.
Bürgerspital zum Hl. Geist, Würzburger Stein-Harfe, 2020. Das ist in der Nase etwas fruchtiger und reifer als die Flightpartner Weltner und Wirsching, am Gaumen ebenfalls. Mit schönem Spiel, viel Typizität und großer Harmonie, aber nicht der Gänsehaut der beiden Wettbewerber.
Rudolf May, Retzstadter Himmelspfad, 2020. Etwas zugänglichere, klassischere Fruchtanmutung als Mays Rothlauf: saftiger Apfel, sogar leicht überreif. Diese Aromatik ist aber nicht dominant, sondern teilt sich den Gaumen mit Kräutern und feiner Phenolik. Das Paket ist so zugänglich, dass man zum Frühschoppen blasen möchte. Darüber sollte man das Potential des Weines aber nicht vergessen, wenngleich er dereinst vermutlich nicht ganz an den Rothlauf heranreichen wird.
Horst Sauer, Escherndorfer Am Lumpen 1655, 2020. Seriös würzige Nase, ohne viel Frucht, eher mit reichlich Tabak. Am Gaumen auch kompromisslos würzig, rauchig, trocken, mit toller Säure und toller Balance, erst zum Abgang hin meldet sich angenehm reifer, süßer Apfel. Das ist große Klasse.
Hans Wirsching, Iphofener Kammer, 2019. Eher reife Nase, nicht die Spannung wie Wirschings Julius-Echter-Berg, aber im Mittelbau und zum Abgang hin große Feinheit und Balance, was ihn weit über den Durchschnitt hebt; angenehm fruchtiger Abgang!
Schmitt’s Kinder, Randersacker Pfülben, 2020. Das ist von Anfang bis Ende auf der rauchig dunklen Seite des Silvaners angesiedelt. Die Frucht geht in Richtung Boskop, die Kräuter in Richtung Heu, die Mineralik in Richtung Malz. Die Schöne Säure hält das alles gut zusammen und sorgt für Zug, mittellanger Abgang.
Egon Schäffer, Escherndorfer Am Lumpen 1655, 2019. Die einzige parfümierte Nase im Feld, dann klassisch Frucht, etwas Kräuter, feine Phenolik im Abgang. Alles drin, alles dran, sehr gut. Einfach zu verstehen, aber kein simpler Wein.
Chardonnay
7 Weine standen auf dem Probentisch und nur einer war rasch als ordentliches GG identifiziert. gleich drei Mal musste ich einsehen, dass die Kurzprobe dem Wein nicht gerecht wird.
Probierte Weine: 7; Weltklasse: 0; Hervorragend: 3 Schwer zu greifen: 3
Hervorragend:
Bernhard Huber, Hecklinger Schlossberg, 2019. Zeigt jetzt schon deutlich Substanz, viel Frucht, dezente Würze, nussig, aber nicht buttrig, bissige Mineralik in feiner Balance. Könnte tatsächlich ganz groß werden, entzieht sich derzeit aber dem finalen Urteil.
Bernhard Huber, Malterdinger Bienenberg, 2019. Zitrusfrisch, kreidig, mit verhaltenem Schmelz, auf der leisen Seite, mit sehr viel Zug durch die knackige Säure. Hat nicht die Komplexität der besten Jahre, aber Potential ist reichlich vorhanden. Sehr gekonnt.
Dr. Heger, Ihringer Winklerberg Hinter Winklen „Gras im Ofen“, 2019. Auf der üppigen, wärmeren Seite ist das ein gut proportionierter, sehr druckvoller Chardonnay mit schönem Schmelz und feinem Holz, der von ordentlicher Säure getragen wird. Aller Ehren wert.
Schwer zu greifen:
Heitlinger, Tiefenbacher Heinberg, 2019. Safran, Muskatnuss und Pfeffer im Chardonnay? Schöne Struktur, vor allem so eine Gebirgsbachklarheit statt Butter. Das fasziniert und ich würd’s gern mal über zwei oder drei Tage beobachten.
Grauburgunder
Es gibt nach wie vor keine einheitliche Idee im VDP, wie ein Grauburgunder-GG idealerweise aussehen sollte. Entsprechend divers war das Probenfeld, auch was Jahrgänge anging.
Vorgestellte Weine: 9; Weltklasse: 0; Hervorragend: 3
Hervorragend:
Rainer Schnaitmann, Fellbacher Lämmler, 2019. Habe ich zwei Mal probiert. Zunächst erschien er mir breit und lätschert, nach 280 Rieslingen wirkte er dann erheblich strukturierter. Die würzige Tiefe mit so wenig Sorten-Speck ist wirklich sehr gut. Dazu ist er leicht mostig/dirty/natural – das gefällt den einschlägig begeisterten Kollegen und sorgte für ein kleines Instagram-Feuerwerk.
Bercher, Burkheimer Feuerberg Haslen, 2020. Kräftiger Grauburgunder, der die Schwächen der Sorte umschifft und die Stärken spielt: fokussiert, schöne Säure, straff, sehr sehr würzig, üppige Frucht, üppiger Wein. Trotzdem Trinkfluss!
Salwey, Oberrotweiler Henkenberg, 2018. Sehr harmonisch auf der üppigen Seite, gut eingebundene, treibende Säure, leicht buttrig, viel Mandarine und Exotik, schöne Würze, kräftiger Nachhall.
Weißburgunder
Lange nicht so ein starkes Weißburgunder-Feld probiert. Angeführt von einem wirklichen Ausnahmewein, wie wir ihn auch im Weißburgunderland Deutschland nicht jedes Jahr finden.
Vorgestellte Weine: 25; Weltklasse: 2; Hervorragend: 13
Weltklasse:
Dr. Heger, Ihringer Winklerberg Hinter Winklen ‚Gras im Ofen’, 2019 (Baden). Das hat zwar ein bisschen Frucht, sogar ein paar exotische Aromen (Ananas) aber die spielen die zweite Geige, denn eigentlich ist das ein Strukturwein: kommt vollständig über Säure, Phenolik, Mineralik und Textur. Der kneift einen fast in die Zunge, ist noch minimal adstringierend, kreidig und dann kommt am Schluss wieder etwas süße Frucht und schließt den Kreis. Monumental; besser geht Weißburgunder aus dem Kaiserstuhl nicht!
Bernhart, Schweigener Sonnenberg RG, 2020 (Pfalz). Intensive Frucht von seltener Tiefe, Mandarine und weitere exotische Aromen, schöner Zug und zum Abgang feinste Phenolik. Das ist Weißburgunder at it’s best, weil sortentypisch und ohne jedes Schielen in Richtung Chardonnay ausgebaut.
Hervorragend:
Pfalz
Knipser, Laumersheimer Kirschgarten, 2019. Dicht und charmant mit cremiger Frucht und verspielter Säure, doch dann meldet sich der Anspruch in Form eines festen, verschlossenen Kerns, der nach Flaschenreife ruft. Großartig
Theo Minges, Böchinger Rosenkranz ‚Im untern Kreuz‘, 2020. Zunächst eine klassische Frucht-Säure Kombi mit feiner Phenolik, die dann aber so aufdreht, dass es fast salzig wird, und dann mit reichlich Pfeffer im Abgang. Extrem spannender Wein
Ökonomierat Rebholz, Siebeldinger Im Sonnenschein, 2020. Leicht schweißige Nase, auch am Gaumen etwas vegetabil, dann sehr feine Mineralik und ganz dezente Exotik mit etwas Mandarine. Enorm leise und erst beim zweiten Probedurchgang wirklich gut. Ein Kleinod, das ich beinahe übersehen hätte.
Dr. Wehrheim, Birkweiler Mandelberg, 2020. Wahnsinnig üppige Frucht, aber danach beißen Mineralik und Säure kräftig zu, weswegen der Wein zum Abgang immer feiner wird.
Kranz, Ilbesheimer Kalmit, 2020. Das schwingt würzig kalkig nach, dass es eine Freude ist, um das Pferd mal von hinten aufzuzäumen. Saftig Fruchtiger Antrunk, würziger Mittelbau, dezent malzig und dann wird es wieder hell und glockenklar. Cooler Trip!
Pfeffingen, Ungsteiner Herrenberg, 2020. Ziemlich klassisch: Kernobst, Schmelz, feine Phenolik, leicht kalkig, fast salzig, gute Balance, Potential.
Bergdolt – Klostergut St. Lamprecht, Kirrweiler Mandelberg, 2020. Beide Weine (2019 kommt als nächstes) ein Stil, angenehm trocken, deutlicher, aber nicht zu deutlicher Würzton vom Hefelager (+Holz?), sehr gute Balance und kein übertriebener Druck oder Pomp.
Bergdolt – Klostergut St. Lamprecht, Kirrweiler Mandelberg, 2019. Der 19er deutlich im Vorteil, weil er mehr Zug hat und der geringe Reifevorsprung (schmekt aber nach weniger als einem ganzen Jahr) andeutet: das hat richtig Potential.
Ökonomierat Rebholz, Birkweiler Mandelberg, 2020. Viel Druck, schiebt nach vorne, nicht breit oder schwer, deutlichere Exotik, feinste Phenolik, sehr verschlossen. Zurücklegen für den Silvesterkarpfen 2025.
Franken
Juliusspital Würzburg, Volkacher Karthäuser, 2019. Die (Holz-)Würze passt sehr gut zum enormen Säurezug, wenn man die Kombination mag. Muss man vermutlich mal in gereift getrunken haben, um zu wissen, zu wie viel Finesse diese jung sehr brachial wirkenden JuSpi-Karthäuser reifen. (vorletztes Jahräsentierte das Weingut in Wiesbaden ein zehn Jahre altes Exemplar). Sehr gut
Baden
Burg Ravensburg, Sulzfelder Löchle, 2019. In der Viel-Holz-Fraktion einer der Guten, weil darunter cremig, statt Limo, zum Abgang auch etwas phenolisch. Wenn der Weißburgunder in Richtung Chardonnay schielt, dann am besten so.
Bercher, Burkheimer Feuerberg Haslen, 2020. Intensiv und kräftig, würzig, reife Frucht. Muss ja nicht immer schlank sein. Süßholz und reife Birne, etwas Exotik, ganz viel zu schmecken. Interessante Alternative im Probenfeld.
Franz Keller, Oberbergener Bassgeige Leh, 2019. Aufregende Schießpulvernase, sehr viel Schmelz am Gaumen, noch sehr verhalten in der Aromatik und minimal laktisch. Ich glaube an eine gute Zukunft, wegen des festen Kerns.
Spätburgunder
93 Spät- und 3 Frühburgunder hatte ich im Glas und die Jahrgänge waren bunt gemischt von 2016 bis 2019. Bei 2019 hatten auffallend viele Weine eine leicht belegte Frucht. Wenn aber bei so vielen Weinen der gleiche Eindruck entsteht, kann es außer am Jahrgang auch noch an der Tagesform des Verkosters liegen. Also probierte ich Montag noch einmal einige Exemplare nach und hielt Kriegsrat mit Kollegen. Am Ende kam ich zu der Überzeugung, es ist wohl wirklich der Jahrgang, der in der Breite nicht das letzte Strahlen in die Weine bringen konnte.
Wer hier neu ist: ich mag Deutschen Spätburgunder auch dann sehr gern, wenn er nicht dem Burgund hinterherläuft und ich glaube, dass die Deutschen Spätburgunder auch auf eine eigenständige Art weltklasse sein können, selbst wenn deren Erzeuger das selber gar nicht so sehen, weil sie persönlich dem Burgund verfallen sind (habe ich schon mehrfach erlebt).
Vorgestellte Weine: 96; Weltklasse: 11; Hervorragend: 33; Schwer zu greifen: 9
Weltklasse:
Baden
(diese beiden waren auch meine Lieblinge im Gesamtfeld)
Bernhard Huber, Malterdinger Bienenberg ‚Wildenstein‘, 2019. Kräutrig, Kirsche und Orange, enormer Zug durch die Säure, ganz feines Tannin, noch ein bisschen vanillig-plüschig, aber das ist so dezent, dass klar ist: das hat sich lange vor der optimalen Trinkreife erledigt. Razor-Sharp and Laser focused – sobald sich das jugendliche aromatische Flatterband integriert, wird dieser Wein den einen oder anderen Ohnmachtsanfall auslösen. Endstufe.
Dr. Heger, Ihringer Winklerberg ‚Wanne‘, 2019. Pendelt zwischen der tiefen Phenolik des Vorderen Winklerbergs und dem Säurezug der Winklen und zeigt einfach das beste aller Welten. Diese Kühle, dieser schlanke Zug aus der heißesten Ecke und die Präzision in der Frucht in einem Jahrgang wo nach meinem Gefühl alle Probleme mit der Präzision in der Frucht haben – da hat doch einer seine Seele verkauft.
Ahr
Meyer-Näkel, Dernauer Pfarrwingert, 2019. Angenehm weich und cremig, aromatisch dunkelwürzig, insgesamt sehr düster, aber mit toller Spannung dank rescher Säure und feiner Phenolik sowie feinkörnigem Tannin. Auf der Weltklasse-Seite von ‚kann vor Kraft kaum laufen‘.
Meyer-Näkel, Ahrweiler Silberberg, 2019. Jugendliche Opulenz, zum Abgang aber sehr straff mit strammem Tannin, das nicht austrocknet und Säure, die bis zum Schluss trägt. Fantastische Struktur, gute Tiefe und viel Potential
Baden
Bernhard Huber, Hecklinger Schlossberg, 2019. Da kommt eine Menge rohes Fleisch ins Spiel, zusammen mit der kräftigen Frucht ist das eine Macht, die von Säure und Tannin im Moment nicht ganz gebändigt wird: Aroma-Overkill. Aber das wird sich ziemlich sicher finden und dann gibt es ganz großes Pinot-Kino. Wenn nicht, immer noch einen satten, fleischigen Rotwein.
Dr. Heger, Ihringer Vorderer Winklerberg, 2019. Schaut da Kreide unter Tannin und Holz hervor? Es wirkt so. Der Wein ist auf faszinierende Weise staubig, obwohl Frucht und Säure ein Wörtchen mitreden. Ich glaube an eine ganz spannende Entwicklung.
Dr. Heger, Ihringer Winklerberg Winklen, 2019. Da spielt die Säure die Hauptrolle und sorgt nicht nur für Frische; die ganze Struktur hängt an dieser wahnsinnig tollen Säure, und dann kommt Bleistift und Präzise Frucht. Ich liebe Rotweine mit der Struktur großer Weißweine. Wahnsinnswein!
Franken
Rudolf Fürst, Bürgstadter Hundsrück, 2019. Hier spielt die Frucht die dritte Geige hinter vielen blumigen und kräutrigen Noten und nach rohem Fleisch und Unterholz. Schöne Säure, tolles Holz, großer Wein.
Pfalz
Knipser, Großkarlbacher Im Grossen Garten, 2017. Für 2017 enorm frisch, dazu kirschig, mit viel Zug, etwas Teer, feine Säure, Orangenschale, Kräuter, komplex, lang, tolles Tannin, noch etwas verschlossen und mit weiterem Potential. Ganz wunderbar.
Rheinhessen
Wagner-Stempel, Siefersheimer Heerkretz, 2019. Daniel Wagner debütiert auf der Pinot-GG-Bühne und das Publikum jubelt frenetisch (mich eingeschlossen): Interessante Nase mit leichtem Stinker und Veilchen, am Gaumen viel Holz, adstringierend aber auch mit viel Substanz. Wirkt wie ein Wein, der einiges an Zeit benötigen, dann aber strahlen wird, denn diese reduktive Art bewahrt erfahrungsgemäß die Frucht sehr gut. Ein schlafender Drache.
Keller, Nieder-Flörsheimer Frauenberg, 2019. Das ist schon eine Präzision in der Frucht, die nicht viele 19er zeigen! Bleistift und Kirsche, etwas erdig, feines Tannin und feine Phenolik, guter Zug. Schlank. Deutsch. Sehr gelungen.
Hervorragend
Ahr
Deutzerhof, Neuenahrer Kirchtürmchen, 2019. Viel Tannin, ordentlich Holz und alle Anlagen für ein langes Leben: Laserfrucht, etwas rohes Fleisch, viel Graphit, im Alkohol unauffällig. Das ist schon wirklich toll.
Burggarten, Heimersheimer Burggarten, 2019. Wenn da nicht ein minimales Jogurt-Tönchen erschiene, wär’s perfekt, aber ich glaube, das wächst raus, so klein ist es. Frische Frucht, resche Säure, feines Holz – tip top!
Deutzerhof, Mayschosser Mönchberg, 2019. Dunkelwürzig mit feinem Holz und schöner Säure, strahlende Schwarzkirsche, ordentliche Länge, viel Potential.
Deutzerhof, Heimersheimer Landskrone, 2019. Zeigt tolle Anlagen mit der leicht grünen Note bei reifer Frucht und schöner Säure. Schmeckt, als wären die Trauben auf den Punkt gelesen. Braucht Zeit.
Meyer-Näkel, Neuenahrer Sonnenberg, 2019. Aromatisch verhalten, Eher körperreich und voll, aber nicht breit mit tollem Holz und leicht fleischiger Note. Das geht bei Meyer-Näkel in der Reife eigentlich nie schief…
Baden
Bernhard Huber, Malterdinger Bienenberg, 2019. Frisch, klar, präzise, straight, das ist so einfach, weil jung, aber der feste Kern verrät, dass es nicht einfach bleiben wird. Toll.
Burg Ravensburg, Sulzfelder Löchle, 2018. Herausragende Frische, leichte Orangenschale plus sehr viel helles, feines Tannin bei mittlerer Säure. Keine ganz klassische Anmutung und das macht mich sehr neugierig. Ich glaube, das hat ganz viel Potential.
Bernhard Huber, Bombacher Sommerhalde, 2019. Bienenberg XL: etwas kräftiger, die Frucht deutlich süßer, von allem anderen auch ein bisschen mehr (außer Präzision). Prima, aber da ist mir der Bienenberg lieber.
Dr. Heger, Achkarrer Schlossberg, 2019. Das hat ganz schön viel Bumms, auch reichlich Tannin und Holz oben drauf. Wenn man die deutsche Perspektive einnimmt, wird das aber zu einem wunderbar vollmundig-fruchtigem Spätburgunder GG aus dem oberen Regal reifen.
Franken
Rudolf Fürst, Klingenberger Schlossberg, 2019. Die Frucht ist zwar nicht 100 Prozent klar, aber die Würze, die Säure, das Tannin, die weiteren, dezent animalischen Aromen – das ist alles so atemberaubend, dass man gerne über die minimal belegte Frucht hinwegsehen will. Als Verkoster sollte man das aber nicht, deswegen nur bei den Hervorragenden einsortiert.
Rudolf Fürst, Bürgstadter Centgrafenberg, 2019. Etwas schlanker, leichter und vibrierender, klarer, tänzelnder als der Schlossberg, was ihn jetzt wahnsinnig charmant macht. Kann man jetzt trinken, möchte man jetzt trinken und man vergibt sich vielleicht gar nicht so viel. Die letzte Präzision in der Frucht fehlt auch hier, sonst wär’s zum Niederknien.
Schmitt’s Kinder, Randersacker Hohenroth, 2019. Ist auch weniger Präzise als etliche Vorgängerjahre und wieder ist es die Frucht. Jammern auf sehr hohem Niveau: Tolle Säure, schönes Holz, super Wein, derzeit etwas bubblegummig, also direkt in den Keller damit, Naschen verboten.
Pfalz
Friedrich Becker, Schweigener Heydenreich, 2018. Kuhstall! Viel Würze, Waldboden, dunkel, animalisch, jetzt auch sehr adstringierend und abweisend, aber sehr verlockend: Komm auf die dunkle Seite der Macht, wir haben Kekse! Braucht mindestens fünf Jahre.
Friedrich Becker, Schweigener ‚KB‘, 2018. Die zugänglichere Ausgabe mit mehr Frucht, aber auch noch einer Portion verruchtem Charme und ‚dreckigen‘ Noten. Kann auch ganz schön groß werden.
Friedrich Becker, Schweigener Sankt Paul, 2018. Blauhelmwein, das ist die Friedenstruppe in der Becker-Kollektion. Allenfalls unter zwei Schichten Frucht, Leder und Holz lugt noch ein Rest von Stall hervor, das Tannin ist zurückhaltender, aber auch noch nicht vollständig integriert. Wird zwei Jahre früher zugänglich und fängt auch Pietistenseelen.
Knipser, Dirmsteiner Mandelpfad, 2017. Ein typischer Knipser-SB: versteckt seine Kraft sehr gut und weckt die niederen Instinkte, wird aber ewig halten, komplexer werden und seinen Reiz behalten: Leder, Kirsche und tolle Säure.
Rings, Kallstadter Saumagen, 2019. Leicht grüne Note, hart am Reifezeitpunkt geschraubt, aber die kühle Frucht ist toll. Feines Holz, guter Zug, ganz schlank. Hat eine große Zukunft vor sich und schielt kräftig ins Burgund.
A. Christmann, Königsbacher Idig, 2019. Ziemlich deutsch mit kräftiger Kirsche, aber auf der deutlich blutigen Seite. Feines Holz. Ist kein Hungerhaken, aber auch nicht moppelig, sondern sehr balanciert.
Rings, Leistadter Felsenberg, 2019. Seriöse Rotweinnase, am Gaumen dann sehr fruchtig, aber kaum rotfruchtig, eher eine Mischung aus Beeren und Aprikose. Kommt sehr über das Frucht-Säure-Spiel und weniger über Holz oder Tannin. Hat phenolischen Grip wie ein Weißwein. Das ist unglaublich spannend und wird sicher anders reifen, als man das von vielen Deutschen Spätburgundern kennt.
Ökonomierat Rebholz, Siebeldinger Im Sonnenschein, 2016. Im fünften Jahr nach der Ernte auf den Markt gebracht und Du weißt nach einem Schluck warum: wäre vor drei Jahren kaum zu verkosten gewesen, immer noch einiges an Tannin, auch noch Kokos (ungewöhnlich für Rebholz) – trinken frühestens nach weiteren fünf Jahren. Verfügt über gute Substanz, aber nicht das ganz große Besteck. Zarte, präzise Frucht, eher wenig Biss aus Blut/Fleisch/Eisen, stattdessen Charme. Auch gut.
Rheinhessen
Keller, Westhofener Morstein, 2019. Leichter Stinker, deutlich adstringierend und trotzdem zeigt er Charme, Eine ganze Schicht Gewürze liegt über einem Waldfruchtmix, die Säure ist pikant und das klingt nicht nur nach Burgund, das ordnet sich da auch aromatisch ein. So Deutsch der Frauenberg, so Burgundisch der Morstein. Finde ich sehr gut.
Gutzler, Westhofener Morstein, 2018. Schöne klare Frucht, sehr viel Holz und Tannin, ordentliche Struktur. Schwer zu beurteilen, ob die Frucht noch da ist, wenn die Machart verdaut ist, aber wenn ja, dann wird’s großartig.
Kühling-Gillot, Oppenheimer Kreuz, 2019. Kräftig, fruchtig, mit ordentlicher Säure und nicht zu viel Holz, strukturell eher üppig. Der wird nie ganz schlank werden, aber mindestens sehr gut.
Württemberg
Aldinger, Fellbacher Lämmler, 2019. Viel Frucht und deutliche Pikanz, wirkt sehr komplex – die tolle Säure hat eine große Bühne. Das schürt Hoffnung, dass sich noch mehr draus entwickeln wird.
Jürgen Ellwanger, Hebsacker Linnenbrunnen, 2018. Erstaunlich kühle Anmutung für 2018, viel Bleistift (Späne und Mine), sehr klare Kirschfrucht. Setzt ganz klassisch auf deutsche Tugenden und kann bei mir damit punkten. Das wird richtig gut!
Aldinger, Untertürkheimer Gips Marienglas®, 2019. Wilde Nase, erstaunlich schlanker Wein, guter Zug, feine Anlagen. dezentes Holz.
Karl Haidle, Schnaiter Burghalde, 2019. Seltener Fall von sehr präziser Frucht, gepaart mit schöner Säure und Cool-climate-Anmutung. Das Holz ist genau recht und die Startbahn für eine tolle Entwicklung freigegeben.
Graf Neipperg, Neipperger Schlossberg, 2019. Kühl-elegante Frucht, nervige Säure, minimal belegt, guter Spannungsboden, dezentes Holz, feines Tannin, ordentliche Tiefe. Tolle Anlagen.
Heid, Fellbacher Lämmler, 2019. Echt jetzt? Süße Frucht? Das traut sich kaum noch jemand. Ist aber nicht nur deshalb charmant, sondern auch, weil die deutliche Phenolik ganz ohne Bittertöne auskommt und der Zug stimmt. Ein bisschen Charme hat noch nie geschadet.
Rainer Schnaitmann, Fellbacher Lämmler, 2019. Das ist eng verwoben: Frucht, Tannin und Säure sehr gut integriert, alles aber auch sehr kräftig. Braucht einige Zeit, marschiert aber jetzt schon im Gleichschritt und das stimmt sehr optimistisch.
Beurer, Stettener Mönchberg ‚Öde Halde‘, 2018. Prinz Charming aus 2018. Ach ist das schön, darf ich davon ein Glas trinken? Anspruch ist aber auch jede Menge da.
Rheingau
Diefenhardt, Martinsthaler Schlenzenberg, 2019. Typisch deutsche Spätburgundernase, am Gaumen viel Zug, sehr feine Tannine, klare, leicht süße Frucht, etwas Rauch und rohes Fleisch. Es fehlt der letzte Biss und die letzte Präzision für das ganz große Kino, aber das ist aller Ehren wert.
Hessische Staatsweingüter Kloster Eberbach, Aßmannshäuser Höllenberg, 2018. Aus diesem heißen Jahr so viel Frische und kühle Eleganz zu holen ist eine Kunst, aber natürlich geht das Jahr nicht spurlos am Wein vorbei. Klare Frucht, gute Säure, mittlerer Körper, ausgewogene Struktur, einiges an Potential.
Schwer zu greifen
Franz Keller, Oberrotweiler Eichberg, 2019 (Baden). Das startet bockstark und fällt nach hinten auseinander, auch durch einen kleinen Bittertouch und sehr austrocknendes Tannin, aber ich gehe davon aus, dass sich das integriert. Der frisch-saftige Start mit dieser tollen Frucht ist irre verheißungsvoll. Ein Risiko, dass man eingehen sollte.
Dr. Wehrheim, Birkweiler, Kastanienbusch ‚Köppel‘, 2018(Pfalz). Tolle Phenol-/Tannin-Struktur, darunter eher zart in der Frucht. Gute Säure. Kann ganz groß werden, kann aber auch noch ruppig sein, wenn die Frucht die Grätsche macht. Schwer einzuschätzen.
Künstler, Aßmannshäuser Höllenberg, 2018 (Rheingau). Röstig, schokoladig, sehr rustikal, aber in der Vergangenheit reifte Künstlers Aßmansshäuser meist zu einer schöner Eleganz, die hier gerade fehlt.
Lemberger
Da muss schon ziemlich viel schief gehen, damit man unter den Württemberger Lembergern nicht ein par Weine zum verlieben findet. Auch dieses Jahr stimmt die Performance.
Vorgestellte Weine: 10; Weltklasse: 1; Hervorragend: 6; Schwer zu greifen: 1
Weltklasse
Karl Haidle, Stettener Berge, 2019. Viel Frucht, viel Druck. Startet mit leichter Garrigue-Anmutung in der Nase und endet mit einer frischen Zitrusnote am Gaumen zum Finish hin, dazwischen das klassische Lemberger-Thema von roten Früchten und Würze bei großer Klarheit im Ausdruck. Meine Herren ist das gut!
Hervorragend
Rainer Schnaitmann, Fellbacher Lämmler, 2019. Das ist extrem gekonnt. Reifezeitpunkt perfekt erwischt: Tolle Frische, satte Frucht, schmirgelnde Phenolik, schönes Tannin. Noch etwas verschlossen, aber das wird mal richtig gut.
Jürgen Ellwanger, Hebsacker Berg, 2019. Geschmeidig, weil das Tannin so fein ist. Und weil reichlich davon vorhanden ist und Substanz auch noch jede Menge, hat das ganze eine güldene Zukunft vor sich. Die feine, leise Frucht ist ein ganz bisschen belegt. Dafür gibt’s Abzüge in der B-Note. Die tolle Zigarrenkiste (inkl. Tabak) verdient dafür ein paar Bonuspunkte.
Graf Neipperg, Schwaigerner Ruthe, 2019. Fruchtige Nase, auch am Gaumen eine sehr klare Frucht, die nicht zu druckvoll gerät oder breit/überreif wirkt, dazu Bleistiftspäne, feine Säure, unauffälliger Alkohol, schönes Tannin, viel Potential. Angenehm leise.
Graf Neipperg, Neipperger Schlossberg, 2019. Druckvollere, ebenfalls sehr präzise Frucht, Sauerkirsche, das Holz und Tannin ist im Moment deutlich dominanter. Auch hier zeigt sich vor allem Potential. Wird mal lauter. Ob auch besser, ist nicht garantiert, ich glaube aber schon, weil wir immer noch auf der eleganten Seite unterwegs sind.
Beurer, Stettener Mönchberg ‚Schalksberg‘, 2018. Funky Nase: leichter Stall und viel Frucht. Auch am Gaumen satte Frucht, die nichts Überreifes hat, tolle Säure, wohldosiertes Tannin, gute Struktur. Das macht jetzt schon Spaß, weckt aber nicht den Eindruck sein Pulver zu früh zu verschießen.
Karl Haidle, Stettener Gehrnhalde, 2019. Bisschen Lavendel, viel Biss, zarte Frucht, beschwingte Säure und mittleres Tannin. Fehlt nur noch ein bisschen Zeit und dann wird das toll. Einfach zu verstehen, aber nicht einfach.
Hier zu Teil 2: Riesling aus Rheinhessen, Franken, Baden und von der Mosel
Hier geht es zu Teil 3: Riesling aus den anderen Gebieten
Hallo lieber Felix, nun ist schon etwas Zeit vergangen seit dieser Eintrag eingestellt wurde…mich treibt aber doch eine Frage um. Die generelle Bewertung des Jahrgangs 2019 im Bereich deutscher Spätburgunder. Der gute Sam Hofschuster hat ihn in einem Beitrag im Magazin als einen der über drüber Jahrgänge beschrieben. Diese Euphorie scheint der Jahrgang bei dir noch nicht ausgelöst zu haben. Da ich immer schauen muss wo das Geld gut angelegt ist, bin ich immer auf der Suche nach etwas „günstigeren“ Weinen (alte Reben Huber, Schweigen Becker so die Richtung) aber dann aus starken Jahren wie 15 und 13. Würdest du den 19er Jahrgang als einen starken oder eher mittelmäßigen Jahrgang ansehen? Und gibt es hier etwa einen neuen Bodmann/Hofschuster Graben? 😉 Beste Grüße und weiter so!
Lieber Philipp, ich habe seit letztem Jahr keine 19er mehr probiert. Werde jetzt in Wiesbaden sicher wieder einiges ins Glas kriegen und dann mehr wissen. Sam hat ja mittlerweile alles im Glas gehabt, was an später veröffentlichten Weinen erst noch gezeigt wird. Insofern bin ich sehr gespannt.
Endlich! Auf Deinen Artikel, hab ich schon sehr gespannt gewartet. 10 aus 420 ist klar 10 zu viel aber dennoch keine schlechte Bilanz, immerhin nur 2,4% Ausfall. Dennoch stellt sich die Frage warum? Also warum bringt man den Wein trotzdem auf dem Markt? Der Imageschaden ist doch viel größer als einfach ein Jahrgang selbstbewusst auszusetzen und den Wein in die Ortsweine zu degradieren oder oder oder. Wer entscheidet das am Ende? Der gierige Manager oder widerwillige evtl. blauäugige Winzer?
Das Silvaner GG ein glatter Erfolg! Und WB steht auch stark dar. Verrückt, dass dieser in anderen Ländern keinen hohen Stellenwert hat.
Klasse finde ich auch, dass die Hälfte aller Spätburgunder hervorragend oder besser sind.
Was mich bezüglich des deutschen Spätburgunders interessiert:
Du sprichst ja davon, dass deutscher SB seinen eigenen Stil entwickelt. Wie würdest du den definieren und wie unterscheidet er sich vom Burgundischen Pinot Noir?
Trotz Burgundischen Vorbildes scheinen ja viele dem eigen gesetzten Maßstab nicht gerecht zu werden. Woher kommt das deiner Meinung nach?
Hallo Sascha, man sollte nicht zu streng sein: wenn ich Kokoskringel schreibe, gibt es ganz viele Konsumenten, die gerade finden, dass ein GG auch mächtig Holz zeigen darf. Viele GGs haben ja eine ganz kleine Zielgruppe: die Stammkunden des Gutes, oder hast Du schon mal ein GG von Michel, Georg Sieben Erben oder Fitz Ritter gekauft, oder auch nur im Handel gesehen? (Um Missverständnisse zu vermeiden: keiner von denen war der Kokoskringel).
Warum schmeckt Pinot aus Deutschland anders als aus dem Burgund? Andere Böden, anderes Klima, anderer Witterungsverlauf, andere Klone (letzteres ist aber auch viel Märchenstunde). Ich denke bei Deutschen Spätburgundern eher an Kirsche bis hin zu gekochter Erdbeere (die zum Glück immer seltener) aber auch an einen Ton, den irgendjemand mal als Ziegelstein beschrieben hat, was ich irgendwie passend fand. Dazu Eisen/Blut/Rohes Fleisch. Letzteres gehört auch ins Burgund. Bei der Frucht begegnen mir im Burgund aber öfter Waldbeeren, dunklen Beeren, dazu Unterholz, erdige Noten etc. Freie Assoziation: Burgund ist dunkler, Deutschland ist heller und fröhlicher – und deswegen ja auch international auf dem Vormarsch. Wenn das Posing wegfällt, weil blind verkostet wird, dann mögen viele Leute es halt doch gern etwas charmant 😉
Danke für die ausführliche Antwort.
Die Kokosnuss, wenn’s passt, stört mich ab und zu nicht, nur ob das dann den Charakter einer Großen Lage widerspiegelt? Vielleicht in 10+ Jahren wenn das viele Holz sich gefunden und gesetzt hat.
Die Assoziation mit dunkel und hell ist ne sehr gute Verbildlichung. Ich wundere mich nur dass viele dahinter her eifern obwohl es aufgrund des Terroirs technisch nicht möglich ist und dann enttäuscht sind. Aber vielleicht sind die Weine aber auch genau deswegen so gut, da man versucht burgundisch zu sein. Nur das Ergebnis ist halt ein anderes (als vom Winzer erstrebten).